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Katholisch und queer: 125 Mitarbeiter:innen der katholischen Kirche sind #OutInChurch

„#OutInChurch“: 125 Mitarbeitende der Kirche outen sich
Screenshot: Das Erste / Wie Gott uns schuf

Ob schwul, lesbisch, bi oder queer – viele nicht-heterosexuelle Menschen verheimlichen ihre sexuelle Orientierung oder Geschlechterzugehörigkeit, aus Angst verstoßen zu werden. 125 Mitarbeiter:innen der katholischen Kirche wagen nun aber gemeinsam ein Bekenntnis und fordern ein Ende der Diskriminierung.

Einen Arbeitsweg von über 130 Kilometern nahm Monika Schmelter jeden Tag auf sich, damit beim Job niemand von ihrer lesbischen Beziehung erfuhr. 40 Jahre lang hielten sie und Marie Kortenbusch ihre Beziehung geheim und perfektionierten ihr Doppelleben. Schmelter arbeitete bei der Caritas, Kortenbusch war Religionslehrerin. Heute sind die beiden in Rente und verheiratet. Die Hochzeit fand Anfang 2020 dennoch heimlich statt.

Insgesamt 125 Mitarbeiter:innen der Kirche outen sich

Schmelter und Kortenbusch sind Teil der Initiative „#OutInChurch – Für eine Kirche ohne Angst“ und der TV-Doku „Wie Gott uns schuf“. Neben den beiden outen sich bundesweit 123 Mitarbeitende der katholischen Kirche und gehen an die Öffentlichkeit. Die Beteiligten riskieren viel mit diesem Bekenntnis. Nicht alle outen sich mit Namen und Gesicht, aus Angst vor Anfeindungen oder davor, ihren Job zu verlieren. Unter den 125 Menschen befinden sich Priester:innen, Gemeinde- und Pastoralrefernt:innen, Religionslehrer:innen und Mitarbeiter:innen der kirchlichen Verwaltung.

Monika Schmelter und Marie Kortenbusch sind zwei von 125 Menschen, die im Rahmen von „#OutInChurch – Für eine Kirche ohne Angst“ offen über ihre Sexualität sprechen.
Monika Schmelter und Marie Kortenbusch sind zwei von 125 Menschen, die im Rahmen von „#OutInChurch – Für eine Kirche ohne Angst“ offen über ihre Sexualität sprechen. (Screenshot: Das Erste / Wie Gott uns schuf)

Die Akteur:innen der Initiative fordern eine Änderung des kirchlichen Arbeitsrechts, damit die sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität künftig kein Kündigungsgrund mehr sind. Mitarbeitende in der katholischen Kirche müssen sich im privaten und beruflichen Kontext an Grundsätze der Glaubens- und Sittenlehre halten. Das hat zur Folge, dass es Menschen ihren Job kosten kann, wenn sie beispielsweise eine gleichgeschlechtliche Ehe eingehen. Der Grund dafür liegt in der sogenannten Loyalitätsklausel. Diese besagt, dass Mitarbeiter:innen zu Loyalität der katholischen Lehre gegenüber verpflichtet sind. Teil der Lehre ist, dass Sexualität außerhalb der heterosexuellen Ehe eine Sünde sei und nicht praktiziert werden dürfe.

Zudem fordern Mitwirkende der Initiative „#OutInChurch – Für eine Kirche ohne Angst“, diffamierende Aussagen zu Geschlechterzugehörigkeit und Sexualität aus der kirchlichen Lehre zu streichen. Ebenfalls fordern sie, dass der Zugang zu den katholischen Sakramenten und zu allen Berufsfeldern der Kirche ihnen nicht mehr vorenthalten werden soll.

#OutInChurch ist inspiriert von #actout

Einer der Initiatoren von „#OutInChurch“, Pfarrer Bernd Mönkebüscher aus Hamm, sagte der Nachrichtenagentur dpa, die Aktion sei durch #actout inspiriert, einer Aktion bei der 185 Schauspiele:rinnen im vergangenen Jahr auf ähnliche Weise an die Öffentlichkeit traten. Die damaligen Unterzeichner:innen, unter ihnen Ulrich Matthes und Ulrike Folkerts, hatten kritisiert, dass sich viele nicht offen zu ihrem Queersein bekennen könnten, ohne berufliche Nachteile befürchten zu müssen.

Die Mitwirkenden der Initiative rufen alle LGBTIQ+-Menschen, die haupt- oder ehrenamtlich für die katholische Kirche tätig sind, dazu auf, sich der Initiative anzuschließen.
Die Mitwirkenden der Initiative rufen alle LGBTIQ+-Menschen, die haupt- oder ehrenamtlich für die katholische Kirche tätig sind, dazu auf, sich der Initiative anzuschließen. (Foto: CC0 Public Domain / Pexels - Sharon McCutcheon)

Die Akteur:innen der Initiative rufen alle LGBTIQ+-Menschen, die haupt- oder ehrenamtlich für die katholische Kirche tätig sind, dazu auf, sich der Initiative anzuschließen. LGBTIQ+ steht für lesbisch, schwul, bisexuell, trans, inter und queer, das Pluszeichen für weitere Identitäten und Geschlechter.

Die Dokumentation „Wie Gott uns schuf“ von Hajo Seppelt, Katharina Kühn, Marc Rosenthal und Peter Wozny wird am Montagabend 24. Januar um 20:30 Uhr auf dem Sender „Das Erste“ laufen. Sie ist bereits jetzt in der ARD-Mediathek zu sehen.

Menschen bei Twitter sind berührt von der Aktion und sprechen ihre Zustimmung aus. So auch Elisabeth Kula, Fraktionsvorsitzende von Die Linke im hessischen Landtag: „Ich bin kurz vor der Hochzeit meiner Frau und mir aus der Kath. Kirche ausgetreten. Natürlich gab es viele andere Gründe. Dennoch freue ich mich über Bewegung innerhalb der Kirche und mutige Menschen, die für alle anderen erste Schritte gehen – Danke! #OutInChurch“

Auch Fridays for Future-Aktivistin Paula Marie twitterte: „Ab dem Moment seines Outings hat mein bester Freund all den Halt, den er davor in seiner Gemeinde hatte, verloren. Und ich bin heute so dankbar für die mutigen Menschen hinter #OutInChurch & #WieGottUnsSchuf. Danke danke danke. Ich wünschte, er könnte das sehen“

Utopia meint: Jeder Mensch sollte zu seiner Sexualität stehen dürfen und sich jedem Geschlecht zugehörig fühlen – egal welcher Religion eine Person angehört. Niemand sollte deshalb diskriminiert oder benachteiligt werden. #OutInChurch ist eine mutige und wichtige Aktion, die hoffentlich ein Umdenken in der katholischen Kirche anstößt.

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