Immer mehr Fondsanbieter nehmen das Thema Nachhaltigkeit in ihre Angebotspalette auf. Das erhöht den Druck auf den Pionier der Ökofonds in Deutschland. Der hält unbeirrt an seinen Auswahlkriterien fest – es sind die härtesten der Branche.
Nachhaltigkeit ist mittlerweile auch in der Finanzbranche in aller Munde. Das wurde im November 2018 deutlich. In Frankfurt am Main wurde zum vierten Mal das Siegel des Forums Nachhaltige Geldanlage (FNG) verliehen. 65 Investmentfonds von 30 Anbietern wurden ausgezeichnet – 40 Prozent mehr als im Vorjahr. „Das FNG-Siegel etabliert sich“, freut sich der Veranstalter auf seiner Homepage. Doch einer verweigert dem Forum weiterhin seine Teilnahme: Alfred Platow – der Chef der Ökoworld AG und Wegbereiter der ökologisch-ethischen Geldanlage.
Wegbereiter kritisiert FNG-Siegel
„Aus unserer Sicht ist das Ganze in erster Linie vom Marketing getrieben“, sagt er gegenüber Utopia. Und weiter: „Der Vertrieb, speziell der konventionellen Kapitalverwaltungsgesellschaften, die zusätzlich zu ihrem normalen Fondsangebot eine grüne Linie aufgebaut haben, braucht so einfache Argumente wie ein solches Siegel.“ Ökoworld dagegen habe so eine „Siegel-Absolution“ im Hinblick auf die Einhaltung von Mindeststandards nicht nötig. Also alles nur Marketing? Vermutlich nicht nur. Und der Versuch, einen Qualitätsstandard für nachhaltige Geldanlage zu etablieren, ist aller Ehre wert. Tatsache ist aber auch, dass zu den 190 Mitgliedern des Verbandes FNG Banken, Kapitalverwalter, Versicherer und Finanzberater gehören.
Mit seiner Abstinenz unterstreicht Platow einmal mehr seine Sonderrolle – nicht nur in der Finanzbranche, sondern auch unter den ökologisch-ethischen Fonds. Seit 44 Jahren geht er unbeirrt seinen Weg. Für ihn ist Geld nur ein Mittel zum Zweck. Richtig eingesetzt, könne es die Welt besser machen. Daran arbeite der Vater von vier Kindern. Zunächst gründeten er und Klaus Odenthal, ein Freund aus der grün-alternativen Szene, 1975 den Versicherungsmakler „Alfred & Klaus – kollektive Versicherungsagentur“. Daraus wurde später die Versiko AG und dann die Ökoworld AG, die immer noch als Maklerunternehmen im Vermittlerregister eingetragen ist.
Grünen Unternehmen Kapital verschaffen
Platow wollte ökologisch orientierten Betrieben und Umweltorganisationen bedarfsgerechte Absicherungs- und Finanzprodukte vermitteln. Doch nur Policen verkaufen genügte ihm nicht. Er wollte grünen Unternehmen auch Eigenkapital für ihre Investitionen beschaffen. Das geeignete Vehikel dafür, so Platows Überzeugung, ist ein Fonds: Anleger zahlen Kapital in einen Topf ein und das Fondsmanagement investiert anhand vorab definierter Regeln in Aktien von ausgesuchten Gesellschaften.
Mit Unterstützung der Ökobank (Gründung 1988, Übernahme durch die GLS Bank 2003) und dem „Freundeskreis ökologisches Investment e.V.“ bekam die Idee eines ökologisch-ethischen Investmentfonds Kontur. 1995 gründeten Platow und seine Mitstreiter zunächst die Kapitalverwaltungsgesellschaft Ökoworld Lux S.A., vormals Ökovision Lux S.A. Um dem geplanten Fonds eine hohe Glaubwürdigkeit in Sachen Ökologie und Ethik zu verschaffen, sollte der Investmentprozess in drei Schritten auflaufen.
Erstens: Das Research-Team ermittelt geeignete Zielunternehmen und erstellt Profile. Zweitens: Ein Gremium unabhängiger Experten – der sogenannte Anlageausschuss – entscheidet, welche der vorgeschlagenen Zielunternehmen in das Anlageuniversum aufgenommen werden. Die Überprüfung erfolgt anhand vorab definierter sozialer, ethischer und ökologischer Kriterien. Drittens: Aus dem gefilterten Anlageuniversum wählt das Fondsmanagement einzelne Unternehmen für ein Investment aus. Dieses Konzept wird bei allen Ökoworld-Fonds bis heute umgesetzt – „in dieser praktizierten Form ist das einzigartig in Deutschland“, heißt es dazu in Hilden.
