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Mica: Problematisches Mineral für Glitzerkosmetik – Kinderarbeit inklusive

mica
Foto: CC0 / Pixabay / voltamax

Mica ist die Bezeichnung für eine Gruppe von Mineralien, die auch als Glimmer bekannt ist. Der Name deutet bereits an, dass Mica glitzert und deshalb auch in Kosmetik beliebt ist. Das Fatale: Bei der Gewinnung von Mica müssen in vielen Ländern Kinder mitarbeiten.

Mica oder Glimmer sind natürliche Minerale, die zum Beispiel in Granit, Sandstein und Marmor vorkommen. Der Name „Mica“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet übersetzt „glänzen“ oder „glitzern“.

Zu den häufigsten Mica-Mineralien zählen Muscovit, Phlogopit, Biotit, Damourit, Alurgit, Annit, Gilbertit, Mariposit und Fuchsit. Das Mineral wird in 35 Ländern geschürft. Die größten Exporteure von Mica sind Madagaskar und Indien, gefolgt von China und Brasilien.

Mica: Verwendung der Glimmer-Minerale

Mica (Glimmer) stammt oft aus Indien und China.
Mica (Glimmer) stammt oft aus Indien und China.
(Foto: CC0 / Pixabay / Hans)

Das Mineral Mica ist kaum bekannt – wenn von Mica die Rede ist, dann meist in Zusammenhang mit Kosmetik. In vielen Beauty-Produkten sorgen die Minerale für einen Glitzer-Effekt und schützen vor UV-Strahlen. Du findest sie unter anderen in Rouge, Puder, Lippenstiften, Lidschatten, Nagellacken und Karnevals-Schminke. Auch viele Kinder-Produkte wie etwa Badeseife, Duschgel und Kinderzahnpasta können Mica enthalten. Ob ein Produkt Mica enthält, erkennst du an der INCI-Nummer CI 77019.

Mica ist allerdings nicht nur in vielen Kosmetikprodukten enthalten, sondern auch in Autos, Handys, Computern, Haushaltsgeräten, Farben und Lacken. Mica wird dabei für ganz unterschiedliche Zwecke genutzt: Es isoliert Hitze und Strom und wird als Füllstoff verwendet. Bei Lacken ist häufig Mica für den schimmernden Effekt verantwortlich.

Warum Mica problematisch ist

Mica stammt oft aus Indien und China und wird dort unter fragwürdigen Bedingungen abgebaut. So zeigt eine Studie der Hilfsorganisation terre des hommes, dass bis zu 22.000 Kinder in indischen Minen Mica abbauen. Fast alle Minen dort sind illegal, heißt es in dem Bericht. Immer wieder kommt es zu Mineneinbrüchen, bei denen auch Kinder sterben. Seit der Pandemie hat sich die Lage hinsichtlich Kinderarbeit sogar noch zugespitzt, auch in den Minen. 

Die jüngsten Kinder, die Mica schürfen, sind gerade mal vier Jahre alt. Sie arbeiten meist gemeinsam mit ihren Eltern. Weil es keinerlei Möglichkeit der Betreuung kleinerer Kinder gibt, sind Mütter gezwungen, auch Säuglinge und Kleinkinder mit zur Arbeit zu nehmen und sie Hitze und Staub auszusetzen. Die Arbeitsbedingungen sind gefährlich: Kinder arbeiten bis zu zwölf Stunden und schürfen Mica oder sortieren es nach Größe. Das Mica wird aus selbst gegrabenen Löchern geholt. Einige dieser Löcher sind bis zu 20 Meter tief und nicht gesichert. 

Die arbeitenden Kinder leiden unter Erkrankungen der Atemwege, Staublunge und Verletzungen (Schnittwunden), berichtet terre des hommes. Sie sind häufig dehydriert, weil sie während der Arbeit kein Wasser trinken können. Aufgrund der Lebensumstände ist eine hohe Zahl der Kinder anämisch und unterernährt. Infektionskrankheiten wie Tuberkulose sind verbreitet.

Viele Familien sehen sich gezwungen, aufgrund großer Armut ihre Kinder in die Minen statt zur Schule zu schicken. Dabei erhalten die Kinder nur einen Hungerlohn. Zwar ist Kinderarbeit unter 18 Jahren gesetzlich verboten, doch bei illegalen Minen gibt es keine Kontrollen und keinen Arbeitsschutz. 

Corona hat Problem der Kinderarbeit verschärft

Seit Beginn der Corona-Pandemie hat die Zahl der Kinder, die in den indischen Bundesstaaten Bihar und Jharkhand im Mica-Abbau arbeiten, zugenommen, berichtet terre des hommes. Aufgrund des Lockdowns wurden die Schulen geschlossen, Schulspeisungen fielen aus – und viele Familienmitglieder, die als Tagelöhner arbeiteten, konnten nicht mehr zum Einkommen beitragen.

Dadurch stiegt die Abhängigkeit vom Mica-Abbau, in der existenzbedrohenden Situation wurden die Familien weiter ausgenutzt, der Verdienst pro Tag und Person fiel weit unter die Armutsgrenze von 1,90 Dollar. Auch nach Lockerung der Maßnahmen ist nicht von einer wesentlichen Besserung der Situation auszugehen. 

