Kreativität ist eine Sache der Veranlagung? Falsch, denn mithilfe von Kreativitätstechniken kann jeder kreativ werden. Erfahre hier, wie.
Kreativitätstechniken: Quanität vor Qualität
Kreativ sein ist nur was für Künstler und Freigeister? Nicht unbedingt, denn Kreativität hat nur sehr wenig mit Talent und Veranlagung zu tun. Jeder kann kreativ werden. Und Kreativität ist auch nicht nur ein Mittel der Künstler und Dichter: Kreativität heißt viele Ideen haben und bessere Lösungen finden. Kreativität ist in jedem Beruf wichtig.
Übrigens: Kreativität heißt erstmal nur phantasievoll oder gestaltend zu denken oder zu handeln – ob das Ergebnis des Gedankenprozesses die Lösung ist, bleibt zuerst mal zweitrangig.
Der Wortursprung liegt im Lateinischen „creare“ und das heißt einerseits so viel wie „schöpfen, erschaffen“ – andererseits aber auch „auswählen“. Bei Kreativität geht es also einerseits darum, neue Ideen zu erfinden und neue Dinge zu schaffen, andererseits aber auch um die Auswahl einer Lösung oder Idee.
Kreativ sein kann schon schwierig sein. Aber vielleicht helfen dir ein paar der hier vorgestellten Kreativitätstechniken. Im Gegensatz zu anderen Lebensbereichen gilt bei Kreativitätstechniken: Quanität vor Qualität. Im Klartext heißt das, am Anfang des Findungsprozesses werden erstmal alle Ideen zugelassen, egal wie verrückt oder seltsam sie klingen mögen.
Auch interessant: Hirnforscher versuchen schon eine Weile, „Kreativität“ in einem bestimmten Hirnareal zu verorten – erfolglos, denn bisher konnten sie nur feststellen, dass beim Lösen kreativer Aufgaben mehrere Hirnregionen aktiv sind.
Welche Kreativitätstechnik für wen?
Kreativitätstechniken unterscheiden sich hinsichtlich folgender Kriterien:
- Einzelanwendung oder Anwendung in der Gruppe
- Einfach oder komplex
- Kleine oder große Reichweite
- Ungeübte Gruppen oder ideenreiche Gruppen
Und nicht jeder kommt mit jeder Übung zurecht. Deshalb ist es wichtig, zu prüfen, was dir liegt. In jedem Fall können dir die Techniken dir aber helfen, Blockaden zu überwinden oder die Leere in deinem Kopf mit neuen Ideen zu füllen.
Übrigens: Auch altbekannte Methoden wie Brainstorming oder Mindmapping zählen schon zu den Kreativitätstechniken.
Ein kreativer Spaziergang
- Eindeutig bewiesen ist, dass Bewegung Kreativität fördert. Das fanden Forscher in einem Experiment raus. Dazu stellten sie den Versuchsteilnehmern die Aufgabe, sich für ein Objekt, zum Beispiel einen Schalter, andere Verwendungsmöglichkeiten auszudenken. Die Spaziergänger hatten deutlich kreativere Ideen als die Teilnehmer, die nur im Raum sitzen blieben. Danach testeten die Wissenschaftler, ob es an der Umgebung lag oder an der Bewegung. Dazu schickten sie eine Gruppe Teilnehmer aufs Laufband. Und siehe da: Auch die Laufband-Läufer hatten noch deutlich mehr Ideen als die Sitzenden.
- Nicht nur das: Auch Langeweile regt Kreativität an – eigentlich logisch, denn wer sich langweilt, denkt automatisch mehr nach. So können neue Ideen entstehen. Also, leg dein Smartphone mal zur Seite und langweile dich etwas – vielleicht kommt ja was dabei heraus.
- Übrigens, auch Kneten macht das Hirn kreativer. Dazu brauchst du nur ein Stück Knete, aus dem du immer wieder neue Formen und Gebilde machst. So arbeitet das Gehirn ganz ohne Leistungsdruck. Knete selber machen: Rezept mit natürlichen Zutaten)
Falls nicht, kannst du immer noch eine der folgenden Methoden ausprobieren.
Die Brain-Techniken fürs Team
Geeignet für Gruppen
Brainstorming dürfte wohlbekannt sein. Einige kluge Köpfe stellten aber fest, dass viel Potenzial verloren geht, weil meist nur die Selbstsicheren und Extrovertierten sich zu Wort melden und sich trauen, etwas zu sagen. Daher erfanden sie einige Alternativen:
- Brainwriting: Hier bekommt zunächst jeder Teilnehmer ein Blatt Papier und soll ganz für sich selbst Ideen sammeln. Nach fünf bis zehn Minuten werden die Blätter im Uhrzeigersinn weitergegeben und der Sitznachbar ergänzt die Ideen des Vorgängers mit seinen eigenen. Das geht so lange, bis jeder jedes Blatt einmal hatte. Danach folgt die Diskussion
- Brainwarming: Dabei kommen Post-Its zum Einsatz: Jeder Teilnehmer heftet seine Ideen an eine gemeinsame Pinnwand. Im Anschluss werden die Ideen diskutiert und verknüpft.
