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Servant Leadership: Was steckt hinter dem Prinzip der „dienenden Führung“?

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Foto: CC0 / Unsplash / Memento Media

Servant Leadership, also eine dienende Führung, mag erst einmal widersprüchlich klingen. Wie der Führungsstil gelingen kann und welche Vorteile er mit sich bringt, erklären wir hier.

Servant Leadership grenzt sich vom „traditional leadership“ ab, also dem traditionellen Führungsstil. Darin ermutigt der:die Vorgesetzte die Mitarbeitenden durch Motivation und wegweisende Tipps dazu, ihr Bestes zu geben. Das Hauptziel traditioneller Chef:innen sind der Erfolg der Organisation oder des Unternehmens. Dieser Führungsstil wird oft auch durch „Command & Control“ beschrieben – also Steuerung und Kontrolle.

Was ist Servant Leadership?

Servant Leadership legt großen Fokus auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen.
Servant Leadership legt großen Fokus auf die Zufriedenheit der Mitarbeiter:innen.
(Foto: CC0 / Pixabay / kirill_makes_pics)

Servant Leadership bedeutet wortwörtlich „dienende Führung“. Hierbei stellt die Führungskraft die Bedürfnisse, das Wachstum und das Wohlergehen der Mitarbeiter:innen in den Vordergrund.

Anstatt seine/ihre Autorität auszunutzen, arbeitet ein „servant Leader“ daran, die Menschen, mit denen er/sie zusammenarbeitet, zu unterstützen und zu befähigen – und ihnen so sozusagen zu dienen. Dazu gehört auch, ein Umfeld zu schaffen, in dem alle Mitarbeitenden ihre authentische Persönlichkeit entfalten können. Sogar um die persönliche und gesundheitliche Entwicklung der Mitarbeitenden kümmern sich Chef:innen beim Servant Leadership.

Servant Leader fokussieren sich also auf die Menschen, die direkt „unter“ ihnen stehen.

Herkunft des Begriffs

Die dienende Führung will das Gegenteil der traditionellen, autoritären "command and control"-Führung darstellen.
Die dienende Führung will das Gegenteil der traditionellen, autoritären „command and control“-Führung darstellen.
(Foto: CC0 / Pixabay / phmaxiestevez)

Das Konzept der Servant Leadership wurde in den 1970er Jahren vom Mathematiker Robert K. Greenleaf geprägt. 1970 veröffentlichte er nach einer 38-jährigen Karriere beim Telekommunikationskonzern AT&T, unter anderem als Manager, „The Servant as Leader“. In diesem Essay beschreibt er erstmals seine Idee, dass gute Führung darin bestehe, anderen zu dienen und ihnen dabei zu helfen, ihr volles Potenzial auszuschöpfen.

Greenleaf argumentierte, dass traditionelle autoritäre Führungsmethoden nicht immer effektiv sind, und dass ein neuer Ansatz erforderlich ist, um die Ziele einer Organisation zu erreichen.

Auf der Webseite der Nonprofit-Organisation „Robert K. Greenleaf Center for Servant Leadership“ findest du Kurse, Greenleafs Biographie sowie „The Servant as Leader“ zum Download für etwa fünf Dollar. Die Inhalte sind nur auf Englisch auf der Webseite verfügbar. Greenleaf gründete die Organisation 1964, damals noch unter dem Namen „The Center for Applied Ethics“.

10 Prinzipien des Servant Leadership

Larry C. Spears, CEO des „Larry C. Spears Center for Servant Leadership“, hat nach langem Studium der Schriften von Greenleaf zehn Eigenschaften identifiziert, die einen „Servant Leader“ ausmachen.

1. Gut zuhören

Dienende Führungskräfte hören immer erst anderen zu, bevor sie ihre eigene Meinung sagen. Sie wollen wissen, was ihre Mitarbeitenden denken und wie sie sich fühlen. Sowohl, was gesagt wird, als auch, was verschwiegen wird, will er oder sie heraushören und so die Absichten der Gruppe klar identifizieren. Wichtig sind auch Phasen der Reflexion, um das Gehörte besser zu verstehen.

Möchtest du lernen, besser zuzuhören? Lies zum Beispiel auch Aktives Zuhören: Techniken und Methoden und 7 Prinzipien des Deep Listening.

2. Empathie

Als dienende Führungskraft strebst du danach, andere zu verstehen und dich in sie einzufühlen. Akzeptiere sie in ihrer Einzigartigkeit und gehe immer davon aus, dass alle die besten Absichten haben.

Mehr Tipps dazu, wie du deine Empathiefähigkeit verbessern kannst: Empathie lernen: So wirst du einfühlsamer

3. Heilung

Viele Menschen fühlen sich durch negative Erlebnisse in der Vergangenheit, ob professionell oder privat, gebrochen oder verletzt. Dienende Führungskräfte müssen Greenleaf zufolge erkennen, dass sie die Möglichkeit haben, ihren Mitarbeitenden bei ihrer Heilung zu helfen.

