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Speziesismus: Was hinter dem Begriff steckt

Speziesismus
Foto: CC0/pixabay/Ebay_thehappybotanist

Als Speziesismus wird die Diskriminierung und Ausbeutung von Tieren aufgrund ihrer Artzugehörigkeit bezeichnet. Was genau hinter dem Konzept steckt und was du tun kannst, erfährst du hier.

Speziesismus äußert sich darin, dass Tiere aufgrund ihrer Spezies als minderwertig oder als Ressourcen betrachtet werden: Menschen praktizieren Speziesismus zum Beispiel, indem sie Tiere für Unterhaltungszwecke wie Zirkusse oder bestimmte Tierarten als Nahrungsmittel nutzen.

Dabei haben Tiere wie alle Lebewesen ein Recht zu leben. Sie haben Grundbedürfnisse wie essen, trinken oder einen sicheren Ort zum Ausruhen. Das bedeutet nicht, dass Tiere wie Menschen zu behandeln sind. Für solches Verhalten, meist gegenüber Haustieren, steht der Begriff Anthropomorphismus. Die Rechte der Tiere zu achten, bedeutet, ihnen ein artgerechtes Leben zu ermöglichen.

Speziesismus im Alltag: einige Beispiele

Massentierhalten ist eine Form von Speziesismus.
Massentierhalten ist eine Form von Speziesismus.
(Foto: CC0 / Pixabay / RitaE)

Speziesismus ist, wenn der Mensch Tieren diese Grundrechte verweigert und ihre Bedürfnisse missachtet. Tiere erfahren so eine pauschale Diskriminierung, weil sie einer anderen Spezies angehören. Greenpeace erklärt den Begriff Speziesismus als eine Form von Diskriminierung – genauso wie Sexismus oder Rassismus.

Wenn Menschen Diskriminierungen erfahren, weil sie beispielsweise einer anderen Ethnie angehören oder eine andere Religion haben, ist dies ein Verstoß gegen das deutsche Grundgesetz (GG). Artikel 3 GG besagt: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“

Anders sieht es bei Tieren aus. Hier ist die Diskriminierung so geläufig, dass sie kaum jemand hinterfragt.

Einige Beispiele für Speziesismus, dem wir täglich begegnen können:

  • Tierversuche: Um Wirkstoffe in Medikamente oder Kosmetika zu testen, dienen oft Tiere als Versuchsobjekte. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Ratten, Mäuse, Hunde oder Menschenaffen handelt. Jedes Tier verspürt Schmerzen und leidet darunter.
  • Massentierhaltung: Wegen wirtschaftlicher Interessen behandelt der Mensch Tiere wie eine Ware. Kühe, Schweine oder Hühner vegetieren unter anderem in zu engen Käfigen dahin. 
  • Kükenschreddern: Allein der Nutzen, den das Tier für den Mensch hat, entscheidet, ob es leben darf oder nicht. Männliche Küken von Legehennen legen keine Eier, also sind sie wertlos. Der Schredder nimmt den Küken, kurz nachdem sie geschlüpft sind, das Leben. In Deutschland ist das seit 2022 verboten.

Speziesismus begegnet uns jeden Tag

Speziesismus erfahren meistens eher Nutztiere, als Haustier.
Speziesismus erfahren meistens eher Nutztiere, als Haustier.
(Foto: CC0/pixabay/cathepis)

Der Begriff Speziesismus stammt aus der Tierethik. Ethik im Allgemeinen ist ein Zweig der Philosophie, die sich damit beschäftigt, wie moralisch Menschen handeln. Laut Gablers Wirtschaftslexikon geht es bei der Tierethik darum, welche moralischen Pflichten der Mensch gegenüber Tieren hat. Der Mensch soll die speziellen Bedürfnisse der Tiere in seinem Handeln berücksichtigen.

Beispielsweise ist die Unterscheidung zwischen Haus- und Nutztieren bei näherer Betrachtung willkürlich. Haustiere nehmen die Menschen viel eher als fühlende Lebewesen war und bringen ihnen Mitleid entgegen. Anders sieht es bei Nutztieren aus.

