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One Health: Das Gesundheitskonzept für eine nachhaltige Zukunft?

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Foto: Screenshot: www.bmz.de

One Health gilt als Hoffnungsträger dafür, Pandemien wie Corona und Zoonosen im Allgemeinen künftig zu verhindern. Handelt es sich dabei wirklich um das Gesundheitskonzept für eine nachhaltige Zukunft? Dem gehen wir in diesem Artikel auf den Grund.

Eckart von Hirschhausen nennt das One-Health-Konzept nicht weniger als „revolutionär“. Der aus dem TV bekannte Arzt und Wissenschaftsjournalist spielt auf die Überwindung der sektoralen Einordnung von Gesundheit an. Denn Gesundheit müsse global gedacht werden. Erst gesunde Natur und gesunde Tiere schaffen die notwendige Basis für gesunde Menschen.

Damit definiert der Ansatz die planetaren Grenzen des Kapitalismus nicht nur sozial-ökologisch, sondern auch direkt gesundheitlich. Umweltschutz in diesem Sinne ist somit gleichzeitig Menschenschutz – One Health schlägt die Brücke zwischen beidem.

One Health als weltweite Gesundheitsvorsorge

One Health bezweckt Prävention – also Gesundheitsvorsorge für uns Menschen – die ohne den Schutz der Natur unzureichend wäre. Das erleben wir in der Corona-Krise, die uns bereits seit zwei Jahren im Alltag begleitet. 

Doch was bedeutet das One-Health-Konzept ganz konkret? Corona wurde nach heutigem Wissensstand vom Tier auf den Menschen übertragen. Diese Art der Infektionskrankheiten heißt Zoonose. Mehr als zwei Drittel der uns bekannten Infektionskrankheiten stammen nach Angaben des Helmholtz Zentrums für Infektionsforschung (HZI) ursprünglich von Tieren.  

One Health löst sich also von einer Denkweise, die die menschliche Gesundheit von der Beschaffenheit der restlichen Welt trennt. Laut dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) ist es vielmehr so, „dass die Ge­sund­heit von Mensch, Tier und Um­welt eng mit­ein­an­der zu­sam­men­hängt“.

One Health – Gesundheit und Klima

Die Zerstörung der Natur erhöht das Risiko für Zoonosen.
Die Zerstörung der Natur erhöht das Risiko für Zoonosen.
(Foto: CC0 / Pixabay / bones64)

Zoonosen werden umso häufiger auftreten, desto enger der Kontakt zwischen Menschen und Wildtieren in Zukunft wird. Das menschliche Vordringen in verschiedene Naturräume der Erde zerstört also nicht nur die Lebensgrundlagen anderer Arten und beschleunigt den Klimawandel, sondern sorgt auch dafür, dass das Risiko für die menschliche Gesundheit unmittelbar wächst.

Erschwerend kommt hinzu, dass immer mehr Bakterien antibiotikaresistent sind. Das liegt an dem häufigen Einsatz von Antibiotika in der Human- und Tiermedizin sowie den Rückständen in Produktionsabwässern der Pharmaindustrie.

Hier ein Beispiel, inwiefern der übermäßige Fleischkonsum die weltweite Gesundheit beeinflusst:

  • Um der hohen weltweiten Fleischnachfrage nachzukommen, holzen Menschen Wälder für Anbauflächen für Futtermittel der Massentierhaltung ab. Damit tragen sie zum Klimawandel bei und kommen so vermehrt in Kontakt mit Wildtieren.
  • Die konventionelle Landwirtschaft trägt zur Antibiotikaresistenz bei, indem Viehzüchter:innen in der Massentierhaltung Antibiotika präventiv verabreichen. Dies fördert multiresistente Keime und für bestimmte bakterielle Infektionen gibt es im schlimmsten Fall kein Heilmittel mehr.

