Eine Pilzvergiftung tritt auf, nachdem du giftige oder verdorbene Pilze verzehrt hast. Das kann lebensgefährlich sein. Erfahre hier, was du bei den Symptomen einer Pilzvergiftung tun solltest.
Im Herbst beginnt die Pilzsaison, und viele Menschen zieht es in die Wälder, um die Vielfalt der heimischen Pilze zu entdecken. Doch Vorsicht ist geboten. Da viele giftige Pilze essbaren Arten täuschend ähnlich sehen, ist die Gefahr einer Verwechslung groß. Pilzvergiftungen können schwerwiegende gesundheitliche Folgen haben. Es gibt jedoch auch Tipps und Tricks, wie du dich beim Pilzesammeln schützen kannst.
Echte und sekundäre Pilzvergiftung
Die Medizin unterscheidet zwischen einer „echten“ Pilzvergiftung und einer sekundären Pilzvergiftung. Wie das Bayerische Rote Kreuz in einer Pressemitteilung erklärt, bekommst du eine echte Pilzvergiftung, wenn du Giftpilze verzehrst. Es ist dabei unerheblich, ob du die Pilze roh oder gegart isst. Europaweit sind etwa 150 Pilzarten bekannt, die beim Menschen toxisch wirken und schwere Vergiftungserscheinungen hervorrufen. In den meisten Fällen gehört der Grüne Knollenblätterpilz (Amanita phalloides) zu den Übeltätern. Er sieht Speisepilzen wie dem Wiesenchampignon (Agaricus campestris) oder dem Grüngefelderten Täubling (Russula virescens) durchaus ähnlich. Daher kommt es immer wieder zu Verwechslungen.
Meistens erkranken Menschen an einer echten Pilzvergiftung, wenn sie eine toxische Sorte mit einem genießbaren Speisepilz verwechseln. Es gibt zudem einige Sorten, bei denen die Giftstoffe durch Hitze zerstört werden. Solche Pilze sind nur im rohen Zustand giftig.
Eine Pilzvergiftung kann man nur nach dem Verzehr von Pilzen bekommen. Wie der Giftnotruf der Charité in Berlin auf Utopia-Anfrage erklärte, ist es „absolut ausgeschlossen“, sich eine Vergiftung allein durch den Kontakt mit giftigen Pilzen zuzulegen.
Daneben kann eine sekundäre Pilzvergiftung eintreten. Diese ist im eigentlichen Sinne eine Lebensmittelvergiftung. Sie tritt auf, wenn du verdorbene, aber eigentlich unbedenkliche Speisepilze isst. Die Pilze können schon beim Kauf verdorben gewesen sein oder du hast sie falsch gelagert. Auch wieder aufgewärmte Pilzgerichte lösen manchmal Lebensmittelvergiftungen aus, wenn du sie zu lange und falsch gelagert hast.
Wie viele Pilze für eine Vergiftung ausreichen, lässt sich pauschal nicht sagen, so der Giftnotruf. Eine „sehr kleine Ecke zum Probieren“ sei meist aber unbedenklich.
Symptome einer Pilzvergiftung
Die Symptome einer Pilzvergiftung hängen davon ab, welche Menge an Pilzen und welche Sorten du verzehrt hast. Zu den häufigsten Symptomen gehören:
- Bauchschmerzen
- Übelkeit
- Durchfall und Erbrechen
- Schweißausbrüche
- Halluzinationen und Krampfanfälle
- Schwindel und Kreislaufprobleme
- Blutdruckabfall
- Benommenheit oder Bewusstlosigkeit
- Herzrasen
- Sehstörung
Wichtig: Solltest du in den letzten 24 Stunden Pilze gegessen haben und eines oder mehrere dieser Symptome an dir bemerken, dann gehe bitte auf Nummer sicher und wende dich an die nächstgelegene Giftnotzentrale. Je schneller du reagierst, desto besser stehen die Chancen, dass du wieder vollständig gesund wirst.
