Mikroplastik ist ein Umwelt- und Gesundheitsproblem von gigantischen Ausmaßen. Das liegt auch an unserer Kleidung: Beim Waschen landen winzige Fasern im Abwasser. Mikroplastikfilter für Waschmaschinen sollen Abhilfe schaffen. Lohnen sie sich?
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Neben Reifenabrieb, Plastikabfall, Baustellen, Sportplätzen und Straßenbelag sind Textilien eine der wichtigsten Quellen für Mikroplastik in der Umwelt. Studien kommen allerdings zu unterschiedlichen Schlüssen, was die tatsächliche Menge an textilem Mikroplastik angeht.
Sehr wahrscheinlich handelt es sich in jedem Fall um hunderttausende Tonnen Mikroplastik, die allein in Deutschland und allein aus Textilien in die Umwelt gelangen. Das passiert bei der Produktion, beim Tragen, aber auch beim Waschen. Können Mikroplastikfilter für Waschmaschinen dazu beitragen, das Problem zu vermeiden?
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Mikroplastikfilter für Waschmaschinen: Das Problem beginnt bei der Kleidung
Etwa zwei Drittel unserer Textilien werden aus synthetischen Fasern wie etwa Polyester, Nylon oder Elastan gefertigt. Bei jeder Wäsche lösen sich winzige Fasern aus den Kleidern, welche mit dem Abwasser aus der Waschmaschine in die Kläranlagen gespült werden – Mikroplastik.
Sogenannte Mikroplastikfilter für Waschmaschinen sollen neuerdings verhindern, dass das passiert. Ein Vorstoß von Frankreich, ab 2025 solche Filter in Waschmaschinen vorzuschreiben, hat dem Thema Auftrieb gegeben, auch wenn es hierzulande bislang nur freiwillige Lösungen gibt. Wie sinnvoll sind die Filterlösungen? Und ist es überhaupt notwendig, die Fasern schon vor der Kläranlage aus dem Abwasser zu filtern?
Was können die Kläranlagen?
Entscheidend ist, wie effektiv die Kläranlagen das Mikroplastik aus dem Abwasser filtern können. Das herauszufinden ist erstaunlich schwierig: Es gibt noch keine standardisierte Analysemethode, mit der Mikroplastik im Wasser gemessen wird. Dadurch sind die Daten einzelner Untersuchungen schwer vergleichbar.
Anhand der verfügbaren Daten aus Studien und Analysen kann man derzeit vorsichtig davon ausgehen, dass mindestens 80 Prozent der Mikroplastikpartikel von den Reinigungsstufen der Klärwerke zurückgehalten werden. Viele Schätzungen liegen höher, teilweise ist sogar von über 99 Prozent die Rede.
„Tatsächlich ist Mikroplastik für Kläranlagenbetreiber ein überschaubares Problem“,
sagt uns Dr. Christian Wilhelm, Fachreferent für kommunale Abwasserbehandlung bei der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall (DWA). Der Experte geht davon aus, dass mindestens 95 Prozent der Kunststoffpartikel von den Kläranlagen zurückgehalten werden.
Etwas vorsichtiger ist man beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), welches sich mehrfach an Forschungsprojekten zum Thema beteiligt hat. „Generell kann davon ausgegangen werden, dass ein Großteil (>80%) der (größeren) Mikroplastik-Partikel/-Masse in den Kläranlagen durch die verschiedenen Klärstufen zurückgehalten werden kann,“ schreibt uns die Pressestelle.
Allerdings können gerade zu den allerkleinsten Mikroplastikteilchen nur schwer verlässliche Aussagen getroffen werden, „da hierfür noch keine geeigneten Analyseverfahren zur Verfügung stehen und nur wenig bis keine ökotoxikologischen Daten für eine Risikoabschätzung vorliegen“, so der NLWKN.
Mikroplastik im Klärschlamm
Das abgefangene Mikroplastik aus dem Abwasser landet größtenteils im sogenannten Klärschlamm. Und damit als Dünger auf den Feldern, wie es oft heißt? „Der überwiegende Teil des Klärschlamms wird heute bereits verbrannt“, sagt Wilhelm von der DWA. Nur noch punktuell werde Klärschlamm in Deutschland als Dünger in die Landwirtschaft ausgebracht. „Wenn das passiert, ist das Mikroplastik natürlich zu beachten.“ In naher Zukunft werde aber voraussichtlich fast der gesamte Klärschlamm in Verbrennungsanlagen entsorgt.
