Gemütlich einsteigen, einschlafen und am nächsten Morgen in einer anderen Stadt aufwachen – so hat sich unsere Autorin die Reise im Nachtzug ausgemalt. Zu naiv? Die Realität schildert sie in ihrem Erfahrungsbericht zumindest ein wenig anders.
Mit dem Nachtzug in eine andere Stadt fahren – das klingt nach einem kleinen, klimafreundlichen Abenteuer. Kurzerhand sah ich mir deshalb für einen geplanten Städteurlaub die besten Nachtzugverbindungen in meiner Nähe an und stellte fest: Der Nightjet der Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) bringt mich über Nacht von München bis nach Rom. Praktischerweise hält der Zug auch in Rosenheim, das von meinem Wohnort noch schneller zu erreichen ist als München.
Nachtzug nach Rom: Ich hatte es mir teurer vorgestellt
Ich kaufte die Tickets für mich und meine Begleitung Mitte Dezember, etwa vier Wochen vor der Abfahrt Mitte Januar. Das klappte problemlos, der Nachtzug von München nach Rom verkehrt täglich. Er wird von der ÖBB angeboten, daher buchte ich direkt über die Seite der Österreichischen Bundesbahn. Zugestiegen sind wir nicht in München, sondern erst in Rosenheim.
Für Hin- und Rückfahrt habe ich pro Person insgesamt rund 170 Euro bezahlt. Die Hinfahrt im Liegewagen mit sechs Liegen war etwas günstiger, für die Rückfahrt wählte ich den Liegewagen mit vier Liegen. Wie bei jeder Zugbuchung gilt leider: Es lohnt sich, die Preise einige Tage oder Wochen zu vergleichen und einen günstigen Moment für die Buchung abzuwarten. Gleichzeitig stellte ich fest: Zu lange sollte man nicht warten, denn die Tickets werden teurer. Je früher man deshalb den Nachtzug bucht, desto besser.
Nachtzug oder Flugzeug: Was ist günstiger?
Zum Reisezeitpunkt habe ich die Zugpreise nicht mit den Flugpreisen verglichen. Denn für mich war klar: Für eine Städtereise in Europa möchte ich aus Klimaschutzgründen aufs Fliegen verzichten. Trotzdem wollte ich die Preise im Nachhinein vergleichen. Dafür habe ich die Kosten von einer Nachtzugfahrt nach Rom und zurück denen einer Flugreise in die Stadt gegenübergestellt.
Anmerkung: Die Preise beziehen sich auf Anfang März 2023 (weil mir die Preise für Januar nicht mehr angezeigt wurden und ich vier Wochen im Voraus gebuchte hatte).
Die günstigsten Preise lauten wie folgt:
- Nachtzug: 156 Euro (Liegewagen)
- Flugzeug: 168 Euro (Economy inklusive Handgepäck)
Der Nachtzug ist damit auf den ersten Blick ein wenig günstiger. Doch der Preisvorteil bei der Reise mit dem Nachtzug ist bei genauerem Hinsehen sogar noch größer: Ich kann im Zug so viel Gepäck mitnehmen, wie ich möchte. Für mich reicht ein großer Rucksack oder ein Koffer für einen mehrtägigen Städtetrip aus. Doch das Handgepäck im Flugzeug ist bei Reisen im Winter mit entsprechend warmen Pullis oft zu klein. Muss man deshalb ein Gepäckstück hinzubuchen, kostet das extra.
Und wir haben mit der Reise im Nachtzug noch mehr gespart: zwei Nächte im Hotel und den Transfer in die Stadt. Da wir zwei ganze Nächte durchgefahren sind, mussten wir diese nicht in Rom übernachten und kamen am Anreisetag trotzdem schon am Vormittag an. Auch die Fahrten vom Flughafen in die Stadt entfielen. Vom Hauptbahnhof aus konnten wir zu Fuß zu unserer Unterkunft laufen.
Natürlich dauert die An- und Abreise mit dem Nachtzug deutlich länger als mit dem Flugzeug. Doch da man die Nacht zum Reisen nutzt, hat man nicht wirklich weniger Zeit am Urlaubsziel. Beim Fliegen muss man deutlich vor der Abflugzeit am Flughafen sein, zudem liegt dieser außerhalb der Stadt und erfordert eine Anfahrt, die Zeit (und Geld) kostet.
