Wie fair und nachhaltig ist das Fairphone 2 wirklich? Eine Studie fand jetzt heraus: Das Smartphone setzt neue Maßstäbe hinsichtlich Rohstoffverwendung, Recycling und sozialer Verantwortung.
Mit dem Fairphone kam 2013 ein Smartphone auf den Markt, das ebenso gewöhnlich wie einzigartig war: Gewöhnlich, weil es eben auf den ersten Blick ein typisches Smartphone zu sein schien; einzigartig, weil es nicht schneller, besser, funktionsreicher sein sollte – sondern erstmals soziale Werte und Nachhaltigkeit bei der Handyproduktion verbessern wollte.
Über das seit Ende 2015 verfügbare Fairphone 2 haben wir bereits ausführlich berichtet: Fairphone 2 im Test, Wo kaufen?, Tipps & Tricks. Eine Frage, die dabei schwer zu beantworten war: Wie nachhaltig ist das Fairphone denn nun wirklich?
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) und das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) veröffentlichten im Auftrag der Telekom Deutschland jetzt gemeinsam eine Studie zur Nachhaltigkeit des neuen Fairphone 2 (PDF).
Expertenbefragung: Wie nachhaltig ist das Fairphone 2?
48 Experten von Umweltschutz- und Verbraucherverbänden, wissenschaftlichen Instituten, Universitäten, kirchlichen Institutionen und Gewerkschaften wurden für die Studie befragt, darunter BUND, Gemanwatch, BMUB, UBA, Wuppertal Institut.
Fairphone-Nachhaltigkeit im Vergleich
Die Teilnehmer der Studie schätzen die Nachhaltigkeit des Fairphone 2 im Vergleich zu anderen Mobiltelefonen als überlegen ein. Positiv für die Langlebigkeit werden die Modularität, die sich daraus ergebende Reparierbarkeit, die stoßfeste Hülle und das kratzfeste Display gewertet. Wie sich das real auf die Lebensdauer auswirkt, müsse noch abgewartet werden. Es gibt aber Studien, die nahelegen, dass schon allein die Annahme der Nutzer, ein Gerät wie das Fairphone 2 würde länger haltbar sein, zu einer real längeren Nutzungsdauer führt.
Modularer Aufbau des Fairphone 2
Der modulare Aufbau wurde als bahnbrechend beurteilt und gilt als herausragende Eigenschaft des Smartphones. „Eine solche Bauweise vermeidet Elektroschrott, entlastet den Geldbeutel und sollte zukünftig von allen IT-Herstellern umgesetzt werden“, so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch. Die Befragten der Studie raten an, auch Prozessor, Arbeitsspeicher, Kamera modular zu gestalten und über eine Zusammenarbeit mit anderen Hersteller eine Standardisierung der einzelnen Module zu erreichen.
Schadstoffe und Rohstoffe des Fairphone 2
Schadstoffgehalt und Upgrade-Fähigkeit werden auch beim Fairphone 2 noch kritisch gesehen. „Die schlechteste Bewertung erhielt der Aspekt Schadstoffe, wobei vor allem mangelnde Informationen als Begründung angeführt wurden. Aber auch die Möglichkeit der Durchführung von Upgrades und einer technischen Aufrüstung des Geräts könnte viel stärker als bisher Berücksichtigung finden“, erklärt der Gruppenleiter am Fraunhofer IZM Karsten Schischke. „Auch wurde von den befragten Experten der Wunsch geäußert, weitere fair abgebaute Rohstoffe über Gold, Tantal, Wolfram und Zinn hinaus zu verwenden.“
Sind die Arbeitsbedingungen ethischer?
Bei den Arbeitsbedingungen gäbe es noch Verbesserungspotenzial. „Die Fairphone-Initiative hat in diesen Bereichen neue Maßstäbe gesetzt und die ethisch vertretbare Produktion von IT-Geräten zum Thema gemacht. Auch wenn noch nicht alle Arbeitsschutzkriterien in der Produktion eingehalten werden, hat das Projekt eine Signalwirkung für die gesamte Elektronikbranche“, so der DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft Thomas Fischer. Spannend ist aber auch diese Erkenntnis der Studie im Bereich Arbeitsbedingungen:
Allerdings haben andere große Hersteller aufgrund ihrer Marktmacht in ähnlichen Aspekten bereits mehr erreichen können. Es sollten Kooperationen mit anderen Smartphoneherstellern angestrebt werden, da bezweifelt wird, dass der Produktionsumfang vom Fairphone ausreicht, um entsprechenden Druck auf Rohstofflieferanten und Zulieferbetriebe auszuüben.“
Solange das Fairphone 2 also nicht die Verkaufszahl von einer Million knackt, solange bringt all das noch zu wenig. Dennoch wollen die DUH und das IZM die Entwicklung des Fairphone nach eigenem Bekunden weiter im Blick behalten (wie übrigens auch wir auf Utopia unter dem Schlagwort Fairphone) und sich dafür einsetzen, dass auch andere Hersteller und Anbieter von Mobilfunkgeräten nachhaltiger werden.
Weitere wünschenswerte Schritte sind nach Expertenbefragung:
- Upgrades und Individualisierungen sollten möglich sein.
- Es sollte noch mehr Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette geben, um den Druck auf andere Erzeuger erhöhen zu können.
- Materialien und Arbeitsbedingungen müssen weiter verbessert werden.
- Ein ästhetischeres Design des Fairphone.
- Eine Erweiterung der Herstellergarantie auf 5 Jahre, um das Fairphone 2 auch für die öffentliche Beschaffung interessant zu machen.
- Eine solide Ökobilanzanalyse, um weitere Verbesserungsoptionen aufzuzeigen.
- Die Politik sollte die Ansätze und Errungenschaften von Fairphone unterstützen und sie als Blaupause nutzen, um ähnliches Verhalten von der gesamten Industrie zu fordern.
Die Ergebnisse der Studie werden am 7. September auf der Electronics Goes Green Konferenz in Berlin präsentiert. Die Studie kannst du hier downloaden:
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Fairphone 2 im Test
- Fairphone 2 – wo kaufen?
- Fairphone 2 mit Vertrag bei 1&1
- Fairphone 2: Tipps & Tricks
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