Laut Statistischem Bundesamt wurden 2021 noch rund 15 Prozent des Klärschlamms in der Landwirtschaft oder bei „landschaftsbaulichen Maßnahmen“ (etwa Rekultivierungen) eingesetzt. Dieser Anteil schwankt stark von Bundesland zu Bundesland. Und: In anderen Ländern sieht es mit dem Ausbringen von Klärschlamm oftmals weniger gut aus.
Fazit: Kläranlagen sind deutlich effektiver beim Zurückhalten von Mikroplastik als gemeinhin angenommen; man kann davon ausgehen, dass ein beträchtlicher Prozentsatz zurückgehalten wird. Allerdings ist es nicht unwahrscheinlich, dass dennoch besonders kleine Partikel und Fasern im wahrsten Sinne des Wortes durchrutschen. Und: Trotz Klarschlämmverbrennung bleibt ein schwer zu bestimmender Anteil Kunststofffasern zurück, der mit dem Klärschlamm in die Umwelt gelangt.
Mikroplastik im Abwasser verhindern
Es erscheint logisch, dass man versucht, zumindest einen Teil des Mikroplastiks bereits an der Quelle aufzuhalten – etwa an den Waschmaschinen in den Haushalten. Doch lange Zeit passierte hier sehr wenig, von Low-Tech-Lösungen wie Waschbeuteln einmal abgesehen. Erst seit einigen Jahren tut sich etwas.
Wie bereits erwähnt schreibt Frankreich als bislang einziges EU-Land ab 2025 Mikrofaserfilter in Waschmaschinen vor. Expert:innen halten es für denkbar, dass die EU nachzieht – und vermuten, dass die Gerätehersteller entsprechend nervös sind.
Drei der großen Elektronikkonzerne bieten inzwischen Filterlösungen an: Grundig brachte im Frühjahr 2022 zwei Waschmaschinenmodelle mit eingebautem Filter auf den Markt, AEG bietet nachrüstbare Mikroplastik-Filter für AEG-, Elektrolux- und Zanussi-Waschmaschinen an und auch Samsung hat im August 2023 einen Filter für Frontlader-Waschmaschinen aller Marken auf den Markt gebracht. Daneben gibt es inzwischen einige kleinere Unternehmen am Markt, die universal nachrüstbare Filterlösungen anbieten.
Die Anbieter versprechen alle, mindestens „bis zu 90 Prozent“ der Textilfasern zurückhalten zu können – sowohl die Filter- als auch die Analysemethoden variieren dabei.
Mikroplastikfilter in Waschmaschinen bald vorgeschrieben?
Sollte die Gesetzgebung tatsächlich irgendwann Mikroplastikfilter in Waschmaschinen vorschreiben, ist es wahrscheinlich, dass sie zum Standard werden. Der bislang einzige Anbieter fest verbauter Filter, Grundig, erklärt auf Nachfrage etwas schwammig, das eigene System sei „so konzipiert, dass es Mikrofasern auffängt, indem es das Wasser vor dem Ablassen mehrfach zirkulieren lässt“. Aktiviert wird es aber nur in bestimmten Waschprogrammen. Der Filter kann nach Unternehmensangaben bis zu 90 Prozent der Fasern sammeln, er hat eine Maschenweite „unter 65 Mikrometern“. Pro Jahr sollen so etwa 20 Gramm Mikrofasern aus dem Wasser gefiltert werden.
Ist das viel oder wenig? Eine Einordnung ist aufgrund der unterschiedlichen Erhebungsmethoden schwierig. Allerdings erscheint die angegebene Menge recht hoch, wenn man beispielsweise zugrundelegt, dass in einem Versuch der Hochschule Niederrhein ab der zehnten Wäsche durchschnittlich zehn Milligramm Fasern pro Kilogramm Wäsche freigesetzt wurden. Das würde rund 400 5-kg-Wäschen voraussetzen, um 20 Gramm Fasern zu sammeln. Derselbe Versuch zeigt, dass die meisten Fasern „Größen im unteren Mikrometerbereich“ hatten – etwa zwischen fünf und 50 Mikrometern.
