Am Donnerstag sind die European Championships in München gestartet – ein riesiges Sportevent, bei dem neun Europameisterschaften auf einmal ausgetragen werden. Wir haben uns angeschaut, ob das Nachhaltigkeitskonzept der Veranstaltung aufgeht und sich andere Großveranstaltungen etwas von der Bayerischen Metropole abschauen können.
European Championships Munich 2022 – das bedeutet neun Europameisterschaften innerhalb von nur elf Tagen und das größte Sportereignis in der Bayerischen Landeshauptstadt seit den Olympischen Spielen 1972. Unter dem Motto „Back to the Roofs“ soll das Olympiastadion neben sportlichen Wettkämpfen auch ein Ort der Begegnung und des kreativen Ausprobierens sein. Zudem treten bekannte Musiker:innen kostenfrei auf dem flankierenden Festival auf.
Klingt nach einem gelungenen Sportfest, doch Sportveranstaltungen dieser Größe hinterlassen nicht nur positive Eindrücke, sondern auch einen großen ökologischen Fußabdruck. München möchte es besser machen und hat eine ehrgeizige Nachhaltigkeitsstrategie festgelegt. Wir haben uns angesehen, was die Stadt umsetzt und ob die European Championships Munich (ECS) als nachhaltiges Vorbild für künftige Sportveranstaltungen dienen können.
Das Olympiastadion – bestehende Sportstätten werden genutzt
Das Münchner Olympiastadion samt -gelände wurde für die Olympischen Spiele 1972 gebaut und wird seitdem unter anderem als Fußballstadion und für Open-Air-Konzerte genutzt. Es bildet das Herzstück der European Championships, hier finden die Wettbewerbe folgender Sportarten statt: Leichtathletik, Triathlon, Turnen, BMX Freestyle- und Mountainbike-Wettbewerbe.
Auch die anderen Europameisterschaften werden in bestehenden Wettkampfstätten ausgetragen; Kanu und Rudern an der Olympia-Regattaanlage im Norden Münchens, Tischtennis in der Rudi-Sedlmayer-Halle („Audi-Dome“). Gehen, Marathon und teilweise Straßenradsport können Besucher:innen in der Innenstadt erleben, ebenso Beachvolleyball und Klettern. Einzig für das Bahnradfahren wird in der Messe München eine temporäre Bahn gebaut.
Hier wurde vorbildlich auf eine bestehende Infrastruktur zurückgegriffen – anders als beispielsweise bei den Olympischen Winterspielen in diesem Jahr in Peking, bei denen tonnenweise Kunstschnee in eine extrem trockene Region geschafft wurden. Auch die bevorstehende Fußball-WM in Katar ist mit ihren Stadion-Neubauten in der Wüste ein Beispiel dafür, wie man sportliche Großveranstaltungen nicht planen sollte.
Wie reisen Sportler:innen und Fans an und ab?
Nicht nur die Sportstätten selbst, auch die An- und Abreise der Athlet:innen, Mitarbeitenden und Besucher:innen hat eine Auswirkung auf den ökologischen Fußabdruck einer Sportveranstaltung; ebenso sämtliche Transportaktivitäten. Zwar soll laut Veranstalter:innen das Prinzip der „kurzen Wege“ gelten und es sind zahlreiche Golfcarts im Einsatz, dennoch bleiben veranstaltungsbedingte Treibhausgasemissionen durch Mobilität und Verkehr.
Die ECS sollen voraussichtlich eine fünfstellige Menge an Treibhausgasemissionen in Tonnen CO2-Äquivalente ausstoßen. Transport und Mobilität machen hier mit rund 65 Prozent den größten Anteil aus. ECS gleicht diese Emissionen mit ClimatePartner durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten aus.
Münchens Nachhaltigkeitsstrategie auf einen Blick
Die ausgearbeitete Nachhaltigkeitsstrategie für die European Championships 2022 unterstützt die Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen, die Veranstaltung hat im November 2021 einen Zwischenbericht (PDF) veröffentlicht. Folgende sechs Bereiche stehen im Fokus:
- Nachnutzung von Sportstätten und -equipment: Die meisten Sportstätten gibt es bereits, bei den Sanierungs- und Renovierungsarbeiten sowie den temporären Bauten und dem Kauf von Sportgeräten wird darauf geachtet, dass sie weiterhin genutzt werden.