- Brainwalking: Durch das Umhergehen im Raum soll bei dieser Methode noch das positive Element der Bewegung integriert werden. Dazu werden ganz einfach mehrere Pinnwände an verschiedenen Seiten des Raums aufgestellt und jeder Teilnehmer läuft alle einzelnen Stationen ab und ergänzt die Pinnwände mit eigenen Ideen.
Kreativitätstechnik: Walt Disney und Hüte
Geeignet für Gruppen – eventuell abwandelbar für Einzelpersonen
Die Walt-Disney-Methode und die Hut-Methode folgen einem ähnlichen Grundprinzip: Man setzt sich in verschiedene Rollen hinein und sucht in dieser Rolle nach Ideen oder Lösungen. Das kann eine Einzelperson machen, noch besser funktioniert die Technik aber in der Gruppe. Nach einer bestimmten Zeit gehen alle weiter zur nächsten Rolle.
Die Walt-Disney-Methode sieht folgende drei Rollen vor:
- Der Träumer: Hier ist Platz für Ideen und Visionen ohne Platz für Kritik und ohne die Frage, was davon überhaupt realisierbar ist.
- Der Realist bewertet die Ist-Situation, wägt ab, was möglich ist und beurteilt, welche Ressourcen zur Verfügung stehen.
- Der Kritiker schließlich nimmt die Ideen genauer unter die Lupe, beurteilt ihre Stärken und Schwächen und sucht nach Schwachstellen oder Aspekten, an die bisher noch nicht gedacht wurde.
In der Hüte-Methode gibt es mehr Rollen als bei Walt Disney. Die können am besten mit farbigen Papierhüten gekennzeichnet werden. Die Rollen sind:
- Der rote Hut steht für das subjektive Empfinden und deine eigene Meinung.
- Der weiße Hut ist Sinnbild für Objektivität und Neutralität.
- Der grüne Hut ist der Hut für Kreativität und Assoziationen, hier ist auch Platz für verrückte Ideen.
- Der gelbe Hut steht für den Optimismus, er gibt Platz für Spekulationen, sieht Chancen und macht sich Gedanken über das Best-Case-Szenario.
- Der schwarze Hut verkörpert das kritische Denken, bezieht Risiken und Ängste mit ein, bleibt aber objektiv.
- Der blaue Hut bildet den Abschluss, er ordnet, moderiert und sortiert die Ideen, die mit den anderen Hüten entstanden.
Am besten schreibst du die Rollen auf jeweils dazu passende farbige Karteikarten und notierst auch die Fragestellung auf einem Papier. Dann können alle nacheinander alle Hüte durchlaufen. Die Reihenfolge ist dabei egal, nur der blaue Hut ist immer der letzte.
635 und ABC
Geeignet für Gruppen:
Die 6-3-5-Methode:
- Sechs Teilnehmer bekommen je ein Blatt Papier.
- Jeder zeichnet eine Tabelle mit drei Spalten und sechs Zeilen.
- Jetzt hat jeder fünf Minuten, um in die erste Zeile drei Ideen zu schreiben.
- Dann wird das Blatt im Uhrzeigersinn weitergegeben. In der nächsten Runde hat jeder wieder fünf Minuten Zeit.
- Der nächste Teilnehmer erweitert und verbessert die Ideen in der nächsten Zeile.
- Das wird so lange gemacht, bis jeder jedes Blatt einmal hatte.
- Theoretisch funktioniert die Methode natürlich auch mit mehr Teilnehmern und mehr Zeilen, dauert aber entsprechend länger.
Geeignet für Einzelpersonen und Gruppen, schnell und einfach:
ABC-Methode:
Die Methode folgt einem sehr einfachen Prinzip: Du schreibst die Fragestellung auf ein Blatt Papier, dann notierst du alle Buchstaben des Alphabets. Jetzt versuchst du zu jedem Buchstaben ein Wort zu finden, das in Zusammenhang mit der Frage steht.
Vergangenheit und Zukunft
Geeignet für Einzelpersonen und Gruppen:
Manchmal hilft es, eine andere Perspektive einzunehmen, um ein Problem zu lösen oder eine Idee zu finden. Dafür kannst du nicht nur in verschiedene Rollen schlüpfen – du kannst das ganze auch aus einer Zeit betrachten.
Wenn du das lieber auf die Zukunft beziehst, dann versuche es mit Spekulation:
Was wäre, wenn …
- Denke dir einen Was-wäre-wenn aus, das kann mehr oder weniger realistisch sein
- Dann spinnst du darum herum ein großes Netz aus Spekulation
Genauso gut kannst du aber auch aus einer anderen Zeit einen Blick auf das Problem werfen:
Ein Blick in die Vergangenheit:
Versuche dir vorzustellen, wie die Menschen vor hundert, fünfhundert, zweitausend Jahren mit dem Problem umgegangen wären – mit den ihnen zu Verfügung stehenden Mitteln. Das kann den Horizont weiten und sehr kreativ werden.
