Vor Kurzem hat der Weltklimarat angeprangert, dass wir zu viel Fleisch essen. Passenderweise wurde in Deutschland gerade eine Fleischsteuer vorgeschlagen. Die Idee ist gut, scheitert aber an Feinheiten. Ein Kommentar.
Klar ist: Für Klima und Tiere wäre es am besten, wir würden grundsätzlich deutlich weniger Fleisch essen. Auch unsere Gesundheit kann von einer ausgewogenen pflanzenbasierten Ernährung profitieren. Beides lässt sich belegen, ist aber politisch, gesellschaftlich und vor allem persönlich gar nicht so einfach umzusetzen.
Wer noch Fleisch essen will, soll das auch tun, bewusst und in Maßen. Wichtig ist allerdings, dass wir vor allem Fleisch kaufen, das zwei Bedingungen erfüllt: Es sollte zum einen mit so wenig Tierqual wie möglich, zum anderen so klimafreundlich wie möglich erzeugt worden sein.
Eine Steuer könnte helfen, besser einzukaufen
Dieses Fleisch gibt es im Prinzip schon: Biofleisch. Die Haltungsmethoden in der ökologischen Landwirtschaft sind deutlich besser für das Tierwohl; was die Klimabilanz betrifft, sind die Ergebnisse leider nicht ganz so eindeutig. Der BR kam beispielsweise zu dem Ergebnis, dass Biofleisch von Schweinen eine bessere Klimabilanz hat als konventionelles Schweinefleisch – bei Rindfleisch ist es allerdings andersherum. Die zugrundeliegenden Zahlen stammen allerdings schon aus dem Jahr 2008, neuere Zahlen gibt es dazu nicht.
Wer Fleisch essen will, sollte also (fürs Tierwohl) bio kaufen und (fürs Klima) eher Bio-Schwein und Bio-Geflügel als Bio-Rind. Rindfleisch zählt leider zu den klimaschädlichsten Lebensmitteln überhaupt. Das ist nicht leicht, denn Bio-Fleisch ist nicht überall zu haben und natürlich relativ teuer. Schöner wäre es, wir hätten als Fleischesser mehr finanzielle Anreize, die uns die Kaufentscheidung erleichtern. Eine Steuer könnte dabei helfen – aber nur, wenn sie richtig gemacht ist. Und nicht die falschen Produkte besteuert.
Fleischsteuer? Klingt erst mal gut!
Die aktuelle Forderung nach einer Fleischsteuer oder -abgabe stammt vom deutschen Tierschutzbund, der sogar eine Steuer auf alle tierischen Produkte – also auf Fleisch, Milch, Eier und Honig – verlangt. Nach Vorstellungen der Tierschützer sollte das zusätzliche Geld vor allem für bessere Haltebedingungen verwendet werden. In Schweden gibt es Pläne für eine entsprechende Sondersteuer schon länger.
Auch das Umweltbundesamt (UBA) fordert seit mindestens drei Jahren, dass auf tierische Produkte nicht mehr der ermäßigte, sondern der normale Mehrwertsteuersatz gelten soll. Sprich: 19 Prozent statt 7 Prozent. Für 500 Gramm Hackfleisch – die beim Discounter zurzeit ca. 3,75 Euro kosten – würde dann ein erhöhter Mehrwertsteuersatz von 42 Cent fällig. So könnten nach Schätzungen des Amtes, die allerdings auf zehn Jahre alten Zahlen basieren, über fünf Milliarden Euro im Jahr zusätzlich eingenommen werden.
Lies dazu auch: Tierqual für Fleisch und Milch: Was kann ich tun?
Höhere Mehrwertsteuer oder eine neue Abgabe?
Zwischen den Forderungen von Tierschutzbund und Umweltbundesamt gibt es allerdings einen wichtigen Unterschied: Die Einnahmen aus einer reinen Mehrwertsteuererhöhung, wie sie das Umweltbundesamt will, wären nicht an einen bestimmten Zweck gebunden. Anders sähe es bei einer ganz neuen Abgabe aus, deren Erlöse gezielt eingesetzt werden könnten, um das Tierwohl zu verbessern. Man müsste diese Abgabe allerdings rechtlich entsprechend gestalten.
Einige SPD- und Grünen-Politiker unterstützen die Idee einer höheren Mehrwertsteuer, auch die Union begrüßt die Idee grundsätzlich. Vertreter von Linken, FDP und AfD lehnen beide Varianten bislang ab.
Fleischsteuer – eine gute Idee mit Nachteilen
Doch die Ideen, die zurzeit im Raum stehen, haben leider auch Nachteile. Vor allem der Gedanke einer Mehrwertsteuererhöhung ist nicht durchdacht. Die Gründe:
1. Mehr Mehrwertsteuer erwischt nur die Hälfte. Denn: Etwa 50 Prozent des in Deutschland produzierten Fleisches wird exportiert und wäre von einer reinen Mehrwertsteuererhöhung nicht betroffen. Dafür sind weiterreichende Gesetzesänderungen notwendig.
