Nachhaltiges Verhalten muss mehr Spaß machen als nicht-nachhaltiges – sagt Georg Tarne von Soulbottles und erklärt im Interview, was das mit Leitungswasser zu tun hat.
In Deutschland haben wir ja sauberes Wasser aus der Leitung: Soulbottles produzieren schöne und zu 100% plastikfreie Trinkflaschen, damit wieder mehr Leute mit Freude Leitungswasser trinken. Und damit auch andere Menschen in den Genuss sauberen Trinkwassers kommen, spendet Soulbottles pro verkaufter Flasche 1 € an Trinkwasserprojekte.
Georg Tarne, 26, ist Initiator und Mitgründer von Soulbottles. Fast wäre er Musiker geworden, aber die Aufnahmeprüfungen waren ihm nicht gewogen. Jetzt müssen halt seine Soulbottles-Kollegen aushalten, wenn er in den unpassendsten Momenten laut Funk- & Soul-Sachen vor sich hin singt.
Georg, wie kriegt man die Leute dazu, mehr Leitungswasser zu trinken?
Indem man ihnen eine schöne und umweltfreundliche Alternative zu Mineralwasser aus dem Supermarkt bietet. Zum Beispiel Leitungswasser in Soulbottles.
Wir sind davon überzeugt, dass bewusst nachhaltig zu leben einfach sein und Spaß machen kann, wenn die entsprechenden Gebrauchsgegenstände nicht nur ethisch korrekt hergestellt sind, sondern sich auch in den persönlichen Lebensstil einfügen. Deswegen versuchen wir, die Soulbottles so ansprechend und vielfältig wie möglich zu gestalten.
Fast alle unsere Motive stammt aus der Crowd: Bei Wettbewerben reichen junge Künstler aus aller Welt ihre Ideen ein, über die dann die Community abstimmt. Auf diese Weise beteiligen wir Gestalter und Kunden aktiv an der Gestaltung eines nachhaltigen Produkts.
An welche Projekte spendet ihr genau?
Das durch den Verkauf der Soulbottles gesammelte Spendengeld geht derzeit zu 100% in ein von der Hamburger Organisation Viva con Agua und der Welthungerhilfe organisiertes WASH-Projekt in Nepal. Wir möchten damit Menschen in abgelegenen Regionen unterstützen, besseren Zugang zu sauberem Trinkwasser zu bekommen. Bis dato sind durch die 1 € Spende pro verkaufter Soulbottle schon knapp 40.000 € zusammengekommen.
Dabei ist es uns wichtig, das Geld nicht einfach an eine Organisation zu spenden, sondern ein spezifisches Projekt zu fördern. Denn nur so können wir die für uns und unsere Kunden nötige Transparenz gewährleisten.
Was macht eure Flaschen nachhaltig?
Soulbottles sind 100% plastikfrei und komplett recyclebar. Die Soulbottles sind frei von Giftstoffen und komplett CO2-neutral in Europa produziert. Sie bestehen aus italienischem Glas, das schon einen Recyclinganteil von mindestens 20% aufweist. Der Verschluss wird aus Keramik, Naturkautschuk und Edelstahl hergestellt. Unsere eigene Naturkautschukmischung stellt sicher, dass im Gummi weder Petrochemie noch Weichmacher drin sind. Da wir ausschließlich Deutschland und Italien produzieren, haben wir kurze Transportwege. Der anschließende Versand erfolgt in plastikfreier Verpackung, klimaneutral mit DHL GoGreen. Die gesamte Produktions- und sonstige Arbeitszeit wird jährlich über myclimate.org ausgeglichen.
Deshalb spart jede wiederverwendete Soulbottle nach ersten Hochrechnungen 3 kg Plastikmüll und 35 kg CO2 ein, das andernfalls bei Produktion und Transport von abgepacktem Wasser entstünde.
Kann man davon leben?