In „The Servant as Leader“ schreibt Greenleaf dazu: „Demjenigen, dem gedient und der geführt wird, wird auf subtile Weise vermittelt, dass das Streben nach Ganzheit etwas ist, das sie gemeinsam haben, wenn die Vereinbarung zwischen dem dienenden Leiter und dem Geführten implizit ist.“

4. Bewusstsein

Ein allgemeines Bewusstsein und ein Bewusstsein seiner Selbst („awareness“ und „self-awareness“ – nicht zu verwechseln mit Selbstbewusstsein), hilft der dienenden Führungskraft in ihrer Rolle. Es kann helfen, Ethik-, Macht- und Wertefragen in der Mitarbeiter:innenführung besser zu verstehen. Es trägt zu einem ganzheitlicheren Blickwinkel bei, durch den die Führungskraft auch ihre eigenen Stärken und Schwächen klarer sehen kann.

Greenleaf in seinem Essay dazu: „Bewusstsein ist kein Trostspender – es ist genau das Gegenteil. Es ist ein Störenfried und ein Aufwecker.“

5. Überzeugungskraft

Bei Entscheidungen stützen sich dienende Führungskräfte eher auf Überzeugungsarbeit als auf die eigene Autorität. Er oder sie vermeidet es, die Mitarbeitenden zur Einhaltung von Vorschriften zu zwingen, und versucht stattdessen, Konsens herzustellen. Das ist einer der deutlichsten Unterschiede zwischen dem traditionellen autoritären Modell und dem der dienenden Führung.

6. Konzeptionskraft

Konzeptionskraft (original im Englischen: „conceptualization“) bedeutet, über die alltäglichen Probleme hinauszudenken und sozusagen groß zu träumen. Alle Führungskräfte müssen kurzfristige, operative Entscheidungen treffen können.

Servant Leaders arbeiten darüber hinaus an ihrem langfristigen, konzeptionellen Denken. Damit vereinen sie idealerweise die Perspektiven der Vorstandsebene (sehr langfristig und wenig detailreich) und der Mitarbeitenden (operatives Tagesgeschäft, eher kurzfristig).

7.  Voraussicht

Diese siebte Fähigkeit ist der Konzeptionskraft recht ähnlich. Voraussicht bedeutet, das wahrscheinliche Ergebnis einer Situation möglichst gut vorauszusehen. Wer die Gegenwart möglichst klar sieht (siehe Punkt vier: Bewusstsein) und stetig aus der Vergangenheit lernt, tut sich damit leichter.

8. Stewardship

Stewardship kann man mit „treuhänderischer Verwaltung“ übersetzen. Damit gemeint ist eine Art von Verantwortlichkeit: Die Fähigkeit, Verantwortung für die Handlungen, Verhaltensweisen und Leistungen des Teams zu übernehmen.

9. Engagement für das Wachstum der Menschen

Im englischen Original heißt dieser Punkt „Commitment“, also eine feste und verbindlich Zusage zu einem bestimmten Engagement. Dienende Führungskräfte sehen den Wert der Menschen, mit denen sie arbeiten, der über ihre greifbaren Beiträge als Arbeitnehmer:innen hinausgeht. Sie fördern deshalb die Persönlichkeitsentwicklung jedes und jeder Einzelnen in der Organisation.

Sie können dazu zum Beispiel Kurse für die persönliche und berufliche Weiterentwicklung bereitstellen oder auch entlassene Mitarbeiter:innen aktiv bei der Suche nach einer neuen Anstellung unterstützen.

10. Gemeinschaft

Eine dienende Führungskraft versucht, in der Organisation eine echte Gemeinschaft aufzubauen. Greenleaf ist der Ansicht, dass Gemeinschaftlichkeit unter Menschen verloren gegangen sei, aber innerhalb des Arbeitsplatzes wiederhergestellt werden könnte. Das können servant Leaders ihm zufolge fördern, indem sie Verantwortung für ihre spezifische Gemeinschaft übernehmen.