2. Mehr Mehrwertsteuer kommt nicht unbedingt den Tieren zugute. Wie oben beschrieben, sind Mehrwertsteuereinnahmen nicht zweckgebunden. Es ist zwar anzunehmen, dass ein Preisanstieg zwar dazu führen würde, dass generell weniger Fleisch verkauft wird. Ohne ergänzende gesetzliche Maßnahmen dürfte sich aber in vielen Mastbetrieben und Schlachthöfen erst mal nichts ändern.
3. Mehr Mehrwertsteuer würde Biofleisch überproportional teurer machen. Die Preise für Fleisch aus nachhaltiger Landwirtschaft sind ohnehin schon höher als die für Massenfleisch aus dem Discounter. Eine Steuererhöhung träfe Bio-Produkte deshalb härter als Billigfleisch, das nur wenige Cent teurer würde. Das käme einer Bestrafung von ökologischen Betrieben gleich, die sich bislang – im Rahmen ihrer Möglichkeiten – bereits um eine bessere Tierhaltung bemühen.
4. Eine Fleischsteuer, egal auf welchem Weg, ist sozial ungerecht. Jede Steuererhöhung auf Konsumgüter trifft Menschen mit niedrigeren Einkommen stärker als andere. Fleischkonsum ist zwar umweltschädlich und moralisch umstritten, sollte aber keine Frage des Einkommens werden.
Vorschlag: Mehr Bio-Förderung statt halber Steuerlösungen
Wie wir gesehen haben, kommt eine reine Mehrwertsteuererhöhung also nicht infrage, wenn es den Tieren bis zur Schlachtung besser gehen soll. Und: Bio-Hersteller dürfen für ihre nachhaltige Arbeit nicht zusätzlich bestraft werden. Außerdem sollten alle Einkommen von einer neuen Steuer gleich stark betroffen sein.
Deshalb wäre es besser, nicht an einer Fleischsteuer (allein), sondern an folgenden Punkten anzusetzen:
1. Es muss generell mehr Fördermittel und Vergünstigungen für bessere Tierhaltung und Bio-Landwirtschaft geben. Wer will, dass Tiere und Klima weniger leiden, muss Landwirte dafür bezahlen, dass sie die Bedingungen dafür schaffen können. Das geht nur, wenn Betriebe auch eine wirtschaftliche Perspektive haben. Deshalb: mehr Fördermittel, mehr Subventionen, mehr Anreize. Es gibt zwar bereits entsprechende Programme; auf Dauer muss es aber noch günstiger werden, Ökolandwirtschaft und Biomast zu betreiben. Und nicht umgekehrt.
Die Kosten, die dafür entstehen, sind von der Gemeinschaft als Ganzes zu tragen. Das kann entweder über EU-Gelder geschehen oder über reguläre nationale Steuermittel. Durch die geltende Steuerprogression beteiligen sich dabei Gutverdiener genauso stark wie Geringverdiener.
Durch mehr und effektivere Fördermittel würden Biofleisch, aber auch Bioprodukte allgemein, im Vergleich zu konventionellem Fleisch immer günstiger. Wer weiter Fleisch essen will, könnte sich auch besseres Fleisch leisten. Und die Haltungsbedingungen würden sich – anders als bei einer Mehrwertsteuerlösung – auch wirklich verbessern.
2. Klar ist auch: Wer bestimmte Produktionsmethoden fördert, soll andere stärker einschränken. Während Bio-Landwirtschaft attraktiver werden muss, gilt für konventionelle Tierhaltung das Gegenteil. Dies geht nur, indem die Gesetzgebung zur Tierhaltung verschärft wird.
So werden konventionelle Mastbetriebe schneller gezwungen, ihre Produktion zu verändern: Entweder sie entscheiden sich, aus wirtschaftlichen Gründen auf bio zu setzen (weil es entsprechende Fördermittel gibt), oder sie müssen gesetzlich verpflichtet werden, Verbesserungen vorzunehmen. Sonst geht das Leid weiter.
3. Und schließlich: Wenn es doch eine Mehrwertsteuerlösung sein soll, ist dringend darauf zu achten, dass Biofleisch weiterhin nur mit 7 % (oder auch gar nicht) besteuert wird. Sonst wird es unattraktiver, besseres Fleisch zu kaufen, und für Umwelt und Tiere ist (fast) gar nichts erreicht – im schlimmsten Fall wird sogar anteilig mehr konventionelles Fleisch gekauft als zuvor …
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