Hinweis: Eine Autofahrt nach Rom kam nicht in Frage, lies dazu: Leben ohne Auto auf dem Land: Ein unfreiwilliger Selbstversuch
CO2-Bilanz: Zug schlägt Flieger um Längen
Gespart habe ich nicht nur beim Preis, sondern auch beim CO2. Dass Flugreisen extrem klimaschädlich sind, ist bekannt. Der CO2-Ausstoß bei Flugreisen ist hoch. Wie hoch zeigt der Vergleich von Bahn und Flugzeug:
Der CO2-Rechner des Umweltbundesamtes veranschlagt für einen Hin- und Rückflug von München nach Rom bei 1.462 geflogenen Kilometern 0,28 Tonnen CO2-Äquivalente. Die Berechnung von MyClimate kommt sogar auf einen noch höheren Wert und ermittelt 0,36 Tonnen CO2.
Bei der Fahrstrecke mit dem Zug kommt der UBA-Rechner dagegen auf lediglich 0,07 Tonnen CO2-Äquivalente. Ich habe durch das klimafreundlichere Verkehrsmittel somit 0,21 Tonnen CO2 eingespart. Das entspricht einer Autofahrt von 1.235 Kilometern in einem Kleinwagen, der mit Benzin betrieben wird.
Reisen im Nachtzug: Man kann schlafen – einigermaßen
Wichtiger als die Klimabilanz ist für viele jedoch der Komfort auf Reisen. Ein Vorurteil gegenüber dem Nachtzug lautet: Es ist laut, stickig und unbequem. Für meine zwei Fahrten kann ich das so nicht bestätigen.
Natürlich fährt der Zug nicht lautlos dahin, man hört die Fahrgeräusche. Auch ein wenig Ruckeln gehört dazu, ebenso das Bremsen und Anfahren bei Stopps. Doch ich konnte auf beiden Fahrten schlafen – von Reiseübelkeit habe ich nichts gespürt, obwohl ich dafür relativ anfällig bin. Ohropax oder Kopfhörer können gegen Lärm helfen, ich habe beides nicht gebraucht.
Die Temperatur fand ich im Liegewagen recht angenehm. Obwohl es draußen kalt war, habe ich nicht gefroren. Da wir bei der Hinfahrt sechs Personen im Abteil waren, war die Luft allerdings schnell stickig und wir mussten immer wieder lüften.
Zugegeben: Die Liegen sind relativ hart und nicht gerade groß. Platzprobleme hatte ich jedoch keine und auch die drei Männer im Abteil konnten relativ bequem liegen und schlafen. Zur Ausstattung gehören ein Laken, eine Decke und ein Kopfkissen, das frisch bezogen ist. Wir hatten zudem dünne Hüttenschlafsäcke dabei. Das würde ich auf jeden Fall empfehlen, um es sich gemütlicher zu machen.
Was mir zusätzlich geholfen hat, mich wohlzufühlen: Die Mitreisenden waren zurückhaltend und ruhig. Jede:r hat wie ich vor dem Einschlafen noch gelesen oder eine Serie auf dem Tablet geschaut. Zum Glück hatten wir auch keine Schnarcher:innen im Abteil.
Reisefazit: Überraschend ruhige Nächte im Zug
Insgesamt habe ich beide Nächte im Zug so viel geschlafen, dass ich recht erholt und fit am Zielort ankam. Zähneputzen und eine kleine Katzenwäsche sind in den Waschräumen im Zug kein Problem. Und was ich besonders schön fand: Ein Frühstück war sowohl bei der Hin- als auch bei der Rückfahrt im Ticketpreis inbegriffen. Dieses bestand aus Tee oder Kaffee sowie zwei Semmeln, Butter und Marmelade – und leider Pappbecher und Einwegbesteck. Da gibt es bei ÖBB (und auch bei der DB) definitiv Verbesserungsbedarf.
Was ich ebenfalls aufmerksam fand: Auf jeden Fahrgast wartet eine Flasche Wasser. Die Zugbegleiter:innen waren sehr freundlich und ich fühlte mich gut aufgehoben. Das war definitiv nicht meine letzte Reise im Nachtzug. Beim nächsten Mal werde ich allerdings einen höheren Preis in Kauf nehmen und einen Platz im Vierer-Liegewagen oder sogar im eigenen Schlafwagen buchen, um noch mehr Ruhe und Privatsphäre zu haben.
Falls auch du bald eine Reise in die schöne italienische Hauptstadt planst, findest du im folgenden Artikel die nachhaltigsten Tipps für deinen Aufenthalt in Rom.
Hinweis: Der Artikel erschien ursprünglich Anfang Februar 2023.
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