Initiativen gegen Mica

Deutsche und internationale Unternehmen sind sich über die Kinderarbeit in den Mica-Minen bewusst und haben sich zur Responsible Mica Initiative (RMI) zusammengeschlossen und wollen bis 2023 nur noch Glimmer aus legalen Minen kaufen. Dazu zählen September 2022 u. a. H&M, L’Oréal, Merck, BASF und Sephora. Auch die Kinderhilfsorganisation terre des hommes ist Teil der Initiative.

Die RMI hat sich zum Ziel gesetzt, Kinderarbeit in den Mica-Lieferketten zu beenden und setzt sich für Transparenz und die Umsetzung von Standards am Arbeitsplatz ein.

Erste Erfolge im Kampf gegen illegalen Mica-Abbau

Wie Businesswire berichtet, hat seit 2022 die Jharkhand State Mineral Development Corporation (JSMDC) die Aufgabe, ein offizielles System für den Mica-Abbau dort aufzubauen. Dieser Beschluss folgt mehrjährigen Bemühungen der RMI, die dafür mit Arbeiter:innen, aber auch mit Exporteuren sowie nationalen und internationalen Organisationen und anderen Stakeholdern gesprochen haben. Im Juni 2020 hat die RMI bei der Jharkhand Regierung das „Jharkhand Sustainable Mica Policy Framework and Vision“-Papier eingereichert.

Es ergaben sich drei Empfehlungen, die einen ethischen und für die Bevölkerung zuträglichen Abbau von Mica ermöglichen sollen. Die erste davon wurde im Februar 2022 in einer Kabinettssitzung übernommen. Die übrigen beiden Empfehlungen drehen sich um eine offizielle Handhabung von Mica-Abfallprodukten in Jharkhand, sowie zwei Businessmodelle, die illegalen Abbau durch ein widerstandsfähiges und legales System  ersetzen sollen.

Businesswire erklärt, warum der Abbau überhaupt erst verboten wurden: Der National Forest Conservation Act 1980 in Indien führte dazu, dass Mining-Aktivitäten de facto illegal wurden. Viele Familien dort blieben aber dennoch finanziell auf den Abbau von Mica angewiesen, sodass sich ein illegaler Arbeitsmarkt entwickelte. 

Auf Mica verzichten: Gibt es Alternativen?

Besser: Nagellack ohne Glitzer
Besser: Nagellack ohne Glitzer
(Foto: CC0 / Pixabay / Bru-nO)

Bis die oben genannten Initiativen und Beschlüsse jedoch Wirkung zeigen und der Mica-Abbau eines Tages legal und ethisch verläuft, solltest du besser auf Alternativen zurückgreifen. Du hast folgende Möglichkeiten:

  • In der Zutatenliste von Kosmetika oder Zahnpasta kannst du sehen, ob der Inhaltsstoff Mica enthalten ist: Die INCI Nummer lautet CI77019. Aus welchem Land Mica stammt und ob es unter fairen Bedingungen und ohne Kinderarbeit geschürft wurde, kannst du nicht erkennen.
  • Mica kann sich in konventioneller Kosmetik, aber auch in Naturkosmetik befinden. Bislang gibt es kein Sozialsiegel, das die Gewinnung von Mica kontrolliert und zertifiziert.
  • Einige Hersteller ersetzen Mica durch pflanzliche Alternativen oder synthetische Stoffe. Es gibt zum Beispiel Glitter aus Zellulose (erhältlich unter anderem bei **Avocadostore oder **Amazon) und sogenanntes synthetisches Mica: Synthetic Fluorphlogopite. Manche Hersteller verwenden auch Bio-Kunststoffe, die allerdings nicht unumstritten sind. Denn einige Bio-Kunststoffe sind in der Natur nur schwer abbaubar.
  • Ein Hinweis auf das Engagement von Unternehmen ist ihre Mitgliedschaft in der „Responsible Mica Initiative“ (RMI), siehe oben.

Fazit: Zwar setzen sich einige Unternehmen dafür ein, dass Mica nicht mehr aus Kinderarbeit stammt. Doch eine Garantie gibt es nicht und so kann man Produkte mit Mica (noch) nicht reinen Gewissens kaufen. Am besten ist es daher, auf Produkte mit Mica zu verzichten. Wer trotzdem etwas Glitzer möchte, findet mit etwas Suchen Alternativen – auch ohne Plastik.

Das kannst du gegen Mica tun: Nachfragen

Terre des hommes bittet Verbraucher:innen, bei Herstellern und im Handel nachzufragen: Melde dich über das Kontaktformular auf der Webseite eines Unternehmens oder über die Accounts der Unternehmen in den sozialen Medien und frage hartnäckig nach: Enthält ein Produkt Mica? Wo kommt es her? Stellt das Unternehmen sicher, dass keine Kinder ausgebeutet werden? Beteiligt es sich an der „Responsible Mica Initiative“?

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