Utopia-Redakteurin Kathi hat es der Norden angetan. Diesen Sommer reisten sie und ihr Freund nach Schottland – mit Zug, Fähre und Mietauto. Im Vergleich zum Rückflug war die lange Anfahrt für sie um einiges entspannter.
Viele Wege führen nach Schottland. Ich wollte dieses Jahr einen ausprobieren, der nicht über einen Flughafen führt. Zum einen, weil ich damit klimaschädliche Emissionen vermeiden wollte. Zum anderen, weil ich es aufregend finde, zu reisen. Steigt man ins Flugzeug, ist man in wenigen Stunden in Großbritannien und betrachtet in der Zwischenzeit vor allem Wolken. Verzichtet man darauf, ist man zwar tagelang unterwegs, bekommt aber jeden Meter mit – von der eigenen Haustür bis zum Urlaubsziel.
Mein Freund dagegen wollte lieber fliegen: Das koste weniger Urlaubstage, argumentierte er. Außerdem stellten wir schnell fest, dass Fliegen in vielen Fällen auch deutlich günstiger ist. Schließlich einigten wir uns auf einen Kompromiss: Nach Schottland wollten wir ohne Flugzeug reisen, zurück nach Deutschland aber fliegen.
Nach Schottland mit dem Zug: die Planung
Unser Ziel war die Isle of Skye, im Nordwesten Schottlands. Sie ist die größte Insel der inneren Hebriden und bekannt für ihre atemberaubende Landschaft. Die Region ist recht abgeschieden, es gibt keinen größeren Bahnhof oder Flughafen. Wir machten uns also auf die Suche nach einer Verbindung nach Inverness, eine größere Stadt in circa 130 Kilometern Entfernung.
Das Internet lieferte auch prompt mehrere Optionen: Man kann zum Beispiel mit dem Zug über Paris und London fahren und dann mit mehreren Zwischenstopps gen Norden. Wer ein Auto hat – was auf uns nicht zutrifft –, kann per Fähre übersetzen oder per Autozug den Eurotunnel nach Großbritannien durchqueren. Für besonders hart Gesottene besteht auch die Option Fernbus (Fahrtzeit von München nach London: circa 22 Stunden, dann kann man per Zug weiterreisen.)
Ohne Flugzeug dauert die Anfahrt nach Schottland also eine ganze Weile. Entsprechend wählten wir eine Route mit möglichst vielen interessanten Zwischenstopps: Erst mit der Deutschen Bahn nach Amsterdam, dann per Fähre nach Newcastle upon Tyne, nahe des Hadrian‘s Wall, per Zug weiter nach Inverness und schließlich mit einem Mietauto auf die Isle of Skye.
Die Anreise per Zug und Schiff
Die erste Etappe legten wir im ICE der Deutschen Bahn zurück – und planten viel Puffer für Verzögerungen durch Verspätungen ein, inklusive einer Übernachtung in Amsterdam. Unsere Ängste erwiesen sich als unbegründet: Der erste Zug fuhr planmäßig, der zweite, in den wir in Düsseldorf zustiegen, hatte weniger als eine Stunde Verspätung. Wir erreichten Amsterdam am frühen Abend ohne weitere Zwischenfälle. Dort hatten wir fast 24 Stunden Aufenthalt, die wir nutzen konnten, um die Stadt zu erkunden.
Am Nachmittag des zweiten Reisetags ging es per Shuttlebus zur Fähre. Diese legte um 17:30 Uhr ab, weniger als 17 Stunden später waren wir in Newcastle upon Tyne. Auf dem Schiff gab es einige Restaurants, Bars und Cafés, teilweise sogar mit Livemusik – und zahlreiche weitere Optionen, sich die Zeit zu vertreiben. Leider bekam ich davon nicht viel mit, weil ich nicht besonders seefest bin und mich nach einer Reisetablette in meine Kabine zurückzog. Am nächsten Morgen war es vorbei mit der Seekrankheit und ich konnte auf Deck die Aussicht genießen und beobachten, wie wir uns dem Hafen näherten.
Amsterdam, Newcastle und Edinburgh
Newcastle upon Tyne ist eine Universitätsstadt im Nordosten Englands, knapp vor der schottischen Grenze. Besonders sehenswert: Eine kleine Burg im Stadtzentrum, von deren Türmen aus man die Innenstadt überblicken kann. Und der Hadrian’s Wall, den man per Zug und Bus erreicht, und entlang dem es malerische Wanderrouten gibt.