Oder du versuchst es einmal andersherum:
Das Problem umkehren
Stelle dir die gegenteilige Frage zu deinem Problem. Wenn also beispielsweise die Frage lautet: „Wie können wir mehr verkaufen?“ dann heißt die neue Frage jetzt erstmal „Wie können wir weniger verkaufen?“
Die Antworten auf die umgekehrte Frage können Hilfsmittel für die eigentliche Ideenfindung dienen.
Kreativitätstechniken mit Bildern, Farben, Zeichnen
Eher für Einzelpersonen geeignet
Das Gehirn funktioniert nicht allein durch Wörter und Buchstaben. Deshalb kann es hilfreich sein, mit Visualisierungen und Farben zu arbeiten. Den Ansatz verfolgen diese Methoden:
Bilder in Gedanken
Hierbei ziehst du dich an einen ruhigen Ort zurück und konzentrierst dich auf die Fragestellung. Dann lasse es zu, das Bilder vor deinem inneren Auge entstehen. Diese können im weiteren oder engeren Zusammenhang mit der Ursprungsfrage stehen.
Das Prinzip dahinter ist: Wer seinen Gedanken Freiraum lässt, kommt deutlich besser auf Ideen und Lösungen als derjenige, der sich auf ein Problem fokussiert und versucht, Lösungen zu erzwingen.
Drauflos zeichnen
Zeichnen ist auch eine Methode, die die Gedanken befreien und lösen soll. Dazu reicht es, wenn du dir ein Papier nimmst und einfach drauf los zeichnest. Es können Formen und Bilder entstehen, ganz unabhängig voneinander und ohne Zusammenhang.
Die Methode eignet sich eher zur Vorbereitung eines kreativen Prozesses als zur eigentlichen Ideenfindung.
Farbenassoziationen
Hierbei geht es einfach darum, was du mit einer bestimmten Farbe verbindest: Stell dir die Farbe vor oder male sie tatsächlich auf ein Blatt Papier. Dann schreibst du alles auf, was dir zu dieser Farbe in den Sinn kommt. Auch diese Technik dient dazu, die Gedanken erstmal aus Sackgassen zu befreien.
Wer ist kreativ?
Zugeben, es gibt Menschen, die kreativer sind als andere. Das behaupten zumindest Kreativitätsforscher wie der US-Amerikaner Mihaly Csikszentmihaly. Der hat festgestellt, was einen kreativen Menschen ausmacht: Komplexität und Widersprüchlichkeit. Folgende Eigenschaften schreibt er kreativen Menschen zu:
- Kreative Menschen gehen voll Energie und sehr konzentriert an eine Aufgabe – gleichzeitig brauchen sie aber auch viel Ruhe und ausreichend Schlaf.
- Sie sind gleichzeitig verspielt und diszipliniert. Ein spielerischer Umgang ist eine Hauptvoraussetzung für Kreativität, hat ein Kreativer sich etwas vorgenommen, arbeitet er wiederum verbissen an dem Projekt.
- Kreative scheinen gleichzeitig introvertiert und extrovertiert sein zu können.
- Außerdem meinen die Forscher, kreative Menschen seien gleichzeitig rebellisch und konservativ, bescheiden und stolz.
Aber wie schon gesagt: Kreativität kann man lernen, es mag Menschen geben, die schneller auf neue Ideen kommen, grundsätzlich kann aber jeder kreativ sein.
Der Schreibtisch ist dafür allerdings der falsche Ort: Forscher fanden heraus, dass das Glückshormon kreativitätsfördernd wirkt, indem es euphorisch macht und die Assoziationskraft anregt. Allerdings steht der Schreibtisch meistens eher mit Gefühlen wie Stress, Druck und Arbeit in Verbindung – eine schlechte Voraussetzung für das Ausschütten von Glückshormonen.
Kreativ werden durch Training
Wenn du dauerhaft deine Kreativität erhöhen möchtest, hilft regelmäßiges Üben. Das kannst du zum Beispiel mit einigen von den oben genannten Techniken machen. Aber auch diese Tipps können helfen:
- Morgenseiten schreiben: Schreibe jeden Morgen eine oder mehrere Seiten, ohne Titel oder Thema, sondern schreibe einfach das, was dir gerade in den Sinn kommt.
- Versuche mehr wie ein Kind zu denken: Löse dich von alten Denkmustern, von einem „Ja, aber“ oder „Nein, geht nicht“, sondern versuche insgesamt, freier zu denken.
- Assoziiere frei zu einem Begriff. Das kann wie beim Brainstorming eine bestimmte Fragestellung sein oder ein beliebiger Begriff, zum Beispiel „Fischerboot“
- Gehe ein Problem einfach mal rückwärts an, betrachte es vom Ergebnis aus und gehe dann Schritt für Schritt zurück Richtung Problem.
Denke aber auch immer daran: Kreativität kann nicht erzwungen werden und kennt keine Zeit – wer weiß, vielleicht sind die Gedanken, die während Tagträumen entstehen oder wegen denen du nachts aus dem Schlaf schreckst, sogar die besten?
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