Katzen in einer Stadt in Baden-Württemberg müssen per Allgemeinverfügung über den Sommer im Haus bleiben. Der Grund dafür: Vogelschutz. Hier erfährst du alles, was du über die Maßnahme wissen musst.
Um die vom Aussterben bedrohte Haubenlerche zu schützen, hat die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis für die Stadt Walldorf eine neue Vogelschutz-Maßnahme beschlossen: Per Allgemeinverfügung dürfen Hauskatzen ab 2022 bis einschließlich 2025 in der Brutzeit der Haubenlerche vom 01. April bis zum 31. August ihren geschlossenen Wohnraum nicht verlassen. Dies gilt allerdings nur für den südlichen Teil der baden-württembergischen Stadt, da dieser in nächster Nähe zu einem Brutgebiet der Haubenlerche liegt.
Die Haubenlerche ist laut Naturschutzbund Deutschlands e.V. in Westeuropa nur noch selten und lokal verbreitet. In Deutschland steht sie auf der Roten Liste der Brutvögel und ist damit offiziell vom Aussterben bedroht. Dem Nationalen Vogelschutzbericht 2019 zufolge ist die Zahl der Haubenlerchen in Deutschland in den vergangenen 36 Jahren um 72 Prozent geschrumpft.
Laut Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis komme es für den Fortbestand der Vogelart „auf das Überleben jedes einzelnen Jungvogels“ an. Da die Haubenlerche zu den Bodenbrütern gehört, sind ihre Nester durch Katzen besonders gefährdet.
Vogelschutz in Walldorf: Ausnahmen und Bußgelder
Sollten Katzenhalter:innen gegen die Verfügung verstoßen und ihre Katze trotzdem vor die Tür lassen, müssen sie mit einem Bußgeld von 500 Euro rechnen. Sollte ihre Katze nachweislich eine Haubenlerche verletzen oder töten, könnte dies sogar ein Strafgeld von 50.000 Euro zur Folge haben.
Betroffene Katzenhalter:innen können die Vogelschutz-Maßnahme nur umgehen, indem sie einen Antrag auf Befreiung von der Allgemeinverfügung stellen. Für diesen müssen sie allerdings per GPS-Tracking nachweisen, dass ihre Katze sich nicht im besagten Haubenlerchen-Brutgebiet aufhält. Erlaubt ist außerdem, seine Katze an einer kurzen Leine spazieren zu führen.
Weiterhin schlägt das Landratsamt vor, Katzen für den Brutzeitraum der Haubenlerche zu Freund:innen oder Verwandten zu bringen, die nicht in Walldorf Süd wohnen.
Vogelschutz-Maßnahme: Die Reaktionen
Katzenhalter:innen haben auf die Vogelschutz-Maßnahme mit Widerstand reagiert. Auch Matthias Renschler, Bürgermeister von Walldorf, hat den Katzenhalter:innen sein Verständnis ausgesprochen und kritisiert die Allgemeinverfügung als „realitätsfremd“. Der Tierschutzverein Wiesloch/Walldorf kündigte zudem an, juristisch gegen die Maßnahme vorgehen zu wollen.
Auch der Deutsche Tierschutzbund kritisiert: Der Rückgang der Haubenlerche sei in erster Linie auf den Verlust von Lebensräumen und Nahrung zurückzuführen – unter anderem durch die Intensivierung der Landwirtschaft, die Bebauung von Brachflächen sowie das Insektensterben. „Der negative Einfluss von Katzen auf die Bestände von Singvögeln ist ohnehin umstritten und für die Haubenlerche in Walldorf nach unserer Kenntnis bisher nicht bewiesen.“ Auch PETA führt ähnliche Argumente an.
Der Naturschutzbund verteidigte die Entscheidung des Landratsamts. Grundsätzlich müsse sich in der Landwirtschaft etwas ändern, damit Agrarvögel wie die Haubenlerche eine Zukunft haben. Dass die Haubenlerche bei uns großflächig ausgestorben sei, liege nicht an der Hauskatze – sie ist ein zusätzlicher negativer Faktor.
Es bleibt dementsprechend abzuwarten, ob das Landratsamt die Allgemeinverfügung durchsetzen kann – auch im Hinblick auf die Frage, wie deren Einhaltung kontrolliert werden soll. Bekannt ist bisher, dass Mitarbeiter:innen eines Fachbüros den Bestand der Haubenlerche kontrollieren werden und in diesem Zuge auch Ausschau nach freilaufenden Katzen im Brutgebiet halten.
Mit Material der dpa
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