Job Hopping: Sind ständige Jobwechsel schlecht? Von Annika Reketat Kategorien: Gesellschaft Stand: 9. März 2023, 08:17 Uhr Foto: CC0 / Pixabay / StartupStockPhotos Beim Job Hopping wechseln Erwerbstätige ständig den Arbeitsplatz. Das kann die Karriere beschleunigen und mehr Gehalt bringen. Doch es gibt auch einige Nachteile. Suchst du nach dem Job fürs Leben, dem du am liebsten bis zur Rente nachgehen möchtest? Oder bist du eher an beruflicher Abwechslung interessiert und wechselst daher häufig deine Lohnbeschäftigung? Die meisten Arbeitnehmer:innen in Deutschland liegen auf der Skala der Verweildauer in einem Job irgendwo zwischen diesen beiden Enden. Knapp die Hälfte aller Erwerbstätigen bleiben ihren Arbeitgeber für mindestens zehn Jahre treu. Allerdings ist die Arbeitswelt in gewissem Maße auch schnelllebiger geworden. Dies gilt insbesondere für junge Arbeitnehmende, die heute 22 Prozent weniger Zeit in ihrem ersten Job verbringen als noch in den 1970er Jahren. Doch auch insgesamt ist es seltener geworden, ein ganzes Arbeitsleben lang nur in einem Beruf zu bleiben. Davon zeugt das Job Hopping, also schnell aufeinanderfolgende Jobwechsel. Während diese früher als regelrechte Karrierekiller galten, bleiben heutzutage immer mehr Erwerbstätige bewusst nur kurz in einem Unternehmen angestellt und „hüpfen“ dann schnell weiter zur nächsten Stelle. Dieses Vorgehen kann unterschiedliche Gründe haben und sowohl mit Vor- als auch mit Nachteilen einhergehen. Gründe für Job Hopping Job Hopping kann oft ein höheres Gehalt bringen. (Foto: CC0 / Pixabay / nattanan23) Unter Job Hopping versteht man viele Jobwechsel in relativ kurzer Zeit, also zum Beispiel „mal neun Monate hier, fünf Monate da, acht Monate dort“, wie die Karriereberaterin Anna-Sophia von Riedesel erklärt. Solche schnellen Arbeitsplatzwechsel galten früher viel stärker als Problem in der Erwerbsbiographie, sind in der heutigen Arbeitswelt aber immer häufiger anzutreffen. In den USA nahm das Phänomen bereits in den 1990er Jahren Fahrt auf. Dort erlebte die Arbeitswelt in den 80er Jahren einen Umbruch. Viele Unternehmen begannen, ihre Belegschaften zu verkleinern und durch Massenentlassungen Geld sparen zu wollen. Arbeitnehmende bekamen das Gefühl, entbehrlich zu sein und sorgten sich, dass sie jederzeit ihren Arbeitsplatz verlieren könnten. Job Hopping entwickelte sich daraufhin als eine Maßnahme von Arbeitnehmer:innen, sich selbst zu ermächtigen, ihre Karriere aktiv voranzubringen. Sie wechselten je nach Bedarf zwischen Unternehmen, um in besseren Positionen zu landen, mehr Geld zu verdienen oder neue Kompetenzen zu erwerben. Das sind auch heute einige der Gründe für Job Hopping: mehr Gehalt in einer neuen Position Unzufriedenheit (aktueller Job bietet zum Beispiel zu wenig Work-Life-Balance, ist über- oder unterfordernd oder es herrscht am Arbeitsplatz keine wertschätzende Atmosphäre) private und gesundheitliche Gründe (Suche nach einem Job mit besserer Familienvereinbarkeit; Gesundheit erfordert andere Arbeitsumgebung) berufliche Herausforderung (man möchte etwas Neues lernen/machen) Vorteile von Job Hopping Mit Job Hopping wollen Erwerbstätige das Beste aus ihrer Karriere herausholen. (Foto: CC0 / Pixabay / Fio_05) Job Hopper versprechen sich vom schnellen Arbeitsplatzwechsel einige Vorteile: Beschleunigter Karrierewechsel: Arbeitnehmer:innen, die aus unterschiedlichen Gründen eine andere Karriere einschlagen wollen, nutzen Job Hopping, um die angestrebte neue Branche schnell kennenzulernen. Sie wechseln von Stelle zu Stelle und sammeln so rasch viele Erfahrungen in den unterschiedlichen Arbeitsfeldern und -aufgaben. So können sie sich effektiv orientieren und für neue Rollen qualifizieren. Mehr Gehalt: Ein Stellenwechsel ist oft mit einer Gehaltserhöhung als Teil des Arbeitsvertrags verbunden. Viele Arbeitnehmer:innen ziehen es daher vor, die Stelle zu wechseln, statt auf eine Gehaltserhöhung oder einen Bonus in ihrem alten Job zu warten. Fähigkeiten ausbauen: Durch Job Hopping können Erwerbstätige immer neue Kompetenzen erwerben, die es ihnen ermöglichen, genau das zu tun, was sie in ihrer Karriere anstreben. Wenn die aktuelle Stelle keine Weiterbildung anbietet, ziehen viele Arbeitnehmende zu Jobs weiter, in denen sie gezielt ihre Fähigkeiten ausbauen können. Ein wachsendes Portfolio an Kompetenzen bedeutet auch, dass Arbeitnehmende mit jedem Job in eine höhere Position wechseln können und viel Auswahl an möglichen Stellen haben. Bessere