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Nachhaltigkeit bei Zalando: Wie streng sind die Filter wirklich?

Wie gut sind die Filter für Nachhaltigkeit von Zalando wirklich?
Foto: CC0 Public Domain – Unsplash/ Claudio Schwarz; Screenshot: Zalando

Wer online bei Zalando shoppt, kann Mode filtern nach Farbe und Größe – oder nach Kriterien für Nachhaltigkeit. Hier können Kund:innen Kategorien wie „Reduzierte Emissionen“ oder „Tierschutz“ auswählen. Was steckt dahinter – und kann man den Ergebnissen trauen?

Seit 2018 kennzeichnet Zalando Produkte als nachhaltig. Inzwischen hat der Konzern auch Second-Hand-Ware eingeführt – und seit letztem Jahr gibt es zudem die Möglichkeit, die Auswahl auf dem Fashionportal nach bestimmten Nachhaltigkeitskriterien zu filtern. Aktuell stehen dafür zur Auswahl:

  • Nachhaltigere Beauty
  • Reduzierte Emissionen
  • Tierschutz
  • Wasserschutz
  • Wiederverwendung von Materialien
  • Wohl der Arbeiter:innen

Wer in der Rubrik Damenbekleidung sucht und alle nachhaltigen Filter auswählt, hat ganze 41.424 Artikel (Stand: 12.01.22) zur Auswahl. Also immerhin über ein Siebtel des 318.940 Artikel großen Sortiments.

Wir wollten wissen: Wie ernst nimmt Zalando Nachhaltigkeit? Also ist das alles einwandfrei nachhaltig und fair produzierte Ware – auch wenn Fast-Fashion-Marken wie „Esprit“ und „Vero Moda“ in den Ergebnissen auftauchen? Die Antwort: Ganz so leicht ist es leider nicht.

Wie gut sind die Nachhaltigkeits-Filter bei Zalando?

Bei Zalando können Kund:innen Suchergebnisse filtern – auch nach Nachhaltigkeitsaspekten.
Bei Zalando können Kund:innen Suchergebnisse filtern – auch nach Nachhaltigkeitsaspekten. (Screenshot:Zalando)

Bei Zalando werden Produkte mit dem Nachhaltigkeitslabel ausgezeichnet, wenn sie einem der „Nachhaltigkeitskriterien“ des Unternehmens entsprechen – das erklärt der Konzern selbst auf der Website. Die Kriterien sollen bestimmte Produktionsschritte beurteilen. Doch wie seriös tun sie das?

Zalando beruft sich unter anderem auf den renommierten Higg Materials Sustainability Index. Die aufgelisteten Kriterien seinen solchen „internationalen Standards der Fashion-Industrie“ angepasst. Ein genauerer Blick auf die aufgeführten Anforderungen enthüllt: Es sind strenge Zertifizierungen offizieller Siegel dabei, zum Beispiel das „Fairtrade Certified Cotton“-Label und das „GOTS“-Siegel. Doch diese werden gleich bewertet wie sehr laxe Standards, die der Konzern selbst entworfen hat – zum Beispiel „Hergestellt aus mindestens 20 Prozent recycelter Baumwolle“. Und wie gesagt, ein Produkt muss nur einem der Kriterien entsprechen, um im Shop entsprechend ausgezeichnet zu werden.

Ähnliches gilt für die einzelnen Filter: Produkte, die in Filtern wie „Reduzierte Emissionen“ auftauchen, sind zum Beispiel teils Cradle-to-Cradle-zertifiziert (– wie dieser Pulli von G-Star– ) und müssen somit einer ganzen Reihe von Kriterien entsprechen. Andere sind dagegen einfach hergestellt aus „mindestens 50 Prozent verantwortungsbewussten forstbasierten Materialien“ wie Viskose, Holz, Papier oder Kork (Beispiel: Diese Hose von Mango aus Viskose und Polyester). Was genau Zalando unter „verantwortungsvollen Quellen“ versteht, wird nicht spezifiziert. Auch ein Anteil von 20 Prozent Leder-Alternativen ist ein Kriterium des Filters. Vegane Leder-Alternativen sind zwar in der Regel deutlich emissionsärmer als echtes Leder, aber wenn die übrigen 80 Prozent aus tierischen Materialien bestehen, handelt es sich unserer Meinung nach in der Summe trotzdem nicht um ein „emissionsarmes“ Produkt.