Neben den Unternehmen, deren Aktien gekauft werden sollten, benötigte der Fonds damals noch ein Startkapital. Das kam von der Continentale Lebensversicherung AG sowie von Privatkunden. In Summe standen 15,4 Millionen D-Mark zur Verfügung; also umgerechnet 7,9 Millionen Euro. Am 2. Mai 1996 dann wurde der Ökoworld Ökovision Classic zum Vertrieb zugelassen. Seitdem hat sich der Fonds tatsächlich zu einem Klassiker in der Investmentlandschaft entwickelt. Das Fondsvolumen stieg durch Mittelzuflüsse und Wertsteigerungen auf rund 900 Millionen Euro. Zudem gewann der erste Ökofonds Deutschlands mehrere Preise; zuletzt im Januar 2019 den Deutschen Fondspreis in der Kategorie Sustainable Investment.
Fonds als fairster und nachhaltigster ausgezeichnet
Stolz ist Platow auch auf einen Testsieg der Verbraucherzentrale Bremen, der 2014 in der Zeitschrift Finanztest veröffentlicht wurde. Die Verbraucherschützer analysierten, wie konsequent die einzelnen Fonds Rüstung, Waffen, Kinderarbeit und weitere ethisch und ökologisch bedenkliche Bereiche ausschlossen. Nur der Ökoworld Ökovision Classic erhielt damals die volle Punktzahl und verwies die Konkurrenz mit großem Abstand auf die weiteren Plätze. „Grüne Lügen“, titelten damals Medien, weil in vielen Fonds nicht drin war, was die Anbieter suggerierten. „Bei uns steht zu Recht öko drauf, weil es auch drin ist“, sagt Platow. Tabu sind Waffen, Atomkraft, Erdöl oder Chlorchemie. Auch Hintertüren wie zum Beispiel Umsatzgrenzen oder den Best-in-Class-Ansatz gebe es bei Ökoworld nicht.
Die Kehrseite der konsequenten Anlagestrategie: höhere Kosten. Mit einem Ausgabeaufschlag von in der Regel 5 Prozent und jährlichen Kosten von 2,45 Prozent des Fondsvolumen ist das Produkt nicht günstig. „Premium-Qualität hat natürlich ihren Preis“, sagt Platow. Durch die konsequente Anlagestrategie entstünden zwangsläufig höhere Kosten. Es sei ähnlich wie der Kostenvergleich zwischen einem Bioladen und deinem Billig-Discounter. Platow betont aber auch, dass Ökologie auch ökonomisch sein muss. Demnach sollen die Fondsanleger möglichst auch eine ordentliche Rendite erhalte. In den vergangenen zehn Jahren erzielte der Ökoworld Ökovision Classic eine Wertsteigerung von 152 Prozent. Das ist weniger als der Vergleichsindex MSCI World. Dafür dürfen die Anleger ein gutes Gewissen haben, denn sie investieren in den Fonds mit den wohl strengsten Auswahlkriterien in der Branche.
Fonds im Überblick: Ökoworld Ökovision Classic
Strategie: Der globale Aktienfonds investiert u. a. in Unternehmen aus den Bereichen Wasserversorgung, ökologische Nahrungsmittel, soziale Kommunikation, regenerative Energien, Energieeffizienz, Gesundheit, umweltfreundlicher Mobilität, Wiederverwertung und Bildung. Tabu sind die Bereiche Atomenergie, Chlorchemie, Erdöl, ausbeuterische Kinderarbeit, Militärtechnologie und Diskriminierung.
Name | Ökoworld Ökovision Classic |
ISIN | LU0061928585 |
Ausgabepreis 02/2019 | ca. 180,- Euro |
Währung | Euro |
Wiederanlage von Dividenden | Ja |
Fondsvolumen | 899 Mio. Euro |
Ausgabeaufschlag (einmalig) | 5,00 % |
Laufende Kosten (p. a.) | 2,45 % |
Performance 1 Jahr | 3,61 % |
Performance 3 Jahre | 27,21 % |
Performance 5 Jahre | 48,95 % |
Performance 10 Jahre | 151,91 % |
Mehr von Utopia.de:
- Nachhaltige Geldanlagen: die wichtigsten 5 Fragen & Antworten
- FNG-Siegel: die 25 besten Fonds für nachhaltige Geldanlagen
- Siegel für nachhaltige Geldanlagen
War dieser Artikel interessant?