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Leitungswasser trinken: 9 Fakten, die du unbedingt kennen solltest

Leitungswasser trinken: 9 Fakten, die du unbedingt kennen solltest
Foto: CC0 Public Domain / Unsplash, Swanky Fella

Ein Liter Leitungswasser kostet in Deutschland weniger als einen Cent – und ist dabei oft besser kontrolliert als teures Mineralwasser aus der Flasche. Trotzdem halten sich viele Irrtümer. Wir klären die wichtigsten Mythen auf.

Leitungswasser ist ein unverzichtbarer Teil unseres Lebens, doch um seine Qualität ranken sich viele falsche Vorstellungen. Obwohl es in Deutschland strenger kontrolliert wird als Mineralwasser, verunsichern Mythen Verbraucher:innen und führen oft zu unnötigen Ausgaben für Flaschenwasser oder Filter. Wir räumen mit den größten Irrtümern auf und zeigen, was wirklich im Wasser aus dem Hahn steckt.

Mythos 1: Mineralwasser ist besser kontrolliert als Leitungswasser

Fakt ist: Das stimmt so nicht.

Deutsches Leitungswasser unterliegt strengsten Qualitätskontrollen, die in der Trinkwasserverordnung festgelegt sind und sicherstellen, dass keine gesundheitsschädlichen Konzentrationen von Stoffen oder Krankheitserregern enthalten sind. „Leitungswasser unterliegt sogar strengeren Kontrollen als Mineralwasser“, erklärt Hannah Zeyßig von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen.

Mythos 2: Leitungswasser enthält keine Mineralien

Fakt ist: Leitungswasser enthält wichtige Mineralien wie Kalzium, Magnesium und Kalium.

„Das Wasser aus dem Hahn enthält alle wichtigen Mineralien, die der Körper benötigt, oft in ähnlichen oder sogar höheren Mengen als Mineralwasser in Flaschen“, erklärt Hannah Zeyßig.

Diese Mineralien bleiben auch nach der Wasseraufbereitung erhalten, da die Behandlungsprozesse hauptsächlich darauf abzielen, Schadstoffe zu entfernen und nicht etwa die nützlichen Bestandteile. Allerdings variiert der Mineralgehalt je nach Region und Wasserquelle. Es ist wichtig zu beachten, dass der Mineraliengehalt im Leitungswasser allein nicht ausreicht, um den täglichen Bedarf zu decken – eine ausgewogene Ernährung bleibt unerlässlich.

Mythos 3: Kalk im Wasser ist ungesund

Fakt ist: Nein, hartes, also kalkhaltiges, Wasser ist nicht ungesund.

Kalk, chemisch Calciumcarbonat, ist ein natürlich vorkommendes Mineral, das keinen negativen Einfluss auf die Gesundheit hat. Studien deuten sogar an, dass hartes Wasser das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen leicht senken könnte. „Außerdem gibt es keinen nachgewiesenen Zusammenhang zwischen Wasserhärte und der Entstehung von Nierensteinen – diese sind meist auf eine salzreiche Ernährung und zu wenig Flüssigkeitsaufnahme zurückzuführen“, fügt Hannah Zeyßig hinzu. Kalkablagerungen in Haushaltsgeräten wie Wasserkochern sind zwar in manchen Regionen stark ausgeprägt und lästig – die Qualität des Wassers wird dadurch aber nicht beeinträchtigt.

Mythos 4: Leitungswasser enthält gefährliche Medikamentenrückstände

Fakt ist: Ja, in seltenen Fällen gelangen Spuren von Medikamenten ins Leitungswasser.

Diese sind jedoch nach aktuellem Wissensstand so klein, dass keine gesundheitlichen Risiken bestehen. Auch Mineralwasser ist nicht immer frei von Chemikalien. Moderne Aufbereitungstechniken minimieren die Rückstände von Medikamenten und Chemikalien. Viele Wasserversorger veröffentlichen zudem regelmäßig ihre Analyseberichte.

„Leitungswasser in Deutschland kann daher bedenkenlos getrunken werden“, erklärt Hannah Zeyßig.

Mythos 5: Wasserfilter verbessern die Qualität von Leitungswasser

Fakt ist: Nein. Spezielle Filter sind in der Regel nicht notwendig.

„Nur wenn vom Gesundheitsamt angeordnet oder ärztlich empfohlen, sollte ein spezieller Filter angeschafft werden“, meint Hannah Zeyßig von der Verbraucherzentrale NRW und weist auf die möglichen Nachteile von Wasserfiltern hin: „Schlecht gewartete Filter können die Wasserqualität verschlechtern, indem sich dort Keime und Bakterien vermehren oder sie die gebundenen Substanzen wieder freisetzen, wenn ihre Filterkapazität erschöpft ist.“

Noch ein Problem von Wasserfiltern: Viele Filter entfernen nützliche Mineralien aus dem Wasser.

