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Polyurethan: Alles Wissenswerte rund um den Kunststoff

Surfbrett aus polyurethan
Foto: CC0 / Pixabay / 3dman_eu

Polyurethan steckt in Schuhen, Autos, Surfbrettern, Möbeln und anderen Produkten. Der Kunststoff ist äußerst vielseitig – doch wie gefährlich ist er für die Gesundheit? Ein Kritikpunkt: Die Herstellung von Polyurethan ist sehr risikoreich.

Polyurethan: Vorkommen und Verwendung

Wenn Obst im Supermarkt mit weichem Schaumstoff gepolstert ist, enthält dieser in der Regel Polyurethan (PU, DIN-Kurzzeichen: PUR). Der chemisch hergestellte Kunststoff ist beliebt und weit verbreitet, weil er sehr gut isoliert, flexibel, anpassungsfähig und leicht ist. In Raumanzügen schützt er Astronaut:innen vor der Kälte, in der Matratze passt er sich der Körperform an. Er ist wegen seiner Leichtigkeit auch ein ideales Material für Autos: Durch Verwendung von Polyurethan wird das Auto nicht so schwer und braucht weniger Benzin.

Der Kunststoff kommt aber noch in vielen weiteren Produkten vor. Ein paar Beispiele:

  • Kleidung
  • Surfbretter
  • Ski
  • Möbel
  • Kühlschrank-Isolierungen
  • Kühlfahrzeuge

Ist Polyurethan gefährlich für die Gesundheit?

Haushaltsschwämme bestehen oft aus Polyurethan.
Haushaltsschwämme bestehen oft aus Polyurethan.
(Foto: CC0 / Pixabay / jarmoluk)

Polyurethane werden aus Isocyanaten hergestellt, die giftig sind. Isocyanate reizen die Augen, Haut und Atemwege und können Allergien (Isocyanat-Asthma) auslösen. Besonders problematisch sind sie, wenn man die Dämpfe einatmet oder sie auf die Haut kommen. Polyurethane entstehen durch die Reaktion von Isocyanaten mit anderen Stoffen. Sobald das Polyurethan ausgehärtet ist, ist es relativ ungefährlich. Aber während der Verarbeitung sind Isocyanate sehr gefährlich, weshalb Schutzmaßnahmen wie Handschuhe und Atemschutz notwendig sind.

Häufig wird Polyurethan als Dämmmaterial eingesetzt, obwohl im Brandfall hochtoxische Blausäure und Isocyanatdämpfe freigesetzt werden können. 

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat in verschiedenen Stellungnahmen erklärt, „keine Bedenken“ bei der Verwendung von ausgehärtetem Polyurethan zu haben – auch nicht im Bereich Lebensmittel (PDF 1 / PDF 2).

Die Verbraucherzentralen weisen allerdings darauf hin, dass thermisches Polyurethan Weichmacher enthalten kann. Einige der Weichmacher können gefährlich sein.

Seit 2023 gibt es härtere Auflagen, die von der Europäischen Chemikalienagentur EChA verhängt wurden. Enthalten Polyurethan-Produkte mehr als 0,1 Prozent Isocyanate, dürfen sie nicht mehr von Laien, sondern nur noch von geschulten Fachkräften eingesetzt werden. 

Polyurethan-Schaumstoff: Matratzen mit Schadstoff

Polyurethan-Matratzen standen in der Kritik.
Polyurethan-Matratzen standen in der Kritik.
(Foto: CC0 / Pixabay / Wokandapix)

2017 ist herausgekommen, dass der Chemiekonzern BASF über mehrere Wochen Polyurethan-Schaumstoff für Matratzen produziert hat, der mit Dichlorbenzolen (DCB) verunreinigt war. Der Stoff kann Augen, Haut und Atemwege und reizen und gilt als „krebsverdächtig“, schreibt Stiftung Warentest.

