Holunderblütensirup ist bekannt, doch der Blütennektar kann samt Pollen auch Speisen verfeinern. Damit man den guten schwarzen nicht mit dem giftigen Zwerg-Holunder verwechselt, gibt es einen Trick.
Wenn ein Duft von Muskatwein und Honig durch die Luft weht, liegt das garantiert an den Blüten vom Holunder, auch Hollerbusch genannt. Dass daraus gern Sirup zubereitet wird, ist relativ bekannt. Doch mit den Blüten des Gehölzes, das besonders gern am Waldesrand wächst, lassen sich auch Lebensmittel wie Essig und Schlagsahne aromatisieren.
Egal, um welche Speisen es sich handelt, die wichtigste Regel lautet: Bloß nicht die Blüten waschen!
„Wir leben in einer Zeit, in der man glaubt alles waschen zu müssen. Das gilt aber nicht für Wildblüten“, betont Bianca Zogg-Brodbeck, Wildpflanzen-Expertin aus Grävenwiesbach im Taunus gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in einem Interview aus dem Jahr 2023. Der Grund: Beim Waschen werden mit dem Wasser auch die geschmacksgebenden Pollen samt Nektar weggespült. „Dann kann man es auch bleiben lassen“, findet die 62-jährige.
Küchenpapier-Trick lässt kleine Tierchen verduften
Aber: Natürlich finden sich Tierchen in den Blütenrispen des Holunders. Daher empfiehlt Zogg-Brodbeck die Rispen nach dem Sammeln zu schütteln, und zwar am besten über einem weißen Tuch oder weißem Küchenkrepp, denn so lassen sich die Tierchen leichter erkennen. Zusätzlich kann man die Rispen mit einem weißen Tuch oder Küchenpapier abdecken, dann flüchten die Tiere meist von alleine, weil sie wissen, was auf sie zukommt.
Sind die Holunderrispen geputzt, geht es zum nächsten Arbeitsschritt: Dem Lösen der Blüten von den Stängeln. Die grünen Teile, und damit die großen und kleinen Stiele des Holunders, sowie auch Holunderbeeren gelten roh als schwach giftig, da sie Glykoside wie Sambunigrin enthalten – die Blüten dagegen nicht. „Man muss jetzt aber nicht jede einzelne Blüte von ihrem Mini-Stiel rupfen. Es genügt die dickeren Stängel zu entfernen„, erläutert die passionierte Wildpflanzen-Sammlerin.
Beim Kochen von Holunderbestandteilen zerfallen die Glykoside sowieso, beruhigt die Wildblüten-Expertin. Daher gilt für die Verwertung von Holunderbeeren grundsätzlich, dass man diese nur ausreichend gekocht verzehren darf. Laut des Kosmos-Naturführers „Was blüht denn da?“ wirkt Holunder als alte Heilpflanze schweißtreibend. Zudem haben die in den Beeren enthaltenen blauen Farbstoffe (Anthocyane) eine antioxidative Wirkung und bieten damit Schutz gegen freie Radikale.
Holunderblüten-Sahne für Rhabarber-Crumble
Hat man die Blüten nun fertig präpariert, kann man beispielsweise daraus einen Holunderblütenessig fabrizieren. Dafür eignen sich laut Zogg-Brodbeck Apfelessig und weißer Balsamico-Essig. Der Essig muss dann samt Holunderblüten vier bis sechs Wochen ziehen und anschließend gesiebt werden.
Ebenfalls einfach umzusetzen: 5 bis 8 Holunderblütenrispen in 0,5 Liter flüssige (vegane) Schlagsahne geben und diese dann leicht erwärmen. „Die Wärme führt dazu, dass sich das Aroma aus Nektar und Pollen leichter löst“, erklärt Zogg-Brodbeck. Das Sahne-Blüten-Gemisch wieder abkühlen und über Nacht im Kühlschrank stehen lassen. Am nächsten Tag die Sahne filtern und in noch kühlem Zustand schlagen – sie passt wunderbar zu einem Rhabarber-Crumble.
Holunderblüten geben auch Apfelkuchen eine besondere Note: einfach die Blüten mitbacken.
Getrocknete Blüten für zuckerfreies Sommergetränk
Birgit Haas aus Großerlach im Schwäbisch-Fränkischen Wald trocknet Holunderblüten, um daraus einen Kaltauszug zu fabrizieren: „Einfach die gezupften Blüten mehrere Tage trocknen lassen. Dann zwei bis drei Esslöffel davon in einen Krug Wasser geben und diesen über Nacht in den Kühlschrank stellen.“
Wer mag, fügt noch ein bis zwei Scheiben Zitronen dazu. Fertig ist das Sommergetränk mit feiner Holunderblütennote – ganz ohne Zucker. Die 56-jährige Kunstmalerin bildete sich einst selbst in Sachen Wildpflanzen fort und gibt ihr Wissen heute Interessierten in Form von Exkursionen und Kursen weiter.
Nicht verwechseln: Schwarzer Holunder ist delikat, Zwergholunder giftig
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass sich alle Zubereitungstipps ausschließlich auf den Schwarzen Holunder (Sambucus nigra) beziehen. Bianca Zogg-Brodbeck weist darauf hin, dass hierzulande nämlich noch zwei weitere Holunderarten wachsen: der Rote Holunder (Sambucus racemosa) und der Zwerg-Holunder (Sambucus ebulus), auch Attich genannt.
Beim roten Holunder lassen sich Beeren und Blüten zwar verwerten, aber für Zogg-Brodbeck ist der Geschmack von Blüten und Beeren des Roten Holunders nur „so lala“. „Ich finde, die Blüten riechen eher unangenehm“, gesteht die Fachfrau.
Zudem sind die Samen in den Beeren des Roten Holunders auch nach dem Kochen noch giftig, das heißt, sie müssen beim Pressen des Saftes sorgfältig aussortiert werden. Der Rote Holunder, auch Trauben-Holunder genannt, lässt sich gut an seiner aufrechten Rispe erkennen. Sie erinnert in ihrer Form an eine aufrechtstehende Traube.
Beim Zwerg-Holunder sind dagegen alle Teile giftig. Er hat im Vergleich zu den beiden anderen Arten hochstehende Rispen und wirkt im Vergleich zu Schwarzem Holunder eher wie ein Busch. Zogg-Brodbeck: „Ein Zwerg-Holunder verholzt nie, wenn Sie also meinen, Sie stehen vor einem essbaren Schwarzen Holunder, sehen aber nirgends einen verholzten Stamm, dann Finger weg.“
Eine gute Möglichkeit mehr über essbare Pflanzen zu lernen, bieten Exkursionen und Bestimmungsbücher. Bestimmungs-Apps seien dagegen immer noch mit Vorsicht zu genießen, so Zogg-Brodbeck, da sie nicht hundertprozentig genau sind. Zogg-Brodbeck: „Wer sich unsicher ist, sollte in jedem Fall die Finger von Blüten und Früchten lassen. Das ist ganz wichtig und ging mir selbst am Anfang ganz genauso.“
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