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Candystorm: Massenhafter Zuspruch im Internet statt Hass

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Foto: CC0 / Pixabay / JillWellington

Candystorm ist das positive Gegenstück zum deutlich bekannteren Phänomen des Shitstorms. Wie sich Candystorm genau äußern kann und welche Effekte er mit sich bringt, erfährst du hier.

Dass es für eine öffentliche Person auf den sozialen Medien mal wieder einen Shitstorm gab, ist eine gängige Meldung. Von einem Candystorm hören wir hingegen deutlich weniger. Das liegt eventuell auch daran, dass der Begriff erst seit dem Jahr 2012 existiert.

Erfunden hat ihn der Grünen-Politiker Volker Beck. Er hatte einen „Candystorm“ (zu Deutsch: Zucker-Sturm) für seine Partei-Kollegin Claudio Roth gefordert. Der Zuspruch in den sozialen Medien sollte Roth dazu animieren, weiterhin im Vorsitz der Partei zu bleiben, wie die Süddeutsche damals berichtete.

Das Konzept funktionierte: Zahlreiche Twitter-Nutzer:innen drückten Roth gegenüber Solidarität und Wertschätzung aus. Roth gab an, von den Tweets sehr berührt gewesen zu sein. Eventuell war dies ein entscheidender Grund, warum sie tatsächlich im Amt blieb. Ganz nebenbei hatte sich in der deutschen Sprache ein neuer Anglizismus etabliert: Der Candystorm war geboren. 

Was löst ein Candystorm aus?

Bislang gibt es für den Begriff des Candystorms noch keine einheitliche Definition. An seine Entstehungsgeschichte angelehnt bezeichnet er eine große Flut an positiven Kommentaren und Komplimenten, die Nutzer:innen auf sozialen Medien für eine Person veröffentlichen.

Die Psychologin Katharina Stenger berichtet gegenüber der Deutschen Presse-Agentur, dass diese Form des Zuspruchs für beide Seiten positive Effekte hat. Denn empfangen wir Komplimente, schüttet unser Gehirn bestimmte „Belohnungsstoffe“ aus. Diese steigern unsere Stimmung und lösen Stolz und Motivation aus.

Sind wir hingegen diejenigen, die anderen Menschen Komplimente geben, steigert dies laut Stenger unser Selbstbewusstsein. Denn während wir Komplimente und Zuspruch verteilen, nehmen wir uns selbst als sozial, hilfsbereit und sympathisch wahr. Bei einem Candystorm spüren wir zudem Verbundenheit zu all den anderen Menschen, die ebenfalls positive Nachrichten senden. Denn oft verbindet die Menschen dabei dieselbe Leidenschaft oder derselbe Wertekanon.

Stenger warnt jedoch davor, sich zu stark auf die positiven Effekte eines Candystorms zu fokussieren. Denn auch wenn es schön ist, online Zuspruch zu erfahren, sollten wir nicht vergessen, dass Begegnungen im realen Leben und die Interaktion mit „echten“ Menschen deutlich wichtiger sind. Jagen wir zu sehr der Anerkennung auf sozialen Medien hinterher, können wir das schnell aus dem Auge verlieren.

Candystorm und psychische Erkrankungen

Ein Candystorm auf Twitter und anderen sozialen Netzwerken kann auch dabei helfen, psychische Erkrankungen zu entstigmatisieren.
Ein Candystorm auf Twitter und anderen sozialen Netzwerken kann auch dabei helfen, psychische Erkrankungen zu entstigmatisieren.
(Foto: CC0 / Pixabay / Firmbee)

Laut dem Tagesspiegel kann ein Candystorm zudem durchaus eine wichtige Rolle bei der Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen spielen. So fanden sich besonders in den Lockdown-Phasen der Pandemie viele Betroffene einer Erkrankung unter dem entsprechenden Hashtag zusammen und drückten gegenseitige Anteilnahme aus.

Die Psychologin Stenger sieht dies als wichtigen Aspekt, um die Gesellschaft stärker für diese Erkrankungen zu sensibilisieren und aufzuklären. Ein Candystorm in diesem Bereich gibt Betroffenen zudem das Gefühl mit ihrer Situation nicht allein zu sein. Die Anonymität auf einer sozialen Plattform erleichtert es eventuell zudem, eigene Erfahrungen zu teilen und kann damit ein erster wichtiger Schritt in Richtung einer Behandlung sein.

Ein Begriff, hinter dem man vielleicht Ähnliches vermuten könnte, der aber in Wirklichkeit emotional schwer manipulativ ist, ist das Love Bombing:

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