- Transport & Mobilität: Entstehende Emissionen werden klimaneutral kompensiert.
- Abfall: Ein eigenes Müllkonzept soll weniger Abfälle erzeugen und sortenrein trennen.
- Wirkung auf den Breiten- und Leistungssport: Menschen sollen langfristig zu mehr Bewegung motiviert werden, etwa durch sportliche Wettbewerbe und Aktivitäten in Kooperation mit Schulen und Universitäten.
- Inklusion und Barrierefreiheit: Die Veranstaltung beinhaltet eine barrierearme Website und barrierefreie Services sowie inklusive, sportliche Aktivitäten während des Events.
- Lokale Wertschöpfung: Die Region München sowie die Partner der Veranstaltung sollen langfristig profitieren. Die lokale Kunst-, Kultur- Hotellerie- und Gastronomieszene ist beim begleitenden Festival „The Roofs“ mit dabei.
Nachhaltigkeit leben: Die Initiative Count & Last
Um einen Beitrag zur ökonomischen, sozialen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit der European Championships Munich zu leisten, wurde die Initiative Count & Last ins Leben gerufen. Sie beinhaltet seit September 2021 zwölf Projekte plus gezielte Maßnahmen bei der Veranstaltungsorganisation.
In den vergangenen Monaten wurden durch die Projekte zum Beispiel Blumen im Olympiapark gepflanzt, sportliche Weihnachtspakete an Kinder in Osteuropa verschickt und ein Aktionstag für Geflüchtete organisiert, an dem sie sportliche Aktivitäten ausprobieren konnten. Nach eigener Aussage will die Initiative ein „inspirierendes und nachhaltiges Erbe für alle Beteiligten und zukünftige Sportveranstaltungen hinterlassen“.
Utopia meint: Die Veranstalter:innen unternehmen einiges, um die European Championships Munich einerseits unvergesslich und gleichzeitig umweltverträglich zu gestalten. Der wichtigste Aspekt bei Events dieser Größe ist, Nachhaltigkeit schon bei der Planung mitzudenken und über die langfristige Nutzung neu entstehender Sportstätten nachzudenken. In München wird das Olympiagelände auch weiterhin Ort für sportliche und kulturelle Veranstaltungen bleiben.
Das bedeutet aber nicht, dass nicht auch Schwellen- und Entwicklungsländer ohne bestehende Sportstätten Austragungsort für Weltmeisterschaften oder Olympiaden sein sollten. Gerade solche Länder können mit einem Großereignis langfristige Strukturen schaffen und einen ökologisch verträglichen Tourismus ankurbeln.
Doch für nachhaltige Sportevents kommt es nicht nur auf die Veranstalter:innen an. Es liegt auch an den Besucher:innen, sich rücksichtsvoll gegenüber den Mitmenschen und der Natur zu verhalten. Für alle ECS-Sportfans gilt: Nutzt die angebotenen Mehrwegbecher für Getränke, lasst keinen Müll liegen und reist mit öffentlichen Verkehrsmitteln an. Genau dafür versucht München zu sensibilisieren und nimmt damit seine Rolle als wertvoller Multiplikator für das Thema Nachhaltigkeit im allgemeinen wahr.
Ein erstes persönliches Fazit zu European Championships 2022: Bei der Eröffnungsfeier am 10. August platzte der Olympiapark aus allen Nähten und dennoch war es ein recht entspannter Sommerabend, an dem man mit Freund:innen am Olympiasee sitzen und die schönen Lichtanimationen bewundern konnte. Außer man gehörte zu den wenigen Tausend Glücklichen, die rechtzeitig da waren und auf der Seebühne kostenlos Marteria, die Sportfreunde Stiller und Co. anhören durften.
** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos.War dieser Artikel interessant?