Nach ein paar Tagen zogen wir weiter gen Norden: mit dem Zug, über Edinburgh, nach Inverness. Die Fahrt verlief problemlos – das scheint in Großbritannien meistens der Fall zu sein: Am Bahnhof sah ich öfter Anzeigen, laut denen kaum ein Zug Verspätung hatte.
Von Inverness aus ist es ein Katzensprung zum berühmten Loch Ness. Nessie haben wir dort nicht gesehen, dafür aber Urquhart Castle besichtigt – eine Burgruine mit Blick auf den See. Wer an Geschichte interessiert ist, kann in der Nähe auch Steinkreise besichtigen, zum Beispiel um die Hügelgräber Clava Cairns nahe des Flughafens. Auch die Schlacht bei Culloden, die den Jakobitenauftand von 1745 beendete, fand in der Nähe statt.
Unser letzter Stopp war die Isle of Skye. Die letzten Kilometer zu unserem Zielort legten wir per Mietauto zurück. Das Auto behielten wir auch für den Rest der Reise, weil der öffentliche Nahverkehr auf Skye nicht sehr gut ausgebaut ist. Vor dem Linksverkehr hatten wir anfangs großen Respekt, aber nach ein paar Kilometern hatte man sich bereits umgewöhnt – und die Straßen auf der Insel selbst waren recht übersichtlich. Häufig gab es sogar nur eine einzige Spur mit sogenannten „Passing Spaces“ – also Ausbuchtungen, an denen man anhalten und entgegenkommende Fahrzeuge durchlassen konnte.
Skye selbst hat eigentlich nur eine Stadt (Portree mit circa 2.300 Einwohner:innen); sobald man diese verlässt, ist man sofort von schöner Natur umgeben. Auf der Insel gibt es unter anderem „Fairy Pools“ (eine Reihe Wasserfälle), abgelegene Strände und Dinosaurierfußabdrücke zu sehen. Wer gerne wandert, kommt ebenfalls auf seine Kosten. Unterkünfte gibt es unter anderem in den vielen kleinen Orten auf der Insel. Ich empfehle eine mit Küche zu buchen, denn Restaurants sind spärlich gesät und oft ausgebucht.
Reisen mal anders: Der Weg ist das Ziel
Auf dem Weg nach Schottland lernte ich eine ganz neue Art zu reisen kennen. Unser Ziel war die Isle of Skye, dort verbrachten wir auch fast eine Woche. Doch auf dem Weg dorthin haben wir noch viele weitere Orte besucht und für uns entdeckt. Für mich fühlte sich die Reise dadurch nicht nur länger, sondern auch vielfältiger an. Und entzerrter, weil wir nie einen ganzen Tag reisten, sondern oft nur einige Stunden bis zur nächsten Station.
Um so zu reisen, muss man einiges an Zeit mitbringen – wir hatten mehr als zwei Wochen eingeplant. Und günstig ist sie auch nicht: Zu zweit zahlten wir 950 Euro allein für den Transport. Am teuersten war dabei das Mietauto – beim nächsten Urlaub werden wir ein Ziel suchen, an dem man auf das Auto verzichten kann.
Der Rückflug kostete für uns beide nur 420 Euro, also circa die Hälfte. Dafür war er um einiges eintöniger – und anstrengender.
Die Rückreise per Mietauto und Flugzeug
Am letzten Tag der Reise brachen wir um circa 8 Uhr (Ortszeit) bei unserer Unterkunft nahe Broadford auf Skye auf. In München landeten wir erst um 23:30 Uhr (deutscher Zeit) – insgesamt waren wir also über 14 Stunden unterwegs.
Wir hatten zunächst erneut eine Autofahrt nach Inverness vor uns und mussten dort das Mietauto zurückgeben. Darauf folgte einige Wartezeit am Flughafen. Außerdem hatten wir keinen Direktflug gebucht, sondern einen günstigeren mit einigen Stunden Aufenthalt in London. Zwischenhalte hatten wir auch bei den Zugreisen erlebt, aber diese waren in der Regel kürzer oder man konnte den Bahnhof verlassen. Beim Flughafen ist das natürlich nicht möglich. Für mich war der letzte Tag deshalb der längste und der anstrengendste Teil unserer Reise.