Der heute riesige Konzern Zalando wurde 2008 in Berlin gegründet.
Der heute riesige Konzern Zalando wurde 2008 in Berlin gegründet. (Foto: CC0 Public Domain – Unsplash/ Claudio Schwarz)

Auf der eigenen Website verkündet der Konzern, er wolle die Liste jährlich überarbeiten. Zum Beispiel habe man bereits bis dato erlaubte Materialien wie herkömmliches (also konventionell hergestelltes!) Leinen/Hanf/Jute von den Kriterien entfernt und Mindestanforderungen für den Anteil an recycelten Materialien von 20 Prozent auf 30 Prozent erhöht.

Fast-Fashion-Brands tragen Nachhaltigkeitskennzeichnungen

Die Entscheidung, ob ein Produkt als nachhaltig eingeschätzt wird, basiert auf Daten, die Zalando vom Hersteller erhält. Die Bewertung findet auf Produktebene statt, die Marke selbst fließt aktuell wohl nicht mit ein. Unser Eindruck: Meist landen Fast-Fashion-Brands in den Suchergebnissen der Nachhaltigkeitsfilter. Zalando plant aber, dies zu ändern: Laut Konzern arbeite man bereits mit der Sustainable Apparel Coalition (SAC) an einer Nachhaltigkeitsbewertung für Brands. Bis 2023 soll diese für alle Partnerbrands verpflichtend sein – aktuell ist das noch nicht der Fall.

Kritik an Nachhaltigkeit: Funktion der Zalando-Filter „ist ein Feigenblatt“

Schon das allgemeine „Nachhaltigkeit“-Labeling von Zalando stieß bei Expert:innen auf Kritik. Indra Enterlein, Leiterin Ressourcenpolitik beim NABU Bundesverband, erklärte gegenüber dem Tagesspiegel: „Nachhaltigkeit ist ein starkes Wort, das suggeriert: Hier werden sowohl ökologische als auch soziale Standards eingehalten.“ Zalando wecke bewusst Erwartungen, die nicht erfüllt werden können. Der Konzern tue sich selbst keinen Gefallen, wenn er streng zertifizierte Kleidungsstücke und solche, die nur sehr niedrige Standards erfüllen, in einen Topf werfe.

Auch David Hachfeld, Textilexperte bei Public Eye, erklärte: „In der aktuellen Form ist die Filterfunktion ein Feigenblatt, es soll für ein gutes Gewissen beim Shopping sorgen und lenkt von der Verantwortung von Zalando für das Warenangebot auf seiner Plattform ab.“ Zalando sollte, so Hachfeld, viel mehr daransetzen, die Produktionsbedingungen aller angebotenen Artikel zu verbessern und so selber Verantwortung übernehmen, statt mit Werbung die Kund:innen zu Impulskäufen zu drängen und selber auf schnelle Expansion zu setzen.

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Wer wirklich nachhaltig shoppen will, muss nach wie vor recherchieren – oder sich an seriösen Siegeln orientieren. (Foto: Pixabay/ CC0/ nietjuh)

Utopia meint: Nachhaltig einkaufen bei Zalando ist nicht einfach, sondern besonders schwierig

Die Corona-Pandemie hat das Bewusstsein für Ausbeutung und Umweltschäden entlang der Lieferkette gesteigert. Große Marken reagieren nun auf diese Entwicklung, Zalando ist nur eine von ihnen. Indem sie vermeintlich „grüne“ Optionen aufzeigen, wollen sie Kund:innen bei sich behalten. Denn wäre es nicht einfach, wenn wir quasi genauso weitershoppen könnten, wie immer – nur mit grünem Gewissen?

Doch so leicht, wie Zalando es suggeriert, ist es eben nicht. Zwar finden wir es begrüßenswert, wenn auch konventionelle Shops sich darum bemühen, nachhaltige Produkte anzubieten. Auch das breite Angebot von Secondhandware bei Zalando ist ein Schritt in die richtige Richtung. Doch wer im „nachhaltigen“ Neuwarensortiment von Zalando wirklich bessere Produkte identifizieren will, muss genauer hinsehen, nachlesen, kritisch hinterfragen – genau wie in jedem konventionellen Modegeschäft.

Wer weniger Aufwand will, sollte bei Marken shoppen, die wählerischer bei der Auswahl ihres Sortiments sind. Bei ThokkThokk** zum Beispiel gibt es ausschließlich vegane Streetware, Trigema** produziert ausschließlich in Deutschland, und bei Armedangels** bestehen Teile wie Hoodies nur aus fair gehandelter Bio-Baumwolle. Das sind nur einige Beispiel für Marken, die sich glaubhafter als Zalando für Nachhaltigkeit engagieren.

Kurz gesagt: Ja, derzeit muss man recherchieren, um wirklich nachhaltige Mode zu erkennen. Aber die Filter bei Zalando tragen nicht dazu bei, den Prozess einfach zu machen – im Gegenteil: In der jetzigen Form grenzen sie an Verbrauchertäuschung und Greenwashing.

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