Nachrüstbare Mikroplastikfilter für Waschmaschinen als ersten Schritt?
Der nachrüstbare AEG Mikroplastikfilter (circa 90 Euro) wird seitlich der Waschmaschine an der Wand montiert, er funktioniert ohne Strom durch den Druck des Abwassers. Er kann laut Firmenangaben ebenfalls „bis zu 90 Prozent der Mikroplastikfasern“ auffangen, hier bezieht man sich auf Partikel über 45 Mikrometer Größe. Getestet wurde das aber nur in einem 40-Grad-Synthethik-Waschgang. AEG weist darauf hin, dass Kund:innen den Filter regelmäßig reinigen und die Fasern selbst über den Hausmüll entsorgen sollen. Dabei warnen Expert:innen vor dem Risiko, dass Fasern dennoch in die Umwelt oder in Gewässer gelangen.
Das slowenische Unternehmen Planet Care lässt die Effektivität seiner Mikroplastikfilter für Waschmaschinen nach eigenen Angaben auch von unabhängiger Stelle prüfen und spricht von 90 Prozent zurückgehaltenen Fasern, auch „unter 50 Mikrometer Größe„. Die Filter (Kostenpunkt circa 60 Euro) funktionieren wie eine Art dreidimensionales Labyrinth in einer Außenhülle aus Hartplastik, durch welches das Abwasser fließt und das Fasern und Partikel dabei auffängt. Nach durchschnittlich 20 Wäschen muss die Filterkartusche – das Labyrinth – ausgetauscht werden. Um eine unabsichtliche Freisetzung der aufgefangenen Fasern zu verhindern, bietet Planet Care an, die gebrauchten und gesammelten Filter bei den Haushalten wieder abzuholen. Irgendwann sollen diese sogar recycelt werden.
Rund 7.000 Filter hat Planet Care bislang weltweit verkauft. Für Mitgründerin und CEO Mojca Zupan sind externe, also nachrüstbare Filter, aber nur ein erster Schritt, eine Art Sprungbrett. Sie findet, dass Waschmaschinen standardmäßig mit Mikroplastikfiltern ausgestattet sein sollten und hofft, dass dies in nicht allzu ferner Zukunft der Fall sein wird.
„Es ist absurd, dass Waschmaschinen so große Umweltverschmutzer sind“,
sagt die Unternehmerin im Gespräch mit Utopia. Sie findet: „Das Problem zu lösen sollte bei der Industrie liegen, nicht bei den Individuen.“
Mikroplastikfilter an Waschmaschinen: „Von Vorteil für die Kläranlagen“
Braucht es die Filter nun aber oder nicht? Bisher gibt es kaum seriöse wissenschaftliche Untersuchungen zur Effektivität von Waschmaschinenfiltern. Eine Studie australischer und spanischer Wissenschaftler:innen konnte 2020 feststellen, dass im Versuch sogar vergleichsweise grobporige Filter (150 Mikrometer und zwei Millimeter) rund zwei Drittel der freigesetzten Polyesterfasern abfing. Die Forscher:innen weisen jedoch darauf hin, dass mehr Versuche notwendig sind.
Aus Sicht der Abwasserwirtschaft sind Filter in den Haushalten zwar nicht nötig, sie könnten aber dennoch – bei richtiger Handhabung – hilfreich sein. „Je weniger bei uns in der Kläranlage ankommt, desto besser“, so Abwasser-Experte Wilhelm.
„Alles, was nicht in der Kläranlage ankommt, reduziert den Aufwand.“
Insofern wäre ein System, das Haushaltsabwasser effektiv filtert und die herausgefilterten Partikel dann ohne Verluste der Verbrennung oder Verwertung zuführt „von Vorteil für die Kläranlagen“.
Auf die Frage, ob es die Filter überhaupt braucht, wenn die Kläranlagen doch einigermaßen effektiv bei der Mikroplastikfilterung sind, hat auch Planet-Care-Gründerin Zupan eine klare Antwort: „Je näher man an der Quelle der Verschmutzung ansetzt, desto erfolgreicher ist man dabei, sie zu stoppen.“ Sie glaubt an die Notwendigkeit eines „systemic change“ auf Industrie- und Gesetzgebungsebene und will sich nicht allein auf die Kläranlagen verlassen. „Meiner Meinung nach sollten wir alles tun, was wir können.“
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der sich derzeit als einzige große Umweltschutzorganisation explizit für die Verwendung von Mikroplastikfiltern für Waschmaschinen ausspricht, beantwortete unsere Fragen bis Redaktionsschluss nicht.