Arbeitsbedingungen: Dass sich Arbeitnehmer:innen mittlerweile viel weniger gefallen lassen wollen, zeigt sich in der Great Resignation, einer seit einigen Jahren wachsenden Bereitschaft zu freiwilligen Kündigungen. Job Hopping erfolgt in diesen Fällen, um in Jobs zu gelangen, die mit bestimmten Vorteilen (Arbeitszeiten, Location, Firmengröße, etc.) gegenüber der vorherigen Stelle einhergehen. Nachteile von Job Hopping Wer oft den Job wechselt, muss dies gut begründen können. (Foto: CC0 / Pixabay / loufre) Mehr Gehalt, bessere Arbeitsbedingungen und ein schnellerer Karriereaufstieg sind für viele Erwerbstätige natürlich unschlagbare Argumente fürs Job Hopping. Doch die raschen Jobwechsel können auch Nachteile mit sich bringen: Schwierigkeiten bei der Arbeitssuche: Personalverantwortliche ziehen generell Mitarbeitende vor, bei denen Sie nicht davon ausgehen, dass sie nach ein paar Monaten schon wieder ersetzt werden müssen. Eine neue Person anzustellen und einzuarbeiten kostet das Unternehmen nämlich einiges. Daher kann mit steigender Anzahl an Jobwechseln im Lebenslauf die Suche nach neuen Stellen immer schwieriger werden. Erhöhte Entlassungsgefahr: Hat man als Job Hopper einen neuen Arbeitsplatz bekommen, ist dieser vor einer möglichen Kündigung weniger sicher als der von langjährigen Mitarbeitenden. Wenn das Unternehmen gezwungen ist, jemanden zu entlassen, wird diese Entscheidung womöglich eher eine:n Angestellten treffen, der:die voraussichtlich ohnehin nicht lange im Unternehmen bleiben möchte. Mangelnde Zufriedenheit: Auch wenn es aufregend sein kann, sich immer neuen beruflichen Herausforderungen zu stellen: Job Hopper versäumen dadurch die Möglichkeit, längerfristig an einer Sache zu arbeiten. So kann ihnen die potentielle Befriedigung entgehen, die entsteht, wenn man ein Projekt von der Idee bis zur Fertigstellung begleitet. Oberflächliche Skills: Besonders gefragt sind in der heutigen Arbeitswelt Soft Skills wie Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Diese dürften Job Hoppern zur Genüge besitzen. Hard Skills erfordern dagegen ein intensives Einarbeiten. Ein sicherer Umgang mit einer speziellen Technologie oder fundiertes Wissen in einem Sonderbereich kann man selten in nur wenigen Monaten an einem Arbeitsplatz erwerben. Arbeitgeber könnten daher infrage stellen, ob man als Job Hopper für eine Stelle qualifiziert genug ist. Beim Job Hopping auf Vertikalität achten Job- und Karrierewechsel sind also ein zweischneidiges Schwert. Das zeigt auch eine Literatur-Review zum Thema. Sie kam einerseits zu dem Ergebnis, dass berufliche Veränderungen wie ein neuer Job die Arbeitszufriedenheit erhöhen können. Andererseits bräuchten die meisten erfolgreichen Berufswechsler:innen Jahre, um sich in der neuen Rolle neue Fähigkeiten anzueignen und Netzwerke zu knüpfen. Ob Job Hopping etwas für dich ist, solltest du daher gründlich überlegen. Es ist zwar nicht notwendig, jahrzehntelang am selben Arbeitsplatz auszuharren – vor allem dann nicht, wenn dieser keine Aufstiegschancen ermöglicht oder es dort an Anerkennung mangelt. Doch zu häufiges Stellenhüpfen kann nach einiger Zeit die Arbeitssuche erschweren. Dann gilt es, gut erklären zu können, warum du häufig zu neuen beruflichen Ufern aufbrichst. Die Karriereberaterin Anna-Sophia von Riedesel rät, Jobwechsel am besten dann vorzunehmen, wenn sie vertikal verlaufen, also zu einer höheren Position führen. So kannst du den Jobwechsel gegenüber dem potentiellen neuen Arbeitgeber mit deinem Wunsch begründen, neue Erfahrungen und Fähigkeiten sammeln zu wollen. Weiterlesen auf Utopia.de: 4-Tage-Woche weltweit? Diese Organisation will es durchsetzen Jobsharing: Was für und gegen den geteilten Arbeitsplatz spricht Selbstständig arbeiten: 5 Gründe, weshalb du eine Genossenschaft gründen solltest Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen. ** mit ** markierte oder orange unterstrichene Links zu Bezugsquellen sind teilweise Partner-Links: Wenn ihr hier kauft, unterstützt ihr aktiv Utopia.de, denn wir erhalten dann einen kleinen Teil vom Verkaufserlös. Mehr Infos. War dieser Artikel interessant? 13 2 Vielen Dank für deine Stimme! Diese Artikel könnten dich auch interessieren Vegan ist die günstigste Ernährungsform – unter einer Voraussetzung Guerilla Gardening: grüne Bomben gegen tristes Grau 4-Tage-Woche: Fünf Gründe, die auch deine Vorgesetzten überzeugen Ist die Zukunft geldfrei? 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