Mythos 6: Babys sollten nur abgekochtes Leitungswasser trinken

Fakt ist: Meist ist das Abkochen von Leitungswasser für Babys unnötig.

Zum Anmischen von Säuglingsnahrung können Eltern in der Regel Leitungswasser verwenden. Eine Verunreinigung durch Bakterien am Wasserhahn oder durch alte Wasserleitungen ist zwar theoretisch möglich, aber unwahrscheinlich. Wer sichergehen möchte, kann das Wasser in den ersten Lebenswochen abkochen und abkühlen lassen. Vorsicht ist jedoch geboten, falls kürzlich neue Kupferrohre verbaut wurden, da diese in den ersten Monaten erhöhte Mengen an Kupfer abgeben können.

Mythos 7: Leitungswasser enthält Mikroplastik

Fakt ist: Die Annahme stimmt. Studien haben gezeigt, dass sowohl Leitungswasser als auch Flaschenwasser Spuren von Mikroplastik enthalten kann.

Die winzigen Plastikpartikel stammen aus verschiedenen Quellen, einschließlich industrieller Abwässer und der Zersetzung größerer Plastikabfälle. Die langfristigen Auswirkungen von Mikroplastik auf die menschliche Gesundheit werden noch erforscht.

Dagmar Uhl vom DVGW-Technologiezentrum Wasser gibt gegenüber Utopia dennoch Entwarnung:  „Auf Basis von Informationen aus der Literatur und allen uns vorliegenden eigenen Messergebnissen ist die Belastung des Trinkwassers in Deutschland mit Mikroplastik extrem niedrig, in der Regel nicht nachweisbar, und in jedem Fall deutlich geringer als die Belastung mit Mikroplastik, der wir aus anderen Quellen ausgesetzt sind.“

Mythos 8: Leitungswasser enthält Blei

Fakt ist: In sehr wenigen, nicht sanierten Altbauten sind noch alte Bleileitungen verlegt.

In Deutschland ist der Einbau von Bleirohren seit vielen Jahren verboten und seit 2013 gilt ein strenger Grenzwert für Blei. Die Verbraucherzentrale erklärt: „Mieter:innen und Angestellte in Unternehmen haben das Anrecht, dass bei allen Wasserhähnen für Leitungswasser im Gebäude die Trinkwasserverordnung eingehalten wird.“ Alte Bleileitungen müssen spätestens bis zum 1. Januar 2026 entfernt und ersetzt werden, erklärt das Umweltbundesamt. Andernfalls ist eine Klage möglich.

Mythos 9: Leitungswasser macht Männer unfruchtbar

Fakt ist: Geringfügige Rückstände hormonaktiver Substanzen im Leitungswasser kommen vor, gesundheitliche Auswirkungen sind wissenschaftlich jedoch nicht belegt.

Das Gerücht hält sich hartnäckig: Leitungswasser soll aufgrund von Östrogenen im Wasser die Fruchtbarkeit von Männern beeinträchtigen. Tatsächlich gelangen durch Medikamente wie die Antibabypille oder die Landwirtschaft geringe Mengen hormonaktiver Substanzen ins Trinkwasser. Moderne Kläranlagen können diese nicht vollständig herausfiltern.

Das Umweltbundesamt und unabhängige Fachgutachten geben hier jedoch Entwarnung: In den heute üblichen Mengen sind hormonähnliche Substanzen im Trinkwasser nicht gesundheitsgefährdend. Moderne Klär- und Aufbereitungstechniken sorgen zudem dafür, dass die Rückstände weiter minimiert werden.

Einzige Ausnahme: In seltenen Fällen können alte Hausinstallationen ein Risiko darstellen – etwa, wenn Trinkwasserleitungen mit Epoxidharz saniert wurden. Bei sehr heißem Wasser kann daraus Bisphenol A (BPA) freigesetzt werden, ein Stoff, der im Verdacht steht, hormonell zu wirken. Deshalb gilt: Für Säuglinge und zur Zubereitung sensibler Nahrung sollte kaltes Wasser verwendet und bei Bedarf abgekocht werden.

Fazit: Leitungswasser überzeugt auf ganzer Linie

Leitungswasser ist nicht nur sicher und gesund, es ist auch ein echter Nachhaltigkeitsgewinn. Es verursacht knapp 600-mal weniger CO₂ als Mineralwasser aus der Flasche, spart Plastik und schont den Geldbeutel. Während ein Liter Mineralwasser mehr als 50 Cent kosten kann, liegt der Preis für einen Liter Leitungswasser bei durchschnittlich 0,2 Cent.

In den allermeisten Fällen kann man Leitungswasser in Deutschland unbesorgt trinken. Wenn Zweifel, etwa an den Rohrleitungen im Haus, bestehen, kann man das Leitungswasser einfach testen lassen. Für Wasserproben von Privatpersonen gibt es mehrere Dienstleister, die eigene Labore beschäftigen, zu finden beispielsweise auf wassertest-online.de.

Bitte lies unseren Hinweis zu Gesundheitsthemen.

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