Gewitter können nicht nur in der Natur oder an Gebäuden schwere Schäden anrichten, sondern auch für dich gefährlich werden. Hier erfährst du, wie du dich bei Gewitter richtig verhältst und welchen Mythen du nicht glauben solltest.
In Deutschland werden jedes Jahr durchschnittlich 110 Menschen vom Blitz getroffen. Die Zahl der Blitzeinschläge mit Todesfolge liegt nach Angaben des VDE bei jährlich vier Personen. Damit liegt die Zahl der Todesopfer zwar deutlich niedriger, allerdings tragen viele Überlebende schwere körperliche und seelische Verletzungen davon. Wichtig ist deshalb zu wissen, wo die Gefahren bei Gewitter liegen und wie du dich richtig verhältst. Im Folgenden findest du eine Übersicht mit den wichtigsten Dos und Don’ts für verschiedene Situationen.
Um die Gefahren eines Blitzeinschlags besser zu verstehen, ist hilfreich zu verstehen, wie ein Blitz funktioniert: Ein Blitz gleicht den Spannungsunterschied zwischen Gewitterwolken und der Erdoberfläche aus. So können Blitze mit gut 100 Millionen Volt einschlagen, was verheerende Folgen haben kann. Diese Spannung nimmt rund um die Einschlagstelle in der Erde kreisförmig ab, das heißt auch ein Einschlag in ein paar Metern Entfernung kann noch gefährlich sein.
Dos bei Gewitter: So solltest du dich verhalten
Wie du dich bei Gewitter richtig verhältst, kommt darauf an, ob du dich in einem Gebäude befindest oder dich draußen aufhältst. Daneben spielt eine Rolle, ob dein Haus über ein Blitzschutzsystem oder nur einen Blitzableiter verfügt. Im Folgenden findest du Hinweise zu richtigem Verhalten bei Gewitter.
So verhältst du dich bei Gewitter im Haus:
- Suche Unterschlupf in Gebäuden mit Blitzableiter oder Blitzschutzsystem: In Gebäuden mit Blitzableitern oder, noch besser, mit Blitzschutzsystemen bist du sicher vor Blitzeinschlägen. In der Regel verfügen heute fast alle Gebäude über Blitzableiter oder Blitzschutzsysteme.
- Schließe Fenster und Türen: Gewitter bringen oftmals auch Starkregen, Hagel und Sturmböen mit sich. Daher solltest du bewegliche Gegenstände bei Gewittern vom Balkon oder der Terrasse nach drinnen holen und alle Fenster und Türen schließen.
- Stecke alle elektrischen Geräte aus: Eingesteckte Elektrogeräte wie PCs, Fernseher oder Küchengeräte können bei einem Gewitter durch Überspannungsschäden beschädigt werden. Eine Möglichkeit, dem vorzubeugen, sind eingebaute Überspannungsschutzgeräte. Wenn ein solcher Überspannungsschutz allerdings nicht vorliegt oder ein starkes Gewitter in nächster Nähe aufzieht, solltest du die elektrischen Geräte dennoch ausstecken, da in diesem Fall trotz Überspannungsschutz Schäden auftreten können.
Wenn du dich draußen aufhältst:
- Suche Unterschlupf im Auto: Ein geschlossenes Fahrzeug aus Metall bietet selbst bei direktem Blitzeinschlag einen guten Schutz. Die Metallkarosserie bildet hier einen sogenannten Faraday’schen Käfig und leitet den Strom direkt in die Erde. Für Flugzeuge und Züge gilt übrigens dasselbe. Aber: Vorsicht bei Fahrzeugen, die nicht komplett aus Metall sind. Cabrios oder Wohnmobile, die kein Dachgerüst aus Metall haben, sind auch bei geschlossenem Verdeck nicht sicher.
- Gehe in die Hocke und stelle die Füße nah zusammen: Da sich die Spannung rings um die Einschlagstelle im Boden ausbreitet, besteht auch bei einem Blitzeinschlag in einigen Metern Entfernung noch Gefahr. Der Strom kann noch immer über die Erde deinen Körper durchlaufen – entscheidend ist hier die sogenannte Schrittspannung. Damit ist der Spannungsunterschied gemeint, den deine Beine aufweisen, wenn deine Füße weit auseinander stehen, da die Spannung ringsum die Einschlagstelle kreisförmig abnimmt. Daher solltest du möglichst wenig Kontaktfläche zum Untergrund haben, um den Spannungsunterschied möglichst gering zu halten. Empfehlenswert ist daher, mit eng beieinander stehenden Füßen in die Hocke zu gehen.
- Halte Abstand zu anderen Personen: Wenn du mit einer größeren Gruppe unterwegs bist, solltet ihr ausreichend Abstand zueinander halten und euch keinesfalls berühren. Damit ein Blitz nicht überspringen kann solltet ihr am besten mindestens drei Meter Abstand halten.
- Ziehe deinen Rucksack aus und berühre keine metallischen Gegenstände: Metallische Gegenstände ziehen zwar keine Blitze an, leiten diese aber sehr gut. Sollte ein Metallgegenstand vom Blitz getroffen werden, den du berührst, würde dies schwere Verbrennungen nach sich ziehen. Auch Rucksäcke haben zum besseren Tragekomfort häufig ein Metallgerüst integriert.
Darf ich bei Gewitter duschen?
In modernen Wohnungen ist Duschen oder Baden bei Gewitter in der Regel kein Problem, denn heutzutage sind die Wasserrohre meist aus Kunststoff und somit nicht leitend. Auch wenn das Gebäude über ein Blitzschutzsystem verfügt, bei dem alle metallischen Leitungen miteinander verbunden und geerdet sind, besteht selbst in alten Häusern mit Wasserrohren aus Metall keine Gefahr beim Duschen.
