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Konvergente Evolution: 5 überraschende Beispiele aus der Natur

konvergente evolution
Foto: CC0 / Unsplash / Jacques LE HENAFF; CC0 / Unsplash / Boris Smokrovic

Konvergente Evolution ist ein Grundprinzip der Natur: Dadurch entwickeln Arten ähnliche Merkmale, obwohl sie nicht miteinander verwandt sind. Was es genau damit auf sich hat, erfährst du hier.

Evolutionsbiolog:innen führen Ähnlichkeiten zwischen nicht- oder nur kaum verwandten Arten auf die sogenannte konvergente Evolution zurück. Dieses Phänomen hilft zu verstehen, wie die Artenvielfalt auf der Erde und die Anpassungsfähigkeit der Arten an ihre Lebensräume entstanden sind. 

Das kannst du sogar in deinem Garten beobachten: Einen Großteil ihres Lebens verbringen Maulwürfe in unterirdischen Gangsystemen. Zum Graben der Gänge nutzen sie ihre perfekt entwickelten Vorderbeine, die wie Schaufeln geformt sind. Ähnliche Vorderextremitäten besitzen auch die Maulwurfsgrillen: Diese Heuschrecken haben ebenfalls große Grabbeine. Obwohl Maulwürfe und Maulwurfsgrillen nicht miteinander verwandt sind, haben sie ähnliche Merkmale entwickelt, denn beide leben unterirdisch und brauchen schaufelartige Gliedmaßen, um sich durch das Erdreich bewegen zu können. 

Was ist konvergente Evolution?

Maulwurfsgrillen haben dank der konvergenten Evolution starke Grabbeine wie Maulwürfe.
Maulwurfsgrillen haben dank der konvergenten Evolution starke Grabbeine wie Maulwürfe.
(Foto: CC0 / Pixabay / Hans)

Konvergente Evolution ist ein biologischer Begriff, der beschreibt, wie Arten, die genetisch nicht miteinander verwandt sind, unabhängig voneinander ähnliche Merkmale oder Anpassungen entwickeln. Das hat mit dem ähnlichen evolutionären Druck zu tun, dem beide ausgesetzt waren. Das heißt: Ähnlichkeiten zwischen nicht-verwandten Arten entstehen, weil sie ähnlichen Umweltbedingungen ausgesetzt sind oder ähnlichen Herausforderungen gegenüberstehen. Um auf diese Bedingungen reagieren zu können, entwickeln sie zwangsläufig ähnliche Anpassungen an ihre ökologische Nische, beispielsweise die gleichen Organe, Gliedmaßen oder ähnliche Verhaltensweisen.  

Bei der konvergenten Evolution handelt es sich um eine Theorie, die sogenannte Konvergenztheorie, die streng adaptionistisch argumentiert. Das heißt, sie geht von dem Prinzip der evolutionären Anpassung (Adaptation) aus. Damit ist ein in einer Population eines bestimmten Lebewesens auftretendes Merkmal gemeint, das für sein Überleben vorteilhaft ist. Die Schaufeln sind ein solches Merkmal für Maulwürfe und Maulwurfsgrillen. Ohne würden sie nicht (gut) unter der Erde leben können. Daher haben beide Arten sie ausgebildet, auch wenn keine Verwandtschaft zwischen ihnen besteht. 

Konvergenztheorie und Kritik

Die Theorie der konvergenten Evolution wird von Vertreter:innen der Kontingenztheorie angefochten. Letztere besagt, dass der Verlauf der Evolution nicht vorherbestimmt ist und dass zufällige Ereignisse und Umstände einen großen Einfluss darauf haben können, welche Merkmale oder Anpassungen sich entwickeln. Demnach könnten sich verschiedene Arten in unterschiedliche Richtungen entwickeln, selbst wenn sie ähnliche Ausgangsbedingungen haben. Die Evolution der Arten ist demnach nicht vollständig vorhersehbar, sondern wird durch zufällige Ereignisse und genetische Variation beeinflusst.

Eine starke Strömung innerhalb der Evolutionsbiologie unterstützt jedoch die Idee der konvergenten Evolution.

Fünf Beispiele für konvergente Evolution

Konvergente Evolution ist in der Natur weit verbreitet.
Konvergente Evolution ist in der Natur weit verbreitet.
(Foto: CC0 / Pixabay / Screamenteagle)

Ob in der freien Natur oder im eigenen kleinen Garten: Du wirst vermutlich schon etlichen Beispielen für konvergente Evolution begegnet sein. Das sind ein paar von ihnen:

  • Körperbau: Robben und Delfine sind nicht näher miteinander verwandt, trotzdem sehen sie recht ähnlich aus. Das ist vor allem auf ihren stromlinienförmigen Körperbau zurückzuführen. Dieser ermöglicht es den Tieren, sich ohne großen Widerstand im Wasser fortzubewegen. 
  • Flügel: Große Ähnlichkeit besitzen auch die Flügel von Vögeln, Fledermäusen und Flugsauriern, obwohl sie nicht von demselben Vorfahren abstammen. Diese Tiere haben unabhängig voneinander Flügel entwickelt, um den Luftraum zu erobern. 
  • Flossen: Wale sind eng mit Paarhufern verwandt, doch um im Wasser voranzukommen, bringen Hufe nicht viel. Daher haben Wale Flossen ausgebildet – wie Fische, zu denen sie jedoch keine Verwandtschaft haben. 
  • Gift: Ganz unterschiedliche Spezies produzieren und nutzen Gift, um sich zu verteidigen oder Beute zu jagen: Amphibien, Insekten und sogar einige Vögel. Tatsächlich soll sich Gift fast 100 Mal unabhängig voneinander bei verschiedenen Arten entwickelt haben.
  • Augen: Das Auge ist dagegen „nur“ mehr als 50 Mal quer über die Arten verteilt entstanden. Besonders leistungsfähig und komplex ist das Linsenauge, das sich unter anderem bei Quallen, Tintenfischen, Wirbeltieren (zu denen biologisch gesehen auch wir Menschen gehören) und Regenwürmern findet. Äußerlich ähneln sich die Augen stark, doch was die jeweiligen einzelnen Komponenten angeht, unterscheiden sie sich von Spezies zu Spezies. 

Übrigens: Das Gegenteil von Konvergenz ist die Homologie. Dieser Begriff bezeichnet den Fall, dass bestimmte Körperteile ungleich aussehen und unterschiedliche Funktionen haben, obwohl sie evolutionsgeschichtlich verwandt sind, sich also aus derselben Struktur eines gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben. Das trifft zum Beispiel auf menschliche Hände, die Vorderflossen von Delfinen und die Flügel von Fledermäusen zu. Sie sind äußerlich sehr unterschiedlich, dienen verschiedenen Zwecken, doch sind von der inneren Struktur her ähnlich. 

Weiterlesen auf Utopia.de:

English version available: Parallel Paths: How 10 Organisms Achieved Similar Goals With Convergent Evolution

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