Karstadt setzt ein (kleines) Zeichen für mehr Nachhaltigkeit und macht Schluss mit Gratis-Plastiktüten für die Kunden. Das finden wir super.
Müll vermeiden ist gut, die Plastiktüte ist ein Anfang: Für Einwegtragetaschen will Karstadt ab 1. März eine größenabhängige Gebühr von 5, 10, 20 oder 30 Cent erheben, ab Mai 2016 bundesweit Mehrwegtragetaschen (für 1,50€) einführen. Bei den neu designten Mehrwegtaschen setzt das Unternehmen auf Polyethylen mit 70% Recyclinganteil.
„Wir haben uns bewusst für die Mehrwegtragetaschen entschieden und machen mit der Einführung einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit“, erklärt Karstadt-Vertriebs-Chef Thomas Wanke. Das erfordere allerdings große Umstellungen bei der Logistik, aber auch ein Umdenken bei Mitarbeitern ebenso wie bei Kunden.
Die Reaktion der Kunden ist ein empfindliches Problem, weil sie vom Handel leider jahrzehntelang zu kostenlosen Plastiktüten erzogen wurden und es nun häufig als Gängelung empfinden, wenn man Geld für die Tüten verlangt – auch wenn es in Wirklichkeit darum geht, damit die Zahl der Tüten und so die höchst problematische Umweltverschmutzung zu reduzieren.
Gratis-Plastiktüte: ein Auslaufmodell
Karstadt folgt damit einer Reihe von Unternehmen, die die kostenlose Plastiktüte abgeschafft haben:
- Die Elektronik-Kette Saturn probte die Abschaffung der Gratis-Plastiktüten schon Mitte 2014, seit Anfang 2015 machen die meisten Saturn-Märkte mit (sie agieren unabhängig).
- Der Kaffee-Discounter Tchibo hat am 6. Januar 2016 beschlossen, Plastiktüten nur noch für 20 Cent abzugeben.
- Die Drogeriemarkt-Kette dm schaffte im März 2015 die kostenlosen Plastiktüten ab.
- Der Textildiscounter kik machte am 1. Oktober 2015 Schluss mit Plastiktüten und verkauft nun Baumwolltaschen und PET-Permanenttragetaschen.
Bald schwimmt mehr Plastik durchs Meer als Fische
Warum ist das überhaupt wichtig? Weil das Plastik unseren Planeten kaputtmacht! Weltweit werden 500 Milliarden, allein in Deutschland laut HDE sechs Milliarden Plastiktüten pro Jahr verbraucht – laut DUH pro Minute 11.700 Einwegplastiktüten. Durch diese und andere Quellen landet Schätzungen zufolge jede Minute eine Tonne Plastik im Meer, jedes Gramm weniger ist da ein erster, richtiger Schritt.
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- Erstaunliche Infografik: wichtige Fakten rund um Plastikmüll.
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- Spannender Beitrag: Plastikmüll im Meer – diese Projekte tun was dagegen
Wenn wir so weitermachen würden wie bisher, gäbe es ab 2050 mehr Plastik im Meer als Fisch. (Quelle: PDF)
Utopia meint: Die Bemühungen der Einzelhandelsunternehmen, die kostenlosen Plastiktüten abzuschaffen, sind prinzipiell gutzuheißen. Machen die das jetzt nur wegen einer nahenden EU-Richtlinie? Keineswegs: Hinter vorgehaltener Hand ist zu hören, dass der Handel sich bloß lange Zeit nicht getraut hat, den Massen von Gratis-Plastiktüten ein Ende zu bereiten, einfach weil die meisten Kunden sie erwarten. Zugleich ist die Plastiktüte etwas, was Unternehmen für die Nachhaltigkeit tun können, ohne sich gleich zu verrenken.
Zum Jubeln besteht aber noch kein Anlass: Die Plastiktüten werden nicht abgeschafft, nur die kostenlosen Plastiktüten – und auch hier gibt es Ausnahmen, etwa an den Gemüsetheken. Auch ist die Plastiktüte nur ein Plastikmüll-Lieferant von vielen: Noch immer sind die meisten Produkte in Supermärkten und Kaufhäusern aller Art in Plastik eingeschweisst, eingewickelt oder verwenden Plastik in der Verpackung, und sei es nur fürs Sichtfenster. Die Reduktion der Plastiktüten kann nur ein Schritt zu weniger Plastik sein – aber es ist ein wichtiger Anfang.
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