Wenn du dir aber unsicher bist, ob dein Haus mit einem Blitzschutzsystem ausgestattet ist, solltest du bei Gewitter auf das Duschen, Baden und Händewaschen verzichten. In diesem Fall solltest du dich auch von anderen Leitungen aus Metall wie Heizungen fernhalten und auf das Telefonieren mit dem Schnurtelefon verzichten. Mobile Telefone kannst du ohne Bedenken benutzen. Informiere dich am besten bei deinen Vermietern, ob ein Blitzschutzsystem vorhanden ist.
Don'ts bei Gewitter: Dieses Verhalten solltest du vermeiden
- Stelle dich nicht unter Bäume: Bäume sind zwar hohe Punkte in der Landschaft, die wahrscheinlicher vom Blitz getroffen werden als du. Allerdings kann die Spannung zu dir überspringen, wenn du dich in der Nähe von Bäumen aufhältst. Zudem besteht Gefahr, von abgespaltenen Ästen getroffen oder durch Feuer verletzt zu werden. Insbesondere alleinstehende Bäume werden häufiger vom Blitz getroffen. Da ist es auch unerheblich, ob es sich um Eichen oder Buchen handelt („Eichen sollst du weichen. Buchen sollst du suchen.) Im Wald sieht es etwas anders aus: Hier geht die größte Gefahr von herabfallenden Ästen aus. Stelle dich daher am besten unter junge und niedrige Bäume.
- Meide weite Felder: Auf flachen Ebenen bist du die höchste Erhebung und erhöhst somit das Risiko, vom Blitz getroffen zu werden. Kannst du die Ebene nicht mehr verlassen, solltest du dir die niedrigste Stelle suchen und dort in die Hocke gehen.
- Lege dich nicht flach auf den Boden: Solltest du eine flache Wiese nicht mehr rechtzeitig verlassen können, solltest du dich nicht flach auf den Boden legen, denn die Erde leitet und du bietest damit viel Kontaktfläche. Stelle sicher, dass du aufgrund der Schrittspannung möglichst wenig Kontaktfläche zum Boden hast und nimm stattdessen eine Kauerhaltung ein.
- Vermeide Fahrrad- und Motorradfahren: Anders als im Auto bist du hier nicht vor einem Blitzeinschlag geschützt. Daher solltest du einen sicheren Unterschlupf suchen.
- Halte dich nicht im oder auf dem Wasser auf: Schwimmen, Tauchen oder Segeln im Wasser kann bei Gewitter gefährlich werden, denn Wasser leitet. Zudem stellst du auf dem Wasser meist den höchsten Punkt dar und bist damit besonders gefährdet. Bei ersten Anzeichen solltest du das Wasser deshalb verlassen. Wenn das nicht mehr möglich ist und du dich beispielsweise auf einem Boot ohne Überdachung befindest, solltest du dich in Kauerstellung begeben und keine Metallgegenstände berühren. Boote mit hohen Masten wie Segelboote sollten unbedingt mit einem Blitzableiter ausgestattet sein.
- Vermeide Berge: Wenn du auf einer Bergwanderung vom Gewitter überrascht wirst und nicht mehr rechtzeitig ins Tal kommst, solltest du Unterschlupf suchen, zum Beispiel in einer Hütte. Notfalls bieten auch Höhlen oder Felsvorsprünge Schutz. Wichtig: Halte Abstand zu Felswänden und berühre keine leitenden Gegenstände wie nasse Kletterseile, nasse Felswände oder Drahtseile.
- Renne nicht vor einem Gewitter weg: Hier spielt wieder die sogenannte Schrittspannung eine Rolle: Beim Rennen stehen deine Füße gespreizt auf dem Boden. Das führt zu einem großen Spannungsunterschied zwischen deinen Beinen, wenn in der Umgebung ein Blitz einschlägt. Da sich die Spannung nach dem Einschlag kreisförmig im Boden ausbreitet und an Stärke verliert, besteht bei auseinandergespreizten Beinen ein hoher Spannungsunterschied. Dadurch kann der Strom durch deinen Körper fließen und zu schweren Verletzungen führen. Besser ist es daher, wenn du dich wenn überhaupt hüpfend von einem Gewitter entfernst.
- Vermeide Reiten und Golfspielen: Obwohl du dich generell bei Gewittern nicht draußen aufhalten solltest, sind diese beiden Sportarten besonders gefährlich. Beim Reiten sitzt du sehr hoch, was einen Blitzeinschlag wahrscheinlicher macht, während das Golfspielen mit einem weiten Feld verbunden ist, das du bei Gewitter ebenfalls meiden solltest.
Ab welcher Entfernung wird ein Gewitter gefährlich?
Grundsätzlich gilt: Beim ersten Anzeichen von Gewittern solltest du dich frühzeitig in Sicherheit begeben. Gewitter erkennst du meist schon früh an den sogenannten Cumulonimbus-Wolken, die die Form eines Amboss haben. Baut sich eine solche Gewitterwolke auf, kannst du dich auf ein Gewitter gefasst machen. Spätestens ab einer Entfernung von etwa fünf Kilometern solltest du dich vor Blitzeinschlägen in Sicherheit begeben. Die Entfernung eines Gewitters kannst du mit einer einfachen Faustregel berechnen:
Zähle die Sekunden zwischen Blitz und Donner und teile die Zahl durch drei. So erhältst du grob die Entfernung in Kilometern. Wenn du also 15 Sekunden bis zum Donner zählst, ist das Gewitter rund 5 Kilometer entfernt und damit schon relativ nah. In diesem Fall solltest du dich unmittelbar in Sicherheit begeben. Eine etwas genauere Anleitung, um die Entfernung eines Gewitters zu berechnen, findest du in unserem anderen Artikel.
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