Die Energiekosten reduzieren – so lautet der Wunsch von uns allen. Was ist dran an dem Tipp, günstigen Nachtstrom zu nutzen und die Spülmaschine oder Waschmaschine in der Nacht laufen zu lassen? Wir haben bei einem Energie-Experten nachgefragt.
Die Annahme, dass Strom nachts billiger ist, hält sich hartnäckig. Damit wäre es ein kluger Schachzug, manche Geräte wie die Waschmaschine oder den Geschirrspüler anzuschalten, bevor man ins Bett geht (zumindest, wenn es die Nachbarn nicht stört) und dank des günstigen Nachtstroms Geld zu sparen. Wir wollten wissen: Macht es heute überhaupt noch Sinn, die Waschmaschine oder den Geschirrspüler nachts laufen zu lassen? Wer kann mit Nachtstrom Geld sparen? Und was bringt die Zukunft?
Was ist Nachtstrom?
Bei Nachtstromtarifen ist der Strom in den Nebenzeiten (in der Regel von 22 bis 6 Uhr) günstiger, in den Hauptzeiten jedoch ein bisschen teurer.
Hintergrund für den Nachtstrom: Kraftwerke und Windparks produzieren rund um die Uhr Strom. Nachts ist unser Stromverbrauch geringer. Die Anfänge des Nachtstroms liegen in den 1960-er und 1970er-Jahren. Nachtstromtarife sollten Menschen dazu motivieren, nachts mehr Strom zu verbrauchen und so zu einer gleichmäßigeren Auslastung der Kraftwerke zu führen.
Um den überschüssigen Strom zu nutzen, wurden damals vermehrt Nachtspeicherheizungen (elektrische Speicherheizungen) verwendet. Mittlerweile wird kaum noch mit Nachtspeicherheizungen geheizt. Die Geräte sind Stromfresser, die finanziell keinen Sinn mehr machen und jede Menge Energie vergeuden. Zudem gibt es mittlerweile auch die Möglichkeit, mithilfe von Spitzenlastmanagement-Systemen Leistungsspitzen besser auszugleichen.
Nichtsdestotrotz bieten Energieversorger noch immer Sondertarife an, die zwischen 22 und 6 Uhr gelten und preislich günstiger sind.
Nachtstrom: Macht es Sinn, die Waschmaschine oder den Geschirrspüler nachts laufen zu lassen?
„Nein, für die allermeisten Privathaushalte macht es derzeit keinen Sinn, die Waschmaschine nachts laufen zu lassen. Sie sparen damit kein Geld“, erklärt Martin Brandis, Energieexperte bei der Energieberatung der Verbraucherzentrale.
Der Grund: Zum einen sind die Preisunterschiede zwischen Tag- und Nachtstrom heute nicht mehr wirklich relevant. Zum anderen müssen für Nachtstrom zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
- Voraussetzung für den Bezug von Nachtstrom ist ein Zweitarifzähler oder ein zusätzlicher Stromzähler. So wird der Stromverbrauch tags und nachts separat erfasst. Zähler und Montage sind allerdings mit Kosten verbunden.
- Und auch dann lohnt sich ein Nachtstromtarif nur, wenn nachts mehr Strom als tagsüber verbraucht wird. Das trifft nur auf wenige private Haushalte zu.
Für wen kann sich Nachtstrom dennoch lohnen?
Wer einen Nachtspeicherofen oder eine Wärmepumpe besitzt oder sein E-Auto nachts lädt, für den kann sich ein Nachtstromtarif tatsächlich lohnen.
Wenn du dich fragst, ob ein Nachtstromtarif für dich Sinn machen könnte, empfiehlt Martin Brandis, die Zählernummer am Stromzähler zu notieren und beim Verteilnetzbetreiber nachzufragen, ob für diese Nummer das Nachtwaschen Sinn macht, um Kosten zu sparen. „Bei den allermeisten wird die Antwort ‚Nein‘ lauten“, erklärt der Energieberater.
Gut zu wissen: Eine Stromheizung ist grundsätzlich nicht vorteilhaft: Der Stromverbrauch ist hoch – und die Kosten für die Heizung dadurch ebenso. Wichtig ist, dass du Öko-Strom nutzt.
Variable und dynamische Stromtarife: Ab 2025 verpflichtend
Der Strommarkt ist in Bewegung. Aktuell bezahlen die meisten Haushalte für ihren Strom einen festen Preis pro verbrauchter Kilowattstunde, variable und dynamische Stromtarife sind hierzulande noch nicht weit verbreitet. Aber das wird sich in Bälde ändern, merkt Norbert Brandis vom Energieberatungsteam des Verbraucherzentrale-Bundesverbands an. „Ab 2025 sind alle Stromversorger verpflichtet, variable und dynamische Stromtarife anzubieten, das hat der Bundestag per Gesetz beschlossen.“ Verbraucher:innen können Strom dann nutzen, wenn er besonders günstig ist. Das spart Geld und nutzt dem Markt und der Netzstabilität.
Was sind variable Stromtarife?
Variable Tarife bilden die Stromentwicklung an der Europäischen Strombörse (EPEX Spot Markt) ab. Sie rechnen den Verbrauch pro Stunde ab. Da die Preise an der Strombörse über den Tag hinweg teilweise stark schwanken, variieren damit auch die Preise für den Stromverbrauch. Das bedeutet: Wenn du deine Geräte in Zeiten niedriger Strompreise (nachts und nachmittags) nutzt, sparst du Kosten beim Stromeinkauf. „Verschiebst du dann das Wäschewaschen vom Abend in den Nachmittag, kannst du bei einem 60-Grad-Waschgang bei voller Beladung der Trommel rund 13 Cent sparen. Lädst du dein Auto nachts und nicht am Abend, können es locker 4 bis 5 Euro bei einer Vollladung sein. Wirfst du den Trockner nachmittags an, kostet das mehr als 10 Cent weniger“, erklären die Expert:innen von Finanztip.
Voraussetzung für einen dynamischen Stromtarif ist ein intelligenter Stromzähler. Die Kosten für ein intelligentes Messsystem für Privathaushalte und Kleinanlagenbetreiber werden laut Bundesregierung auf 20 Euro pro Jahr gedeckelt.
Nachts Wäsche waschen: Bitte beachten
Bitte immer bedenken: Wenn du nachts elektronische Geräte laufen lässt, kann das deine Nachbarn stören. Wenn du in einem hellhörigen Haus wohnst, solltest du das lieber unterlassen – oder bei deinen Nachbar:innen nachfragen, ob es sie stört. In der Hausordnung sind die Ruhezeiten festgehalten, meist liegen diese zwischen 13 und 15 Uhr sowie zwischen 22 und 7 Uhr.
- Besonders viel Lärm verursacht der Schleudergang. Deshalb: Wäsche beim nächtlichen Waschgang zum Abschluss nicht mit einer hohen Drehzahl schleudern.
- Überprüfe, ob deine Waschmaschine gerade steht. Wenn sie horizontal gleichmäßig ausgerichtet ist, vibriert sie weniger – und ist damit leiser.
- Hilfreich können auch Schallschutzmatten oder Antivibrationsmatten sein.
Energie sparen beim Wäschewaschen
Um wirklich Energie zu sparen, helfen dir folgende Tipps:
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