Oder liegt die Lösung ganz woanders?
Eine Publikation der Forschungsgruppe „Runder Tisch Meeresmüll“ unter Beteiligung zahlreicher renommierter deutscher Forschungsinstitute kommt zm Schluss, dass Mikroplastikfilter an Waschmaschinen bzw. die Umrüstung auf entsprechende Technik „mittlere“ Relevanz für den Meeresschutz hat. Die Wissenschaftler:innen halten das Potenzial für höher, welches in der Textilindustrie selbst liegt – namentlich in der Entwicklung neuer „emissionsärmerer“ Materialien und Verarbeitungsweisen sowie der Einführung einer Vorwäsche neuer Textilien. So könnte ein Teil der Fasern bereits ausgewaschen und – hoffentlich – in den Fabriken abgefangen werden.
Nicht zu unterschätzen ist auch, welchen Effekt das Verhalten der Verbraucher:innen hat: Wer sich für Kleidung mit weniger Chemiefasern, etwa aus Baumwolle, Wolle oder Leinen, entscheidet, die Klamotten seltener und nur bei voll beladener Trommel wäscht und das bei eher niedrigen Temperaturen und mit milden Waschmitteln, kann bereits viel Mikroplastik vermeiden.
Fazit: Sind Mikroplastikfilter für Waschmaschinen empfehlenswert?
Ob die allerkleinsten Partikel mit den aktuell erhältlichen Filtern zurückgehalten werden können, ist nach der derzeitigen Studienlage unklar. Gegen den Einbau eines Mikroplastikfilters an der Waschmaschine spricht trotzdem nichts – solange man die abgefangenen Fasern ordentlich entsorgt. So kann man immerhin aktiv dazu beitragen, dass etwas weniger Mikroplastik im Abwasser und damit auch in der Umwelt landet.
Mikroplastikfilter zum Nachrüsten: Produktübersicht
Auf dem deutschen Markt sind derzeit nur wenige Mikroplastikfilter für Waschmaschinen zum Nachrüsten erhältlich. Die Produkte im Überblick, alle folgenden Angaben sind Herstellerangaben:
Planet Care Mikrofaserfilter
- Kompatibilität: Alle Waschmaschinentypen (HE/Hocheffizienz, Standard, Frontloader, Toploader)
- Filterreinigung durch Anwender:in: Nein (Ersatzkartusche notwendig)
- Montage: diverse Optionen (via doppelseitigem Klebeband oder Wandhalterung mit Schrauben)
- Stromanschluss notwendig: Nein
- Produktionsland: Italien
- Material: keine Angabe
- Preis: Starterkit ab ca. 60 Euro, Ersatzkartusche ca. 8 Euro (für bis zu 20 Wäschen)
Kaufen: bei Avocadostore, Shop Like You Give A Damn oder Amazon.
Samsung FT-MF Externer Mikroplastikfilter
- Kompatibilität: Alle Frontlader-Waschmaschinen
- Filterreinigung durch Anwender:in: Ja
- Montage: Standfuß für Platzierung auf Waschmaschine, Halterung für Wandmontage
- Stromanschluss notwendig: Ja (Smarthome-fähig via Wi-Fi)
- Produktionsland: keine Angabe
- Material: ca. 90% der Kunststoffteile aus Recycling
- Preis: ca. 200 Euro
Kaufen: bei Samsung
AEG Mikroplastikfilter A9WHMIC1 (baugleich zu Electrolux E9WHMIC1)
- Kompatibilität: Waschmaschinen von AEG, Elektrolux und Zanussi
- Filterreinigung durch Anwender:in: Ja
- Montage: Wandmontage über beiliegende Schrauben
- Stromanschluss notwendig: Nein
- Produktionsland: keine Angabe
- Material: ca. 50% recycelter Kunststoff
- Preis: ab ca. 90 Euro
Kaufen: bei AEG, Saturn oder Amazon
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