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Oscar-prämierter Film ging bei Netflix unter: Darum solltest du ihn sehen

Die Elefantenflüsterer
Foto: Netflix

Der Netflix-Film „Die Elefantenflüsterer“ wurde bei den Oscars ausgezeichnet. Gesehen haben ihn in Deutschland bislang aber nur wenige. Schade, denn die Tierdoku vermittelt eine Perspektive, die unsere Welt gut brauchen kann. Ein Kommentar.

In der Nacht von Sonntag auf Montag wurden zum 95. Mal die Oscars verliehen. Doch während alle Welt über den unglaublichen Siegeszug des siebenfachen Gewinners „Everything Everywhere All at Once“ berichtet und deutsche Medien vor allem den Rekordabräumer „Im Westen Nichts Neues“ feiern (beides sehr sehenswerte Filme), wird die kleine Netflix-Doku „Die Elefantenflüsterer“ leider nur wenig beachtet.

Ein Oscar-Hit und trotzdem ein Geheimtipp

Als Sieger in der Kategorie „Bester Dokumentar-Kurzfilm“ hat „Die Elefantenflüsterer“ genauso viele Oscars erhalten wie der Mega-Hit „Avatar: The Way Of Water“ (nämlich einen). Doch im Vergleich mit dem blaugetünchten Blockbuster-Epos hat das nischige Netflix-Kleinod kaum jemand gesehen.

Kurzfilme bei den Oscars, das ist ein bisschen wie die Fußball-WM der U21: im Grunde der gleiche Wettbewerb, aber in einer Kategorie, die vergleichsweise nur wenige Fans interessiert.

Auch auf Netflix ist der Anteil derer, die sich Dokumentar-Kurzfilme ansehen, eher gering. Das Genre taucht so gut wie nie in den Trends des Streaming-Anbieters auf. Zwar gibt Netflix außerhalb seiner Top-10-Listen keine exakten Zahlen zu seinen Filmen und Serien heraus, weshalb sich keine eindeutige Aussage über die Wiedergabezeit von „Die Elefantenflüsterer“ machen lässt. Doch aufgrund der geringen medialen Aufmerksamkeit und anderer Indikatoren, wie etwa dem Google-Suchvolumen, ist davon auszugehen, dass „Die Elefantenflüsterer“ in Deutschland kaum jemanden interessiert hat.

Dabei hat die Netflix-Doku mehr Aufmerksamkeit verdient. „Die Elefantenflüsterer“ zeigt auf wunderschöne und herzerwärmende Weise, wie eng das Band zwischen Mensch und Tier sein kann und ist allein deshalb schon einen Blick wert.

Darum geht es in „Die Elefantenflüsterer“ auf Netflix

Die 40-minütige Doku handelt von Bomman und Bellie, einem indischen Paar, das sich in einem Nationalpark um ein verwaistes Elefantenbaby namens Raghu kümmert. Als die beiden Tierpfleger:innen den kleinen Dickhäuter bei sich aufnehmen, ist er schwer verletzt. Kaum jemand glaubt daran, dass Raghu überhaupt zu retten sei. Doch Bomman und Bellie widmen von nun an ihr ganzes Leben der Aufzucht des Elefanten. Drei Jahre später ist Raghu für sie wie ein eigener Sohn und weicht ihnen kaum von der Seite.

„Die Elefantenflüsterer“ zeigt den Alltag dieser ganz und gar nicht alltäglichen Familie, deren idyllische Nationalparkheimat für einige wunderschön anmutige Tier- und Naturaufnahmen sorgt. Trotz des heißen südindischen Klimas ist aber nicht alles eitel Sonnenschein. Denn der emotionale Kern von „Die Elefantenflüsterer“ basiert auf vorangegangenem Leid, durch das die schönen Momente umso intensiver wirken.

Anmerkung: Der Trailer ist in der Originalsprache Tamil. Doch auf Netflix steht der Film auch mit deutscher Sprachausgabe sowie mit deutschen Untertiteln zur Verfügung.

Eine herzzerreißende wahre Geschichte

Nicht nur Elefantenwaise Raghu, der als Kind seine Eltern verlor und von streunenden Hunden schwer verletzt wurde, hat viel durchlitten, sondern auch seine Ziehmutter.

Bellie berichtet davon, wie ihr ehemaliger Mann einem Tiger zum Opfer fiel. Vor Kurzem sei dann auch ihre Tochter gestorben. „Als ich weinte, wischte Raghu mir die Tränen mit dem Rüssel ab. Diese kleine Geste tröstete mich“, erklärt die hinterbliebene Mutter mit nassen Augen.

Das Elefantenkind, dessen Leben sie einst rettete, gab ihr in ihrer dunkelsten Stunde neue Kraft. Die Beziehung zwischen Bellie und Raghu bekommt so eine poetische Dimension, die zu Tränen rührt und erfahrbar macht, wie eng das Band zwischen einem Mensch und einem Tier sein kann.

Schluss mit Speziesimus!

Wer ohnehin schon ein Faible für Elefanten hat, wird die Dickhäuter dank „Die Elefantenflüsterer“ noch mehr lieben lernen. Doch eigentlich sollten vor allem all jene die Netflix-Doku anschauen, die bisher höchstens dann Kontakt mit Tieren haben, wenn sie auf deren Tellern landen.

Es mag etwas weit hergeholt wirken, nun den Bogen zum Fleischkonsum zu spannen. Doch in der Massentierhaltung passiert Schweinen, Kühen und anderen sogenannten Nutztieren tagtäglich millionenfach noch Schlimmeres als das, was Raghu als Baby durchmachte. Die Netflix-Doku verdeutlicht eben, wie ignorant unser Umgang mit Tieren teilweise ist. Schließlich werden auch Elefanten noch immer von Menschen gejagt und getötet, um deren Elfenbein zu plündern. Einige Arten sind aufgrund von Wilderei bereits vom Aussterben bedroht.

Egal ob Massentierhaltung oder Wilderei: Beiden brutalen Praktiken liegt der Speziesismus zugrunde, also die Weltanschauung, dass der Mensch als überlegenes Wesen andere Tiere beherrschen und benutzen darf. „Die Elefantenflüsterer“ löst diese erfundene Hierarchie zumindest für die titelgebenden Rüsseltiere auf, indem Elefant und Mensch eine Familie bilden.

„Die Elefantenflüsterer“ vermittelt Empathie

Tatsächlich erinnern die Interaktionen zwischen Raghu und seinen Pfleger:innen an typische menschliche Eltern-Sohn-Beziehungen. Raghu kuschelt mit seinen Zieheltern, verhält sich beim Füttern so wählerisch wie ein kleiner Menschenjunge und spielt sogar Fußball!

Wer diese Bilder sieht, wird kaum leugnen können, dass auch Säugetiere, die nicht der Gattung Homo angehören, komplexe soziale Wesen sind, die Emotionen wie Glück und Leid empfinden können.

„Alles an ihm ist wie bei einem Menschen, nur dass er nicht sprechen kann“, beschreibt Bellie ihren tierischen Schützling. Dokumentationen wie „Die Elefantenflüsterer“ lassen uns nicht direkt mit anderen Spezies kommunizieren. Doch mit ihren Bildern und Geschichten könne sie als Dolmetscher dienen, uns die Gefühlswelten anderer Lebewesen näher bringen und somit unsere Empathie erweitern – allein das ist schon viel wert.

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