Im Kampf gegen die Klimakrise beruft sich die Aktivistin Greta Thunberg jetzt auf die UN-Kinderrechtskonvention. Zusammen mit anderen Jugendlichen legt sie eine Beschwerde gegen Deutschland und vier weitere Länder vor.
16 Kinder und Jugendliche aus 12 Ländern – unter ihnen Greta Thunberg, die bei der UN-Klimakonferenz eine starke Rede gehalten hat – haben bei den Vereinten Nationen Beschwerde eingereicht. Der Grund: Mit ihrer unzureichenden Klimapolitik würden die betroffenen Staaten gegen die UN-Kinderrechtskonvention verstoßen. Die Anklage richtet sich gegen fünf G20-Mitglieder: Brasilien, Argentinien, Frankreich, die Türkei – und Deutschland.
„Vor 30 Jahren haben die Staats- und Regierungschefs allen Kindern ein historisches Versprechen gegeben, indem sie die Konvention über die Rechte des Kindes verabschiedet haben. Heute nehmen die Kinder die Staaten beim Wort“, sagte die stellvertretende Unicef-Exekutivdirektorin Charlotte Petri Gornitzka. Das Kinderhilfswerk begrüßt das Vorhaben der Jugendlichen und bezeichnet es als „Meilenstein der internationalen Kinderrechtsarbeit“.
Die angeklagten Länder würden zu wenig gegen den Klimawandel tun
Die Gruppe der Acht- bis 17-Jährigen beruft sich auf ein Zusatzprotokoll der 1989 verabschiedeten Konvention. Wenn Kinder und Jugendliche ihre Rechte verletzt sehen, können sie als Individualkläger eine Beschwerde einreichen, so wie nun geschehen.
Die fünf angeklagten Länder gehörten unter den 44, die diesen Part der UN-Kinderrechtskonvention unterschrieben haben (die USA und China gehören nicht dazu), zu den größten Klimaschädigern. Und sie würden zu wenig gegen den Klimawandel tun, obwohl sie von den Risiken wüssten.
Unmittelbare Konsequenzen seien für die Kinder bereits spürbar
In ihrer Begründung und auf einer eigenen Internetseite berichten die Jugendlichen davon, wie sich der Klimawandel bereits jetzt auf ihr Leben auswirkt. Sie erzählen von Dürre und Überschwemmungen und dem Tod von Nachbarn aufgrund solcher Katastrophen, von Gesundheitsrisiken und psychischen Belastungen oder von der Bedrohung traditioneller Lebensweisen wie Fischerei und Rentierzucht.
Mit der 15-jährigen Raina Ivanova aus Hamburg ist auch eine deutsche Jugendliche Teil der Gruppe. Sie und ihre Freunde würden die ersten Folgen bereits spüren, da sie sich während des heißen Sommers im Klassenzimmer ohne Klimaanlage kaum noch konzentrieren konnten. Der „Tagesschau“ sagte Ivanova, sie sei auch für ihre kleine Schwester nach New York gekommen: „Sie ist so viel jünger als ich, und wenn sich die Konsequenzen noch stark zuspitzen, wird sie viel stärker davon betroffen sein. Ich sehe, wie traurig es sie macht, wenn sie daran denkt.“
Die Beschwerde sei keine reine Symbolpolitik
Das Anliegen wird von einer Anwaltskanzlei und der Umweltorganisation Earthjustice offiziell unterstützt. 18 Kinderrechtsexperten vom UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes werden nun darüber entscheiden, ob die Beschwerde angenommen wird – dann müssten die Regierungen dazu Stellung nehmen.
Konkrete Folgen wird die Anklage aber wohl zunächst nicht haben: „Die Beschwerde ist keine Klage, die Sanktionen zur Folge haben könnte. Sie ist Teil der Auseinandersetzungen darüber, ob Kinder und ihr Leben nicht sehr viel mehr Gewicht in der Klimapolitik haben müssen“, sagt der Soziologe und Bildungsforscher Lothar Krappmann dem ZDF. Reine Symbolpolitik sei es aber trotzdem nicht, weil eine solche völkerrechtliche Beschwerde zusätzlichen Druck auf die politischen Verantwortlichen ausübe.
„Der UN-Kinderrechtsausschuss ist kein Weltgericht, aber die Regierungen sollten die Beschwerde der Kinder sehr ernst nehmen“, sagt auch Ninja Charbonneau von Unicef – und äußert die Hoffnung, dass die dadurch einsetzende Diskussion zu einem Umdenken führt. In jedem Fall ist die Beschwerde ein weiteres, deutliches Warnsignal an die Politik. Ivanova zeigte sich optimistisch: „Ich glaube, dass wir das Ruder herumreißen können und es schaffen werden, den Klimakampf zu gewinnen.“
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