Gelatex, ein Start-up aus Estland will die Leder-Produktion nachhaltiger machen. Statt aus Tierhaut stellt Gelatex Leder aus Gelatine her. Außerdem verzichtet das Start-up auf giftige Chemikalien.
Schuhe, Taschen, Gürtel oder Möbel – Leder steckt in vielen Produkten. Mit gutem Gewissen kaufen kann man Leder jedoch meist nicht: Hinter der Lederproduktion steckt viel Leid – sowohl für die Tiere, deren Haut für das Leder verwendet wird, als auch für die Arbeiter in den Gerbereien und Lederfabriken, die mit giftigen Substanzen in Berührung kommen.
Das Start-up Gelatex hat eine Alternative zu herkömmlichem Leder entwickelt. Gelatex produziert Leder nicht aus Tierhaut, sondern aus Gelatine. Die Gelatine gewinnt das Unternehmen aus Fleischabfällen. Das Leder hat laut Gelatex die gleiche chemische Zusammensetzung wie herkömmliches Leder und soll sich auch so anfühlen.
Gelatex aus Fleischabfällen
Indem das Start-up Gelatine statt Tierhaut verwendet, will es gewährleisten, dass tatsächlich nur Nebenprodukte aus der Fleischindustrie zum Einsatz kommen. Das ist bei „echtem“ Leder nicht immer garantiert.
Zwar ist die Tierhaut, aus der herkömmliches Leder hergestellt wird, eigentlich auch ein Abfallprodukt. Da die Nachfrage nach Leder jedoch sehr hoch ist, stammt nicht mehr jede verarbeitete Tierhaut aus Schlachtabfällen, sondern es werden Tiere extra hierfür getötet.
Giftige Stoffe in der Lederproduktion
Leder wird in der industriellen Massenfertigung außerdem mit hochgiftigen Substanzen behandelt. Für die Produktion eines Quadratmeters Leder werden laut Gelatex etwa 2,5 Kilogramm toxische Chemikalien eingesetzt. Darunter Chromsalze und Arsen, eines der giftigsten Elemente, die es gibt.
Die Lederproduktion ist damit eine große Belastung für die Umwelt – ganz zu schweigen von den gesundheitlichen Schäden für die Arbeiter, die regelmäßig mit den giftigen Stoffen in Berührung kommen. Ein großer Teil der Lederproduktion findet in Billiglohn-Ländern wie Bangladesch statt, wo es kaum wirksame Arbeitsschutzbestimmungen gibt.
Dreimal mehr Leder
Gelatex verzichtet bei der Produktion komplett auf toxische Stoffe. Außerdem soll die Herstellung weniger Wasser verbrauchen als eine herkömmliche Gerbung. Indem das Start-up auf Gelatine zurückgreift, kann es nach eigenen Angaben dreimal mehr Leder aus einem Tier herstellen, als es bei der herkömmlichen Produktion möglich ist. So lässt sich das Leder preiswert in großen Mengen produzieren.
Gelatex ist noch nicht auf dem Markt
Bislang ist das Leder aus Gelatine noch nicht offiziell auf dem Markt. Gelatex ist derzeit dabei, Kollaborationen mit Designern und Modemarken aufzubauen. Die erste „Kollektion“ an Gelatex-Produkten will das Start-up im Herbst entwickeln.
Utopia meint: Die Idee von Gelatex ist kontrovers. Es bleibt nach wie vor problematisch, Leder aus Tierprodukten herzustellen. Inzwischen gibt es einige nachhaltige vegane Alternativen, wie beispielsweise Leder aus Ananas. (Mehr Informationen dazu in unserem Beitrag „Kork, Pilz, Ananas: Daraus besteht veganes Leder“).
Falls sich das Konzept von Gelatex durchsetzen und zu einer großen Nachfrage nach Fleischabfällen führen sollte, könnte sich ein neuer Markt für Schlachtreste auftun. Am Ende wäre man wieder dort angekommen, wo man jetzt mit der herkömmlichen Lederproduktion steht: bei der Tötung von Tieren extra für Leder.
Trotzdem ist das Konzept von Gelatex ein Fortschritt gegenüber der herkömmlichen Lederproduktion, wie sie derzeit üblich ist – vor allem wenn die Gelatine tatsächlich nur aus solchen Fleischabfällen stammt, die sonst im Müll landen würden. Je mehr von den Tieren, die ohnehin geschlachtet werden, verwertet wird, desto nachhaltiger. Auch der Verzicht auf toxische Substanzen ist lobenswert. Wir werden Gelatex auf jeden Fall im Auge behalten.
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