BYD: Wie der chinesische E-Auto-Riese Europa unter Druck setzt

Mehrere BYD Elektroautos auf einer Bühne
Foto: BYD

Mit innovativer Batterietechnik, ambitionierten Klimazielen und einer vollständig integrierten Produktion treibt BYD die Mobilitätswende voran. Das Unternehmen aus China verbindet Technologie, Nachhaltigkeit und Industriepolitik wie kaum ein zweiter Autohersteller. Utopia.de erklärt, wie der chinesische Konzern die Autowelt verändert – und welche Impulse Europa daraus ziehen sollte.

Ein Hersteller aus dem Reich der Mitte mischt die Autobranche auf: BYD. Das Unternehmen entwickelte sich innerhalb weniger Jahrzehnte vom Batterieproduzenten zu einem globalen Technologiekonzern, der die Elektromobilität maßgeblich prägt und neben Tesla mit Abstand die meisten E-Autos weltweit verkauft. BYD selbst beschreibt seine Mission so: „Wir setzen uns für den Aufbau eines emissionsfreien Ökosystems durch konsequente Elektrifizierung ein, von der Entwicklung unserer Elektro- und Hybrid-Fahrzeuge bis hin zu den innovativen Blade-Batterien.“

Internationale Autobauer beobachten genau, wie BYD Nachhaltigkeit, Technologie und Produktion verzahnt – ein Modell, das auch für Märkte wie Deutschland richtungsweisend sein könnte.

Wertschöpfungskette bei BYD: Vertikale Integration als Erfolgsmodell

Ein Erfolgsschlüssel liegt in der vertikalen Integration: BYD produziert zentrale Komponenten selbst, darunter Batterien, Antriebe und Steuerungselektronik. Diese Unabhängigkeit verkürzt Lieferketten, senkt Kosten und reduziert Emissionen entlang der gesamten Fertigung.

Die Produktionsstätten sind nach Angaben des chinesischen Herstellers darauf ausgelegt, Abfall zu minimieren und erneuerbare Energien einzusetzen. Nach Angaben von Sustainabilitymag.com nutzt BYD an seinen Standorten zum Beispiel effiziente Abwasserentsorgungssysteme und setzt auf Verpackungsreduzierung sowie recycelbare Stahlboxen.

Batterietechnologie als strategischer Hebel für Ressourcen, Effizienz und Sicherheit

Die sogenannte „Blade Batterie“ ist ein gutes Beispiel für die Innovationskraft: Der Lithium-Eisenphosphat-Akku (LFP) von BYD gilt als eine der leistungsfähigsten und sichersten E-Fahrzeugbatterien der Welt, auch bei niedrigsten Temperaturen. Der Stromspeicher ist so konstruiert, dass er weit über 5.000 Lade- und Entladezyklen überstehen soll und damit die Lebensdauer des Fahrzeugs übertrifft.

Am Ende ihrer Lebensdauer werden die E-Auto-Akkus recycelt und in Energiespeichern oder langsam fahrenden Elektroautos weiterverwendet. Das reduziert den Bedarf an knappen Rohstoffen wie Nickel und Kobalt und unterstützt eine Kreislaufwirtschaft, die erneuerbare Energielösungen in die Lieferkette integriert.

Vom Kleinwagen bis zum Luxusauto: BYD vergrößert sein E-Angebot in Europa.
Vom Kleinwagen bis zum Luxusauto: BYD vergrößert sein E-Angebot in Europa. (Foto: BYD)

BYD bezeichnet dies als entscheidenden Hebel, um seine Nachhaltigkeitsziele zu erreichen. Was dem Anbieter kostentechnisch deutlich in die Karten spielt: Anders als Konkurrenten wie Tesla entwickelt und produziert BYD seine Batterien selbst – durch das Tochterunternehmen FinDreams Battery.

Ganzheitlicher Ansatz: BYD denkt Mobilität als vernetztes System

Von einem kleinen Start-up in den 1990ern zu einem Konzern mit weit über 500.000 Mitarbeitenden: BYD betrachtet Elektroautos nicht isoliert, sondern als Teil eines größeren, vernetzten Mobilitätssystems. Neben Pkw fertigt das Unternehmen Busse, Transporter, Energiespeicher und Solartechnik. Städte rund um die Welt setzen BYD-Flotten ein, um ihre Emissionen zu senken. Zum Portfolio gehören allerdings zu einem großen Teil auch Plug-in-Hybridmodelle, die zwar geringere Emissionen als Verbrenner ermöglichen, aus ökologischer Sicht jedoch nicht so wirken wie reine E-Autos.

Die Nachhaltigkeitsinitiativen gehen über die Fahrzeuge hinaus: BYD verfolgt laut eigenen Angaben das Ziel, die Erde um ein Grad Celsius abzukühlen. Das symbolische Ziel soll die Dringlichkeit der Bekämpfung der Klimakrise unterstreichen, dürfte in der Praxis aber kaum umsetzbar sein. Auch soziale Verantwortung findet sich in der BYD-Philosophie – von Bildungsinitiativen über Gemeinwohlprojekte bis hin zu umweltfreundlichen Betriebsabläufen.