Am Anfang war’s echt schwierig, und wir haben uns viel Geld von Freunden und Verwandten geliehen. Mittlerweile geht’s aber schönerweise ganz gut und wir können sogar an die 20 Mitarbeiter bezahlen!
Was hat dich inspiriert?
Die Website www.threadless.com war auf jeden Fall ein großer Inspirationsgeber für das Crowd-Design Konzept von Soulbottles. Inspiration für meinen Weg als Sozialunternehmer habe ich 2010 im Pioneers of Change, Lern- und Werdegang für Gestalter*innen des Wandels mitbekommen – ich saß im Garten des Seminarhauses beim 4. Ausbildungsmodul und merkte, wie auf einmal innerlich klar wurde: Ja, ich weiß jetzt, was es heißt, Sozialunternehmer zu werden und ja, es ist genau das, was ich mit meinem Leben tun möchte.
Inspiration für unsere Unternehmenskultur, und wie wir intern mit einander umgehen ziehe ich aus mehreren Quellen. Ganz viel aus der Gewaltfreien Kommunikation (nicht der beste Name, aber richtig geiler Scheiß). Dann aus Büchern wie Reinventing Organizations oder Reweaving the Fabric von Miki Kashtan. Und zuletzt aus der Coaching-Ausbildung an der ich gerade teilnehme.
Wie lebst du persönlich Nachhaltigkeit im Alltag?
Ich versuche, so grün wie möglich zu leben, ohne mich dabei selbst zu kasteien. Das ist natürlich immer auch ein Balanceakt, und ich verhalte mich dann manchmal nicht ganz so grün, wie ich’s eigentlich gut fände.
Ich kaufe immerhin nur im Biomarkt ein, versuche so weit ich es kann, auf tierische Produkte zu verzichten (ich hab immerhin schon echt lange keinen Käse gegessen, der Tofuverbrauch ist dafür ziemlich hoch), fliege wenn, dann nur geschäftlich und wenn es sich nicht vermeiden lässt (auch wenn 8-Stunden-Zugfahrten jetzt auch nicht soooo viel Spaß machen, aber es gibt ja immerhin noch den Nachtzug), Klamotten kommen von Armedangels, PantsToPoverty oder HessNatur. Nur das mit dem Biobier klappt noch nicht immer – wenn mehr Bars mal gescheites Biobier anbieten, wär das echt mal n Schritt.
Wie sieht dein Utopia aus?
U-Topia heißt ja in seiner wörtlichen Übersetzung aus dem Altgriechischen Nicht-Ort. Die tolle, schöne, grüne, glückliche Welt, von der ich hoffe, sie noch mitzubekommen, ist aber kein Nicht-Ort. Sie ist möglich, und in meinem Alltag ist sie – durch sehr viel Arbeit an mir selbst – auch sehr oft schon da.
Alles, was wir brauchen ist: in Konflikten – im Kleinen wie im Großen – beim Gegenüber hinter Strategien, die uns nicht gefallen, jene positiven Bedürfnisse zu sehen, die wir auch haben, und uns dann selbst so auszudrücken, dass es dem Gegenüber leicht fällt, seinerseits unsere Bedürfnisse zu sehen.
Wenn wir es schaffen, mit dieser Warmherzigkeit unter die Oberfläche zu schauen, wird aus einem scheinbar unlösbaren Streit relativ schnell ein Entwickeln gemeinsamer Ideen in Richtung “Wie kriegen wir das hin, dass du bekommst, was du brauchst, und zwar so, dass auch ich bekomme, was ich brauche.” Aus Abgrenzung und Verurteilung wird Verbindung und gegenseitiges Hören – wobei verstehen natürlich nicht heißt, einverstanden zu sein.
Wenn wir das alle drauf haben, werden die Probleme, die wir aktuell auf der Welt haben im schönsten Sinne des Wortes ein Kinderspiel. Das coole ist: Diese Fähigkeiten sind trainierbar.
Danke für deine Antworten!
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