Kann es etwas Unschuldigeres geben als einen Weihnachtsbaum? Wenn die Deutschen wüssten, unter welchen Bedingungen ihre Tannenbäume gezüchtet werden, wäre die Bescherung da – und damit meinen wir nicht die am Heiligen Abend. Fair Trees aus Dänemark verspricht Abhilfe.
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Rund 30 Millionen Christbäume werden jedes Jahr in Deutschland gekauft. Drei Viertel dieser Bäume sind Nordmanntannen. Trotz des Namens, der skandinavisch anmutet, stammt der beliebte Weihnachtsbaum fast immer von der östlichsten Grenze Europas, nämlich aus Georgien.
Die Mehrheit der Samen, aus denen die Nordmanntanne wächst, werden dort geerntet, wo Georgien besonders arm ist: in der Region Ratscha im Westen des Landes. Die Bewohner von zwei Dörfern pflücken dort in drei Herbstwochen etwa 500 Tonnen Tannenzapfen. Sie stehen damit am Anfang einer Kette, an deren Ende – einige Jahre später – in unseren Wohnzimmern ein unschuldiger Christbaum strahlt.
Ernte unter lebensgefährlichen Bedingungen
In Deutschland weiß fast niemand vom Schicksal der Familien, denen wir unsere Tannen verdanken: Im georgischen Hochland werden nicht nur karge Löhne gezahlt, auch die Arbeitsbedingungen sind lebensgefährlich. Trotzdem ist die Arbeit begehrt.
Denn die Tannenzapfen, in denen sich die begehrten Samen befinden, können nicht einfach vom Boden aufgehoben werden. Sie müssen von Hand aus den Wipfeln der Tannen gepflückt werden – in 30 bis 40 Metern Höhe.
Dafür klettern die oft ungelernten Arbeitskräfte die schmalen Stämme hinauf. Ohne Schulung oder Schutzausrüstung. Noch dazu sind die Zapfenpflücker und ihre Familien selten ausreichend versichert. Die Äste, auf denen die Männer in den Himmel steigen, sind so dünn, dass sie oft unter dem Gewicht der Arbeiter abbrechen.
Fair Trees: Weihnachtsbäume mit gutem Gewissen?
Immer wieder kam es zu schlimmen Unfällen. Arbeiter starben, weil sie abstürzten. Auch, weil die Pflücker versuchten, von Wipfel zu Wipfel zu springen, um keine Zeit zu verlieren. Auch, weil Alkoholismus in der Gegend ein Problem ist. An den Nadeln mancher Tanne, die in deutschen Wohnzimmern strahlt, klebt Blut.
Eine Stiftung versucht seit 2007, dem ein Ende zu setzen: Fair Trees Fund aus Dänemark.
Die Aktivisten rund um Gründerin Marianne Bols (die ihre „Fair Trees“ und „Fair Seeds“ auch gleich selbst vertreibt) haben einen Katalog von Forderungen aufgestellt: So müssen die Pflücker ein Klettertraining nach deutschen Standards absolvieren und eine dazugehörige Prüfung bestehen. Ohne Erste-Hilfe-Kurs und professionelles Kletter-Equipment dürfen sie ebenfalls nicht mehr in die Wipfel.
Außerdem auf der Liste: faire Löhne und eine Unfallversicherung für jeden Arbeiter. So erhalten Zapfenpflücker, die für „Fair Trees“ arbeiten, 1,74 Euro für jedes Kilo Tannenzapfen, so Marianne Bols gegenüber Utopia. Andere Firmen zahlen oft nur 40 Cent, manchmal weniger.
Bäume, deren Samen unter fairen Bedingungen gepflückt wurde, sind mit dem „Fair Trees“-Logo und einem nummerierten Etikett gekennzeichnet. Der Handel mit diesen Tannen ist von Fair Trade Danmark anerkannt.
Ein Teil der Einkünfte, der durch den Verkauf von fair gehandeltem Saatgut und fair gehandelten Weihnachtsbäumen erzielt wird, fließt an die Stiftung „Fair Trees Fund“ zurück. Er wird in Sicherheitsausrüstung und die Entwicklung der Region investiert. So ließ die Stiftung in Georgien drei Schulen ausstatten und mobile Arztpraxen einrichten.
Fair Trees: Was passiert ist und was es noch zu tun gibt
Die Dänen und ihre Kooperationspartner legen außerdem großen Wert auf Nachhaltigkeit: Fair Trees ist von Fair Trade Denmark anerkannt und Mitglied der internationalen World Fair Trade Organisation. Fair Trees Saatgut ist als ökologisch anerkannt. In der Vergangenheit wurde, wenn ein entsprechender Weihnachtsbaum sich verkaufte, dafür ein neuer Baum aus zertifizierten ökologischen Weihnachtsbaumsamen nachgepflanzt. Irgendwann wurden so alle Bäume bio.
Verbesserung täte auch an anderer Stelle gut, nämlich an der Situation von vor Ort: So veröffentlichte die Zeit 2019 eine ausgezeichnete Reportage (nur für Abonnenten abrufbar) über die Arbeitsbedingungen der georgischen Zapfenpflücker. Dabei wurden die Anstrengungen, die „Fair Trees“ unternimmt, ausdrücklich positiv hervorgehoben.
Die Autorin verschwieg jedoch nicht, dass die Arbeit der Zapfenpflücker weiter verbessert werden muss. So schildert sie beispielsweise, wie die Männer mehrere Tage unter einfachsten Bedingungen im Wald ausharren müssen, bis der nachlassende Regen ihnen erlaubt, mit der Ernte zu beginnen.
Wo kannst du einen fair gehandelten Weihnachtsbaum kaufen?
- Auf der Website von „Fair Tree“ gibt es eine Liste mit Händlern, die fair gehandelte Bäume führen.
- Größter Anbieter von fairen Bäumen ist 2019 die Baumarktkette Toom. Im Onlineshop des Baumarkts findest du Fair Trees ab ca. 13 Euro
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