Konsum, Kapitalismus, Klima und Gesundheit sind also ineinander verwoben und beeinflussen sich gegenseitig. Wie der Klimawandel machen auch Infektionskrankheiten nicht an nationalen Grenzen Halt. Folglich ist in einer globalisierten Welt ein globaler und sektorübergreifender Ansatz notwendig, um Gesundheitskrisen vorzubeugen. Einen solchen Ansatz stellt das One-Health-Prinzip dar.

Gesundheit als sozial-ökologisches Problem

Wie auch beim Klimawandel gibt es Länder, die gesundheitlich stärker betroffen sind als andere. Ärmere Bevölkerungsgruppen leiden besonders, da sie oftmals nicht die nötigen Mittel haben, um sich zu schützen. Sogenannte Neglected Tropical Diseases (NTD) treffen vor allem diese Menschen. Weltweit leiden mehr als eine Milliarde Menschen an solchen Krankheiten. 

Da NTD meist durch Bakterien, Viren, Pilze oder Würmer verursacht werden, ist Hygiene ein wichtiges Instrument der Vorbeugung. Der Zugang zu sauberem Trinkwasser, unverdorbener und möglichst gesunder Nahrung sowie ein funktionierendes medizinisches Versorgungssystem sind Schlüsselfaktoren. 

Beim Lesen wirst du schon bemerkt haben, wie wichtig Nachhaltigkeit und sozial-ökologische Tragfähigkeit für die menschliche Gesundheit sind und dass vieles miteinander zusammenhängt. Wenn es um die großen Fragen der Zukunft in Bezug auf Klima, menschliche Gesundheit und tierischen Lebensraum geht, bedingt ein Punkt den anderen. Auf dieser Erkenntnis baut der One-Health-Ansatz auf. 

One Health – Gewusst wie

Das alles klingt jetzt erst einmal sehr theoretisch. Wie der One-Health-Ansatz in der Praxis aussehen kann, liest du im Folgenden. Das deutsche Institut für Entwicklungspolitik leitet aus One Health drei konkrete Maßnahmen zur Unterstützung von Entwicklungsländern ab:

  1. Die Stärkung von Gesundheitssystemen: Die Ausbildung von Personal im Gesundheitswesen muss gerade in möglichst vielen Ländern verbessert werden, um Infektionskrisen schnell und effektiv begegnen zu können und darüber hinaus die Aufklärung der Bevölkerung zu verbessern. 
  2. Aufklärung, Hygiene und Frühwarnsyteme: Mit der verbesserten Gesundheitsaufklärung der Bevölkerung müssen auch Frühwarnsysteme geschaffen werden, die einen kompletten Kontrollverlust in gefährlichen Lagen möglichst verhindern. Hand in Hand damit muss hygienische Aufklärung gehen. Die Basis dessen ist eine entsprechend ausgebaute Infrastruktur. 
  3. Schutzgebiete an Land und im Meer: Je besser wir die Natur schützen und je mehr Rückzugsräume wir Wildtieren anbieten, desto geringer wird die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Zoonosen. So hat zum Beispiel eine starke Abholzung der Wälder laut dem deutschen Institut für Entwicklungspolitik in Malaysia dazu geführt, dass Flughunde Schweine mit dem Nipah-Virus infizierten und der Erreger schließlich auf die dort heimischen Bauern übersprang. Bei dem Vorhaben, ökologische Nachhaltigkeit zu schaffen müssen Entwicklungsländer von anderen Nationen unterstützt werden.

Letztlich betrifft One Health nicht nur Entwicklungs- und Schwellenländer, sondern natürlich auch die materiell reichen Industrienationen. Sie haben durch ihren Kurs des unbegrenzten Wirtschaftswachstums wesentlich zur Lage der heutigen Welt beigetragen und tun dies durch transnationale Wirtschaftsbeziehungen noch immer.

Ein Umdenken in unserer konsumgetriebenen Gesellschaft ist längst notwendig und bedeutet nicht Verzicht, sondern vielmehr einen Gewinn an sozialer, ökologischer und gesundheitlicher Stabilität im globalen Maßstab. Ein nachhaltiger Lebensstil unterstützt also nicht nur den Kampf gegen den Klimawandel – er schützt zusätzlich die globale Gesundheit.

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