Das Wasserglas von gestern steht noch auf dem Tisch oder die angebrochene Wasserflasche von neulich auf dem Tresen. Ganz frisch sind sie nicht mehr, aber muss man sie deshalb wegschütten? Wie lange du abgestandenes Wasser trinken kannst.
Schenkt man sich ein Glas Wasser ein und lässt es einige Stunden lang stehen, kann sich der Geschmack ändern. Abgestandenes Wasser wird mit der Zeit schal und kann säuerlich schmecken. Das liegt an einer chemischen Reaktion mit dem Sauerstoff in der Umgebung, erklärt Anja Schwengel-Exner, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale, gegenüber Tagesspiegel. Dadurch ändere sich unter anderem der pH-Wert.
Doch sollte man abgestandenes Wasser noch trinken? Utopia hat bei einem Experten nachgefragt.
Wird Wasser schlecht?
Wasser ist sehr keimarm. Ein Glas Leitungswasser enthält etwa maximal 100 Keime pro Milliliter, erklärt Markus Egert gegenüber Utopia. Er ist Mikrobiologe und seit 2011 Professor an der Hochschule Furtwangen. „Wasser bietet Keimen kaum Vermehrungsmöglichkeiten, da es sehr nährstoffarm ist“, so der Experte.
Dem Bundeszentrum für Ernährung (BzfE) zufolge könnte Leitungswasser theoretisch ewig halten – aber nur unter idealen Bedingungen.
Denn etwa die Umgebungsluft kann durchaus Keime in das Wasserglas übertragen. Zudem können Licht, Wärme und Verschmutzungen in Gläsern und Flaschen oder Essensreste, die über den Mund oder Speichel in das Wasser gelangen, die Keimbelastung steigern. Deshalb hält selbst Wasser nicht ewig. Doch wie lange genau?
Übrigens: Andere wasserhaltige Getränke wie Tee, Saftschorlen oder Softdrinks können mehr Keime enthalten als pures Wasser. Wie das BzfE erklärt, können sich Umweltkeime unter anderem von aus Tee gelösten Stoffen ernähren – und entsprechend vermehren.
Wie lange ist Wasser trinkbar?
Egert zufolge kann man ein Glas Leitungswasser „bedenkenlos über Nacht stehen lassen und immer wieder mal daraus trinken“. Ab circa 24 Stunden würde der Experte das abgestandene Wasser aber austauschen.
Bei Mineralwasser reiche es dagegen, eine angebrochene Flasche innerhalb weniger Tage aufzubrauchen, wenn man sie immer gut verschließt und kühl lagert. „Wasser mit Kohlensäuren ist länger haltbar als Wasser ohne, da die Säure Keime tötet“, so Egert.
An Geruch und Aussehen kann man sich leider nicht orientieren. Wasser wird laut Egert erst ab 100.000 Keimen pro Milliliter trüb, das sei „deutlich jenseits der Genussgrenze“.
Das Umweltbundesamt (UBA) empfiehlt zudem, Leitungswasser nicht zum Kochen oder Trinken zu nutzen, wenn es länger als vier Stunden in der Leitung gestanden hat. „Lassen Sie Stagnationswasser ablaufen und machen Sie die ‚Fingerprobe‘: Frisches Wasser ist merklich kühler als Stagnationswasser“, rät das Amt. Unter anderem können sich Stoffe aus Armaturen und Leitungen im Wasser absetzen.
Abgestandenes Wasser trinken: Gibt es gesundheitliche Risiken?
Bleibt Wasser offen stehen, schmeckt es mit der Zeit abgestanden und gleicht sich an die Temperatur im Raum an. Gesundheitliche Bedenken sieht Experte Markus Egert aber wenige. Mit dem Speichel könnten beim Trinken Keime ins Wasser gelangen, welche aber kaum gefährlich seien – vor allem, wenn nur man selbst aus dem Glas trinkt.
Wie oben beschrieben, kann die Keimbelastung über lange Zeiträume und unter bestimmten Umständen mit der Zeit steigen. Laut Egert sind theoretisch Magen-Darm-Erkrankungen möglich. Der Mikrobiologe sieht – wenn überhaupt – immungeschwächte, alte und kranke Menschen gefährdet.
Statt trinken: Wie du abgestandenes Wasser verwendest
Du hast Wasser lange offen stehen lassen und willst es nun nicht mehr trinken? Dann musst du es nicht wegschütten.
- Theoretisch kann das Wasser durch Abkochen wieder sterilisiert werden, erklärt Markus Egert. Das kostet allerdings Energie, und frisches Wasser aus der Leitung ist für durchschnittlich 0,2 Cent pro Liter (Quelle: Verivox) stets verfügbar.
- Alternativ kannst du das alte Wasser für Hausarbeit nutzen, etwa zum Putzen oder Blumengießen. „Da machen ein paar Keime nichts aus“, betont der Experte.
Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.
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