Die Tierschutzorganisation PETA führt ein eindringliches Beispiel an. Es zeigt, wie sehr die Wertschätzung von Tieren von dieser Einteilung abhängig ist:

  • Ein Hund muss im Sommer in einem überhitztem Auto warten. Zu Recht sind Passant:innen wütend und versuchen, dem Hund zu helfen.
  • Dagegen sind den wenigsten die Leiden von Millionen von Kühen und Schweinen bewusst, die in engen Transportern ihre Fahrt zum Schlachthof antreten. Auf oftmals stundenlangen Fahrten verenden viele Tiere qualvoll in der Sommerhitze oder erfrieren im Winter.

Je nach Kulturkreis kann die Wertschätzung für Tierarten unterschiedlich sein:

  • Bei uns ist für die meisten die Vorstellung abwegig, Hunde- oder Pferdefleisch zu essen. In anderen Kulturen findet sich das Fleisch dieser Tiere durchaus auf dem Speiseplan.
  • Anhänger:innen des Hinduismus in Indien würden nicht auf die Idee kommen, das Fleisch von Rindern zu essen. Die Tiere gelten in ihrer Religion als heilig. In vielen anderen Ländern dagegen ist ein Rindersteak eine Delikatesse.

Für Speziesismus gibt es keine Rechtfertigung

Speziesismus erfahren auch Delfine, die in engen Becken leben müssen.
Speziesismus erfahren auch Delfine, die in engen Becken leben müssen.
(Foto: CC0/pixabay/christels)

Die Tierethik wendet sich gegen die Ausbeutung von Tieren. Aus ihrer Sicht gibt es kein objektives Argument, Tiere nicht artgerecht zu behandeln.

Viele der Rechtfertigungen für Speziesismus lassen sich anfechten: 

  • Tiere sind nicht so intelligent wie Menschen: Auch Menschen haben nicht alle die gleiche Intelligenz, gemessen am Intelligenzquotienten (IQ). Ein Menschenaffe oder ein Delfin können demnach intelligenter sein als ein Säugling. Die Pharmazeutische Zeitung berichtet beispielsweise von Delfinen, die unsere Gebärdensprache erlernten. Trotzdem sperrt der Mensch Delfine in zu kleine Wasserbecken, die nicht dem Bewegungsdrang der Tiere entsprechen.
  • Tiere sind keine fühlenden Wesen: PETA zitiert den Philosophen Jeremy Bentham aus dem 18. Jahrhundert. Von ihm ist überliefert: Es kommt nicht darauf an, ob Tiere denken oder reden können – sondern, ob sie leiden können. Tiere empfinden, sie können Leid und Trauer ausdrücken. Das Wissensmagazin Spektrum berichtet Tieren, die um tote Artgenossen trauern.

Kannst du Speziesismus vermeiden?

Um Speziesismus zu vermeiden, bleibt nur die Alternative, keine Tiere zu nutzen. Das bedeutet also, keine Tierprodukte zu essen – ein veganer Lebensstil?

Ob diese Schlussfolgerung gerechtfertigt ist, ist unter Tierethiker:innen umstritten. Ist Tierhaltung grundsätzlich Speziesismus? In einem Punkt besteht jedoch Einigkeit: Tieren zu quälen, ist moralisch nicht vertretbar.

  • PETA empfiehlt, seine eigenen Handlungen dahingehend zu überprüfen, ob sie Tieren Schaden zufügen. Die Tiere sollen in Ruhe leben können.
  • Im Magazin Cicero vertritt der Philosoph Norbert Hoerster einen pragmatischen Weg. Nutztiere sollten ohne Qualen leben und einen schnellen Tod erleiden. Dann sei es legitim, das Fleisch zu essen.

Ob du nun ganz vegan lebst oder ab und an mal ein Stück Käse oder Fleisch aus artgerechter Tierhaltung isst – das ist eine Entscheidung, die du für dich selbst treffen musst. Sei dir bewusst, dass du mit deinem Kaufverhalten Signale zum Wohle der Tiere setzte kannst.

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English version available: Speciesism: What Does It Mean and How Can We Prevent It?

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