Wäre ich lieber die ganze Strecke erneut mit Zug und Schiff zurückgefahren? Nicht genau so wie auf der Hinfahrt – meine Urlaubstage sind schließlich begrenzt. Aber ich denke schon, dass man Reisen so planen kann, dass sowohl die Hin- als auch die Rückfahrt zum Abenteuer wird. Vielleicht, wenn man nicht ganz so weit nach Norden fährt und dazu weniger Zwischenstopps auf der Hinfahrt plant. Stattdessen kann man sich eine andere Route mit spannenden Zwischenstopps für die Rückfahrt überlegen. Komfortabler als die Flugreise war unsere Anfahrt für mich allemal – und ein kleines Abenteuer, an das ich gern zurückdenken werde.
Meinem Freund hat die Anreise übrigens ebenfalls Spaß gemacht – vielleicht kommen wir das nächste Mal ganz ohne Flugzeug aus. Der Urlaub endet sowieso meist zu abrupt. Ich kann nur empfehlen, ihn mit einer Zugreise und einer letzten Übernachtung an einem schönen Ort ausklingen zu lassen.
Reisen ohne Flugzeug: Was bringt es fürs Klima?
Kein Flugzeug, dafür Auto, Fähre, Zug – was heißt das nun fürs Klima? Macht das bei so vielen Verkehrsmitteln mit Blick auf die CO2-Emissionen überhaupt noch einen Unterschied?
Das habe ich mich auch gefragt und den Wert für Hin- und Rückreise grob überschlagen.
Zuerst die Rückreise: Laut CO2-Rechner Greenmobility erzeugt ein Flug von Inverness nach London pro Person 249,3 Kilogramm CO2. Von London nach München sind es 350,9 Kilogramm, zusammen also knapp 600 Kilo CO2. Dazu kommt noch die Fahrt von Broadford (Skye) nach Inverness in einem Benziner, also 32,5 Kilo. Insgesamt stößt eine einzelne Person bei so einer Reise etwas über 630 Kilo CO2 aus. Greenmobility addiert zusätzlich einen Sicherheitspuffer von 20 Prozent der Emissionen, da es sich hier nur um einen groben Vergleich handelt, habe ich ihn weggelassen.
Nun zur Hinfahrt: Die beiden Zugfahrten von München nach Amsterdam und von Newcastle upon Tyne nach Inverness produzieren laut Greenmobility 53,5 beziehungsweise 31,4 Kilo CO2. Dazu kommt die Autofahrt von Inverness nach Broadford, also wieder 32,5 Kilo. Fähren werden leider in kaum einem CO2-Rechner berücksichtigt. Laut Umweltnetz Schweiz liegt der CO2-Ausstoß für Passagier:innen ohne Auto bei rund 18 Gramm CO2 pro Kilometer. Bei einer Distanz von 516,74 km Luftlinie kommt man ungefähr auf 9,3 Kilo CO2.
Das erscheint sehr wenig – laut Guardian sorgt unter anderem die große Anzahl an Passagier:innen auf einer Fähre, die den Kanal zwischen Großbritannien und Europa überquert, für die niedrigen Emissionswerte pro Person. Rechnet man mit diesem Wert, fallen auf der Hinfahrt insgesamt 126,7 Kilo CO2 pro Person an.
Eine Auswertung des Umweltbundesamts (UBA) schlägt allerdings deutlich höhere Werte für Fähren vor: Eine Seefähre, die sowohl Passagiere als auch Kraftfahrzeuge befördert, kommt demnach auf 0,28 Kilo CO2-Äquivalente pro Personenkilometer. Umgerechnet wären das etwa 144,7 Kilo Emissionen. Da die Zahl des UBA nicht nur CO2 berücksichtigt sondern auch andere Treibhausgase, lässt sie sich eigentlich nicht mit den übrigen Werten addieren. Tut man es einer groben Übersicht halber trotzdem, käme man auf circa 262,1 Kilo – also immer noch deutlich weniger als die Flugreise.
Beide Rechnungen sind wie gesagt nur eine grobe Annäherung. Die Zahlen können in Realität abweichen, aber sie zeigen einen klaren Trend auf: Auf das Flugzeug zu verzichten lohnt sich – nicht nur wegen des Reiseerlebnisses, sondern auch fürs Klima.
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