BASF hat angegeben, dass die Schadstoffkonzentration in der Raumluft nicht gesundheitsgefährdend sei. Zu diesem Ergebnis kommt auch das Bundesamt für Risikobewertung auf Basis der zur Verfügung gestellten Messwerte. Es stuft den Stoff zwar als „mindestens gesundheitsschädlich“ bei oraler Aufnahme ein. Aufgrund der geringen Konzentration in der Luft liege für Verbraucher:innen aber kein gesundheitliches Risiko vor.

Herstellung von Polyurethan in der Kritik

Die Herstellung von Polyurethan ist risikoreich.
Die Herstellung von Polyurethan ist risikoreich.
(Foto: CC0 / Pixabay / jarmoluk)

Die Herstellung von Polyurethan kritisieren vor allem Umweltschutzverbände und Baustoffexpert:innen – nicht nur aufgrund der giftigen Isocyanate, sondern auch wegen anderer an der Herstellung beteiligter Stoffe wie Chlor. Polyurethan ist eine der zwei Hauptanwendungen von Chlor in Europa, was erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt hat. Die Herstellung von Chlor selbst ist äußerst energieintensiv, denn sie erfolgt oft durch das Chloralkali-Verfahren, für das große Mengen an Elektrizität notwendig sind. Außerdem ist einer der Rohstoffe für Polyurethan Erdöl, das für Umwelt und Klima problematisch ist.

Mittlerweile gibt es Verfahren, die Polyurethan ohne Chlor herstellen und sogar aus CO2 synthetisieren

Kritisch bewerten Umweltverbände und Baustoffexpert:innen auch das Recycling von Polyurethan: Es „ist schwierig“, lautet die Einschätzung vom BUND und Verbrennen aufgrund giftiger Gase. 

Dennoch gibt es verschiedene Projekte, die altes Polyurethan doch noch weiterverwendbar machen sollen – zum Beispiel, indem Alt-PU aus Matratzen in seine Ausgangsmaterialien aufgetrennt wird. Daraus kann dann neues Polyurethan entstehen. 

Polyurethan erkennen – und vermeiden?

Trotzdem ist der Kunststoff noch weit davon entfernt, richtig nachhaltig zu sein. In vielen Bereichen des Lebens wirst du trotzdem nicht auf ihn verzichten können: Er steckt in medizinischen Produkten, Autos, Möbeln und Kleidung, zum Beispiel in Funktionskleidung. Im letzteren Fall ist dann beispielsweise die Rede von „PU-Beschichtung„, die als Imprägnierung fungiert. Beim Hausbau begegnet der Stoff dir in aufgeschäumter Form als „Schaumgummi“ oder als „Bauschaum„.

Beim Einkaufen erkennst du Polyurethan zum Beispiel an diesen Handelsnamen:

  • Lacke: Desmodur/Desmophen (=DD-Lacke)
  • Elastomer: Baytec, Cellasto, Elastollan, Vulkollan, Diprane, Elasturan, Vulkocell, Diepothan, Diepocell, Sylomer, Sylodyn, Recathan
  • Fasern: Elastan (Spandex), Lycra und Dorlastan
  • Vergussmassen: Bectron (Elektronik), Rhenatech (Elektrik), Elastocoat, RAKU-PUR, Baygal/Baymidur (Elektro- und Elektronikvergussmassen), Fermadur, ISO-PUR, Stobicast
  • Weichschäume: Bayflex, Elastoflex, Elastofoam
  • Hartschäume: Baytherm, Baydur, Elastocool, Elastolit
  • Dichtungsmasse: Sikaflex, RAKU-PUR, Fermapor K31
  • Blockmaterial: NECURON
  • PU-Folien: Walopur, Walotex, Platilon

Bei einigen diesen Produkten kannst du versuchen, Polyurethan zu umgehen. Greife bei Kleidung zum Beispiel auf natürliche Materialien aus Fasern wie Baumwolle, Hanf, Leinen oder Wolle in zertifizierter Bio-Qualität statt auf Kunststoff zurück.

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Überarbeitet von Annika Reketat

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