Es ist auch noch wichtig zu wissen, dass die Gifte aus Pilzen mitunter ganz unterschiedlich im Körper wirken. Es gibt zahlreiche Vergiftungssyndrome, die unterschiedliche Beschwerden mit sich bringen. Zwei Beispiele:
- Knollenblätterpilz: Meist acht bis zwölf Stunden nach dem Verzehr geht es mit den Symptomen los. Dann kommt es zu heftigen Brechdurchfällen, so die Deutsche Gesellschaft für Mykologie. Wenn sie sich nach einer Weile bessern, ist das aber keine Entwarnung. Dann setzt die Leberschädigung ein, die unbehandelt zum Versagen des Organs führt.
- Orangefuchsiger Raukopf: Der Verzehr des Giftpilzes, der einem Pfifferling ähnelt, löst keine Magen-Darm-Beschwerden aus. Erst nach Tagen bis zu wenigen Wochen zeigen sich Symptome wie Durst, Kopfschmerzen, ein trockener Mund, Nierenschmerzen und ein Versagen der Urinproduktion. Dahinter steht ein Nierenversagen, das unbehandelt zum Tod führt.
Pilzvergiftung: Was tun, wenn typische Symptome auftreten?
Der Giftnotruf der Charité in Berlin rät dazu, ärztlichen Rat einzuholen, wenn innerhalb von sechs Stunden nach dem Verzehr von Pilzen folgende Symptome auftreten:
- Symptome einer Magen-Darm-Grippe (Erbrechen, Durchfall) UND begleitend ungewöhnliche Beschwerden wie Halluzinationen, Bewusstseinsminderung, Sehstörung, Herzrasen oder sehr langsamer Herzschlag
- Symptome einer Magen-Darm-Grippe (Erbrechen, Durchfall) auch ohne die zusätzlichen Beschwerden
Abhängig von der konkreten Situation ist es ratsam, entweder einen Notarzt, den oder die Hausärzt:in oder das nächste Krankenhaus aufzusuchen. Wer sich unsicher ist, wie dringend ärztliche Hilfe gefragt ist, kann für eine Einschätzung beim zuständigen Giftinformationszentrum anrufen. Eine Auflistung der Giftnotrufnummern gibt es online.
Tipp: Solltest du den Giftnotruf anrufen, benötigen die Mitarbeiter:innen von dir unter anderem folgende Angaben:
- Wer ruft an (dein Name und deine Telefonnummer)?
- Wer ist betroffen (Name, Alter der betroffenen Person, bei Kindern zusätzlich die Größe und das Gewicht)?
- Sind Vorerkrankungen bekannt?
- Was und wie viel wurde gegessen? Woher stammen die Pilze?
- Wann wurden die Pilze gegessen?
- Welche Beschwerden hat die betroffene Person?
- Haben noch andere Menschen von den Pilzen gegessen? Sind Reste vorhanden?
- Wurde bereits etwas dagegen unternommen?
Reagiere in jedem Fall schnell, aber ruhig. Stelle außerdem, wenn möglich, Pilzreste sicher, da diese bei der Bestimmung der giftigen Pilzart hilfreich sein können. Nur wenn Ärzt:innen wissen, mit welchem Gift der Körper kämpft, können sie zielgerichtet behandeln. Putzreste, Speisereste, Erbrochenes und auch Fotos der gesammelten Pilze können entscheidende Hinweise liefern, welcher Pilz genau verzehrt wurde, so die Deutsche Gesellschaft für Mykologie.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) rät zudem, andere Personen, die ebenfalls von der Pilzmahlzeit gegessen haben, zu informieren. Sie sollten sich auch ärztlich untersuchen lassen – auch dann, wenn sie bislang nicht von Symptomen geplagt werden.
Was sollte man auf keinen Fall tun?
