Alle Jahre wieder bringt H&M eine neue „Conscious Exclusive Kollektion“ heraus, die aus nachhaltigen Materialien besteht. Ist das nun ein Schritt in die richtige Richtung oder doch nur ästhetisches Greenwashing?
Bereits zum achten Mal bringt der Modekonzern H&M eine Conscious Exclusive Kollektion heraus. Mit diesen limitierten und etwas hochpreisigeren Kollektionen will H&M zeigen, wie man den Lebenszyklus von Kleidungsstücken verlängern, sie später wiederverwenden oder recyceln kann. Die Conscious Exclusive Kollektionen erscheinen ein- bis zweimal pro Jahr; die neueste ist seit dem 11. April in ausgesuchten Filialen und online erhältlich.
Während Modemagazine wie InStyle oder Harper’s Bazaar der Kollektion begeisterte Überschriften widmen, sind wir da etwas kritischer. H&M zeigte sich in den vergangenen Jahren zwar bemüht, nachhaltiger zu werden, negative Schlagzeilen rütteln aber an der Glaubwürdigkeit solcher Bemühungen. So zeigte eine Dokumentation, dass H&M tonnenweise neue Kleidung verbrannt hat und eine Studie warf der Modekette Kinderarbeit im Niedriglohnland Burma vor.
Stoffe aus Ananas, Algen und Zitrussaft
Dieses Jahr liegt die Aufmerksamkeit der Conscious Exclusive Kollektion auf besonders außergewöhnlichen Materialien: H&M verwendet erstmals Bloom-Foam, ein Weichschaumstoff aus Algenbiomasse, Orange Fiber, ein Stoff aus Zitrussaft-Nebenprodukten, der Seide ähnelt – und veganes Leder aus Ananasfaser.
Daneben bestehen die Modelle aus weiteren recycelten Materialien wie Polyester und Silber. Diese haben immerhin den Vorteil, dass ihre Herstellung deutlich ressourcenschonender ist, als neu zu produzieren. Die Kollektion enthält nach Angaben von H&M außerdem Kleidungsstücke aus Bio-Seide, Bio-Leinen und Bio-Baumwolle und die Pflanzenfaser Tencel. So weit, so nachhaltig.
Conscious Exclusive Kollektion: nachhaltig ist nicht gleich fair
Bio-Baumwolle zu verwenden, ist für ein so großes Unternehmen wie H&M ein guter Schritt in die richtige Richtung und definitiv ökologischer als konventionelle Baumwolle. Die Bezeichnung „Bio“ sichert aber nur den biologischen Anbau der Fasern an sich.
„Bio“ sagt nichts darüber aus, wie die Faser weiterverarbeitet wird, welche Farbstoffe beispielsweise eingesetzt werden oder wie die Kleidungsstücke veredelt werden. Und auch nichts darüber, unter welchen Arbeitsbedingungen die Materialien gewonnen und weiterverarbeitet wurden. Das gewährleisten nur anerkannte Textilsiegel.
Faire Arbeitsbedingungen: So äußert sich H&M
Die Modelle der Conscious Exclusive Kollektion wurden H&M zufolge größtenteils in China, aber auch in Indien und Indonesien hergestellt. Das Produktionsland, den Namen des jeweiligen Zulieferbetriebs, Name und Adresse der Fabrik sowie die Anzahl der zugehörigen Arbeiter gibt H&M online für jedes Kleidungsstück an. Unter welchen Bedingungen die Kleidung gefertigt wurde, sagte das Unternehmen allerdings nicht.
H&M teilte uns außerdem mit, die verwendete Bio-Baumwolle werde unter „Einhaltung strenger Standards wie OCS oder GOTS“ produziert – tatsächlich durch einen anerkannten Standard zertifiziert ist sie aber nicht. Zur Herkunft von Leinen, Seide und Tencel äußerte sich H&M nicht.
Zum Thema Produktionsbedingungen verweist uns H&M auf den eigenen Verhaltenskodex, der Kinderarbeit ausschließen soll. Er macht allerdings die Lieferanten dafür verantwortlich, dass auch mögliche Subunternehmer den Kodex einhalten. Dass Zulieferer ihren Arbeitern zumindest den lokalen Mindestlohn auszahlen, werde im Rahmen von „Sustainability Assessments “ kontrolliert. Wie häufig und in welchem Rahmen diese stattfinden, gab das Unternehmen nicht an. Außerdem habe man Kollegen in den Fabriken vor Ort, die einen „Eindruck der Produktionsbedingungen und eventuellen Herausforderungen“ bekommen sollen.
Nachhaltige Mode muss fair produziert werden
Utopia.de meint: Eine nachhaltige Kollektion bedeutet in unserem Verständnis auch immer eine möglichst faire Produktion. H&M macht aber ganz im Gegenteil immer wieder mit schlimmen Produktionsbedingungen auf sich aufmerksam.
Man kann die Conscious Exclusive Kollektion von H&M aber auch nicht als reines Greenwashing abwerten. Der Konzern verwendet tatsächlich nachhaltigere Materialien und schafft es durch seine Bekanntheit dem Thema „nachhaltige Mode“ Aufmerksamkeit zu verschaffen, was auf jeden Fall ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist.
Fragwürdige Arbeitsbedingungen, ständig wechselnde Kollektionen, Billigmode und Klamotten-Verbrennungen sind für uns aber mit einer wirklich nachhaltigen Firmenpolitik nicht vereinbar. Unsere Empfehlung: Es gibt bereits unzählige Labels, die wirklich fair und nachhaltig produzieren – und noch dazu wirklich schöne Mode machen.
Was haltet ihr davon, wenn konventionelle Konzerne wie H&M nachhaltige(re) Produkte auf den Markt bringen? Würdet ihr die Kleider kaufen – und warum? Schreibt uns in den Kommentaren!
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