Meilensteine der BYD-Historie

  • 1995: Gründung der BYD Company Ltd. in Shenzhen als Hersteller von wiederaufladbaren Batterien
  • 2002/2003: Übernahme des Staatsbetriebs Xi’an Qinchuan Automobile und Neugründung unter dem Namen BYD Auto
  • 2010: Start des Joint Ventures mit Daimler zur Entwicklung elektrischer Modelle der Marke Denza
  • 2014: Eröffnung des ersten nordamerikanischen Werks für elektrische Busse in Kalifornien
  • 2017: Eröffnung des ersten europäischen Werks für elektrische Busse in Ungarn
  • 2022: BYD steigt zum weltweit größten Hersteller von Elektro- und Hybridfahrzeugen auf
  • Heute: BYD ist ein multinationaler Technologiekonzern mit Aktivitäten in Elektronik, erneuerbaren Energien, Batteriespeichern und Schienenverkehr

Globale Expansion: Wie BYD nachhaltige Mobilität exportiert

BYD arbeitet intensiv daran, seine Produktion vom Heimatmarkt China auf globale Standorte auszuweiten – mit dem Ziel, Märkte weltweit lokal zu bedienen und Lieferketten sowie Emissionen zu optimieren. Auch in Europa will der chinesische Hersteller mit eigenen Werken Kosten sparen, den ökologischen Fußabdruck reduzieren und effiziente E-Modelle in neue Märkte bringen.

Die Strategie dahinter: Elektrofahrzeuge und Energiesysteme für breite Käuferschichten verfügbar machen und so den globalen Absatz zu steigern. Die Verknüpfung mit technologischer Kompetenz ist für BYD dabei ein wichtiger Schlüssel, nachhaltige Mobilität soll weltweit skalierbar sein.

Der Startstandort in Europa ist Ungarn (Komárom), wo BYD eine Busmontagefabrik betreibt. Zudem befindet sich bei Szeged eine Autofabrik im Bau, die voraussichtlich im ersten Halbjahr 2026 ihren Betrieb aufnimmt. Auch in der Türkei (Manisa) entsteht eine riesige Produktionsstätte des asiatischen Herstellers. Darüber hinaus prüft BYD weitere EU-Standorte – etwa Spanien – sowie eine mögliche Batteriefabrik, um Fertigung und Wertschöpfung stärker in der jeweiligen Region zu verankern.

Wettbewerb und geopolitische Dynamik: Herausforderungen für den chinesischen Autobauer

Trotz aller Erfolge agiert BYD in einem zunehmend politisierten Umfeld. In den USA und Europa steigen die Anforderungen an Transparenz und nachhaltige Rohstoffgewinnung. Gleichzeitig sollen Zölle heimische Industrien vor den Rivalen aus Fernost schützen – was in den USA und den EU-Staaten jedoch die Verfügbarkeit günstiger E-Autos einschränkt.

BYD-Fabrik mit großer silberner Kuppel und Parkplatz
BYD-Fabrik mit großer Busflotte: Der chinesische Hersteller gibt an, nachhaltige Mobilität als ganzheitliches System zu betrachten. (Foto: BYD)

Dennoch investiert BYD weiter in Europa, beispielsweise in Batterierecycling, erneuerbare Energien und intelligente Fertigungssysteme. Dazu gehört auch eine Technologie, bei der gebrauchte Batterien in Energiespeicher umgewandelt werden, die in industriellen Umgebungen erneut zum Einsatz kommen. Dies stärkt die Ressourceneffizienz und reduziert den Verbrauch kritischer Materialien.

BYD als Impulsgeber? Europas Chance zur Neupositionierung

Für europäische Hersteller wie Volkswagen könnten sich aus dem Erstarken von BYD folgende Lehren ergeben: die stärkere Verzahnung von Produktion und innovativer Technologie, die Fokussierung auf skalierbare, nachhaltige und bezahlbare Modelle und die Betrachtung von Mobilität als ganzheitliches System.

Für BYD scheint Nachhaltigkeit mehr als ein Marketingbegriff zu sein, sie soll in jeder Phase von Entwicklung, Produktion und Recycling implementiert werden. Europas Herz der Autoindustrie, das lange in Deutschland beheimatet war, kann hiervon profitieren – etwa durch den weiteren Ausbau lokaler Lieferketten, von Batterietechnologien und intelligenten Fahrzeugflotten.

Für Europa könnte BYD nicht nur Rivale, sondern auch Chance sein. Wer die Lektionen dieses chinesischen Herstellers versteht, kann eigene Strategien entwickeln, die Nachhaltigkeit, Effizienz und Innovation miteinander vereinen – für die nachhaltigere Mobilität von morgen.

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