Einige Dinge solltest du bei einer vermuteten Pilzvergiftung keinesfalls tun. So rät die Deutsche Gesellschaft für Mykologie davon ab, Hausmittel in Eigenregie anzuwenden.
Auch Erbrechen sollte nicht provoziert werden. Zwar mag es naheliegend erscheinen, den Mageninhalt so schnell wie möglich loszuwerden, doch das BfR warnt: Das absichtliche Herbeiführen von Erbrechen kann schwerwiegende Folgen haben, etwa wenn Erbrochenes in die Atemwege gelangt.
Ebenso ist Milch als vermeintliche Erste-Hilfe-Maßnahme ein Mythos. Im Gegenteil: Milch kann die Aufnahme von Giften sogar begünstigen, so das BfR.
Pilzvergiftung: Diese Pilze sind besonders gefährlich
Eine der gefährlichsten Vergiftungen kommt durch den Knollenblätterpilz zustande. Im Grünen Knollenblätterpilz steckt das hochgiftige Alpha-Amanitin. Dieses Gift greift die Zellen in der Leber an – bis hin zum Organversagen, das den Tod bedeutet. Nach Schätzungen des BfR sind Knollenblätterpilze für mindestens 80 Prozent aller tödlichen Pilzvergiftungen in Deutschland verantwortlich. Viele Menschen sammeln und verzehren versehentlich Knollenblätterpilze, da sie Champignons sehr ähnlich sehen. Im Gegensatz zum Wiesenchampignon hat der Knollenblätterpilz jedoch eine deutlich abgesetzte Knolle sowie weiße statt rosafarbene bis bräunliche Lamellen.
„Je nach Toxingehalt kann bereits eine Menge von 5 bis 50 Gramm von dem Knollenblätterpilz tödlich sein“, warnt Prof. Markus Cornberg, medizinischer Geschäftsführer der Deutschen Leberstiftung. „Bei Kindern und älteren Menschen können schon deutlich kleinere Mengen lebensgefährlich werden.“
Übrigens: Auch scharfes Anbraten kann dem Gift nichts anhaben, da es hitzestabil ist.
Generell ist die Vergiftung durch den Knollenblätterpilz auch deshalb tückisch, da die Symptome meist erst nach acht bis zwölf Stunden auftreten und sich zwischenzeitlich scheinbar bessern. Eine Behandlung ist schwierig und nur erfolgreich, wenn sie zeitnah nach dem Verzehr erfolgt.
Eine ähnliche Giftwirkung haben dem BfR zufolge der Fliegenpilz sowie der Pantherpilz. Wenn ihr Pilzgift Muscarin in den menschlichen Organismus gerät, leiden Betroffene unter Schweißausbrüchen, verengten Pupillen, Erbrechen, Durchfall und/oder Kreislaufversagen. Größere Mengen verursachen Atem- und Herzstillstände, die tödlich enden.
Wichtig: Es gibt noch eine sehr spezielle Form der Pilzvergiftung, die sich laut Bionity Coprinus-Syndrom nennt. Sie tritt nur dann ein, wenn du Speisepilze verzehrst und zeitnah im Überfluss Alkohol konsumierst. Die erhitzten Pilze hemmen ein Enzym, das zum Alkoholabbau beiträgt. Betroffene bemerken bereits während der Mahlzeit Symptome wie Herzrasen, Kreislaufbeschwerden oder Gesichtsröte.
Behandlung und Verlauf einer Pilzvergiftung
Die Behandlung einer Pilzvergiftung hängt von verschiedenen Faktoren ab. Mitunter bringen Ärzt:innen die betroffene Person mithilfe spezieller Medikamente zum Erbrechen oder haben ein Gegengift parat. In schwerwiegenden Fällen kann eine längere Behandlung im Krankenhaus erforderlich sein. Betroffene bekommen dann Infusionen, bei Nierenversagen auch eine Blutwäsche. Sofern der Pilzverzehr noch nicht lange her ist, versuchen die Ärzt:innen mitunter auch, die Reste aus dem Magen oder Darm auszupumpen.
Wichtig: Wie schwerwiegend die Vergiftung verläuft, hängt auch damit zusammen, wann die Symptome einsetzen. Das Fachportal Bionity unterscheidet dabei eine Latenzzeit von unter beziehungsweise über vier Stunden. Sofern die Beschwerden noch während der Mahlzeit oder bis maximal vier Stunden später auftreten, deutet dies auf eine nicht lebensbedrohliche Vergiftung hin. Dennoch sollten sich Menschen mit den Symptomen in ärztliche Behandlung begeben. Meistens erholen sich Patient:innen vollständig und tragen keine bleibenden Schäden davon. Anders sieht es aus, wenn die Beschwerden erst sechs bis 72 Stunden nach der Mahlzeit einsetzen. In diesen Fällen handelt es sich meistens um lebensbedrohliche Pilzvergiftungen durch Frühjahrslorchel, Schleierlinge oder Knollenblätterpilze.
So kannst du Pilzvergiftungen vorbeugen
Du kannst selbst einiges tun, um die Wahrscheinlichkeit für Pilzvergiftungen zu minimieren:
- Wer Pilze sammeln möchte, sich aber nicht gut auskennt, dem rät die Deutsche Leberstiftung zu geführten Exkursionen mit Pilzexperten.
- Sammelst du auf eigene Faust, lass lieber deine Funde von Pilzsachverständigen prüfen. Die Deutsche Gesellschaft für Mykologie stellt dafür online eine Suche zur Verfügung.
- Außerdem sollte man keinen Pilz-Mythen aufsitzen. Fraßspuren von Tieren etwa treffen keine Aussage darüber, ob ein Pilz für Menschen essbar ist. So vertragen zum Beispiel Schnecken den Grünen Knollenblätterpilz problemlos.
- Verwende zum Sammeln essbarer Pilze einen Korb oder eine Stofftasche und keine Plastiktüte, weil die Pilze darin schnell verderben.
- Deine Pilze solltest du an einem kühlen und luftigen Ort maximal ein bis zwei Tage aufbewahren. Es ist aber immer sinnvoller, die Pilze sofort nach dem Sammeln frisch zuzubereiten.
- Beim Zubereiten solltest du schadhafte Stellen großzügig wegschneiden. Ist der Pilz weich, verfärbt oder gar schimmelig, solltest du ihn gar nicht mehr verwenden. Das gilt auch, wenn der Pilz fischig riecht.
- Gare die Pilze für mindestens 15 Minuten.
- Iss nicht zu viele Pilze auf einmal, da sie im Allgemeinen schwer verdaulich sind. Auf Alkohol solltest du, wie das BfR empfiehlt, vor und nach der Mahlzeit verzichten, da er in Kombination mit Pilzen Magen-Darm-Symptome auslösen kann.
- Auch mit dem Aufwärmen von Pilzresten solltest du vorsichtig sein. Du kannst die Pilze zwar erneut aufwärmen, solltest damit allerdings nicht länger als zwei Tage warten. Andernfalls läufst du Gefahr, verdorbene Pilze zu essen, die eine Lebensmittelvergiftung bewirken können. Bewahre zubereitete Pilze zudem immer gekühlt auf.
Hinweis: Eine App ist leider nicht das beste Hilfsmittel, um giftige Pilze auszuschließen und somit eine Pilzvergiftung zu verhindern, wie der Giftnotruf der Charité gegenüber Utopia betonte. Es könne sogar lebensgefährlich sein, sich auf die Hilfe der App zu verlassen. Eine App ersetze keine eigenen Kenntnisse bei der Identifikation der Pilze oder eine professionelle Pilzsachverständigung. Wer also Pilze gesammelt hat und sich unsicher über die Art ist, kann auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Mykologie eine:n Sachverständige:n ausfindig machen.
Mit Material der dpa.
Überarbeitet von Nora Braatz
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