Wie geht Servant Leadership? Dos und Don’ts

Servant Leadership bedeutet nicht, die Mitarbeitenden zu verwirren, indem man keine klaren Ziele steckt.
Servant Leadership bedeutet nicht, die Mitarbeitenden zu verwirren, indem man keine klaren Ziele steckt.
(Foto: CC0 / Pixabay / saniusman89)

Servant Leadership ist schwierig, wahrscheinlich schwieriger als der traditionell autoritäre Führungsstil. Während dienende Führungskräte sich um die oben beschriebenen zehn Eigenschaften bemühen sollten, gibt es auch einige Dinge zu vermeiden. Hier eine Liste der Dos und Don’ts:

Dos

  1. Mitarbeitende müssen ihre Aufgabe verstehen. Bevor die Führungskraft sie in ihrem Ziel unterstützen kann, muss klar kommuniziert sein, was genau das Ziel eigentlich ist. Es geht also nicht darum, Ziele offen oder den Mitarbeitenden selbst zu überlassen.
  2. Auch dienende Führungskräfte sollten eine Richtung vorgeben. Nur wenn für alle klar, wohin es geht, können sich Mitarbeitende von ihren Führungskräften Unterstützung abholen.
  3. Mitarbeitende sind für ihre Arbeit verantwortlich. Es ist zwar die Rolle des/der Vorgesetzten beim Servant Leadership, alle Kolleg:innen bestmöglich zu unterstützen. Das heißt jedoch nicht, dass die Mitarbeitenden ihre eigenen Leistungen nicht mehr selbst verantworten müssen.

Don’ts

  1. Führungskräfte sollten nicht einfach die Kontrolle angeben. Auch unter Servant Leadership darf nicht einfach jede:r tun, wozu er oder sie Lust hat. Ziele müssen klar gesteckt sein.
  2. Sich aus dem Tagesgeschäft herauszuziehen, ist ein No-go. Servant Leadership bedeutet nicht, abwesend oder schwer erreichbar zu sein. Wenn Mitarbeitende zum Beispiel nur an bestimmten Terminen mit ihrer Vorgesetzten sprechen und Bedenken äußern dürfen, fühlen sie sich vermutlich nicht besonders unterstützt.
  3. Empathie nur erwarten, aber nicht selbst praktizieren. Servant Leadership legt einen Fokus auf Empathie zwischen Kolleg:innen, aber auch zwischen Führungskraft und Mitarbeitenden. Wenn einen Chef beispielsweise Beschwerden erreichen, sollte er sich die Zeit nehmen, empathisch zu reagieren, statt sich schnell zu verteidigen und die Beschwerden abzutun.

Vor- und Nachteile des Servant Leadership

Servant Leadership ist möglicherweise nicht für jede Arbeitsumgebung eine gute Wahl.
Servant Leadership ist möglicherweise nicht für jede Arbeitsumgebung eine gute Wahl.
(Foto: CC0 / Pixabay / StockSnap)

Natürlich ist nicht ausgeschlossen, dass einige Führungskräfte gerne Servant Leadership praktizieren würden – oder sagen, dass sie es bereits tun – dem Konzept aber nicht wirklich gerecht werden. Deshalb gibt es bereits Forschung, die Servant Leadership genauer zu messen versucht.

Wie Forbes schreibt, sind die vielen potenziellen Vorteile nichtig, wenn die Führungskraft sich nicht ethisch verhält. Wie verbreitet und wie gut umgesetzt Servant Leadership in einer Organisation wirklich ist, versuchen Wissenschaftler:innen daher besser zu messen.

Richtig und gewissenhaft ausgeführtes Servant Leadership bringt eine Reihe von Vorteilen mit sich, sowohl für die Mitarbeiter:innen als auch für die Organisation als Ganzes.

Pros

  1. Stärkung der Mitarbeiter:innen: Durch den Fokus auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter:innen fühlen sie sich wertgeschätzt und motiviert. Das führt zu einer erhöhten Arbeitszufriedenheit und einem gesteigerten Engagement.
  2. Verbesserte Zusammenarbeit: Servant Leadership fördert eine offene Kommunikation und baut Vertrauen zwischen Führungskraft und Teammitgliedern auf.
  3. Höhere Produktivität: Wenn Mitarbeiter:innen das Gefühl haben, dass ihre Arbeit wertgeschätzt wird und sie die Unterstützung erhalten, die sie benötigen, sind sie eher bereit, ihr Bestes zu geben. Dies führt zu einer Steigerung der Produktivität und Effizienz.
  4. Langfristiger Erfolg: Servant Leadership zielt nicht nur auf kurzfristige Ergebnisse ab, sondern fördert das langfristige Wachstum und die Entwicklung der Mitarbeiter:innen. Dadurch entsteht eine stabile Grundlage für den Erfolg der Organisation.

Obwohl Servant Leadership viele positive Aspekte hat, gibt es auch potenzielle Nachteile, die berücksichtigt werden sollten.

Cons

  1. Langsamere Entscheidungsfindung: Da Servant Leadership auf Konsens und Einbeziehung aller basiert, kann die Entscheidungsfindung zeitaufwändiger sein. Manche Situationen erfordern jedoch schnelle Maßnahmen, sodass das zum Problem werden kann.
  2. Schwierigkeiten in autoritären Umgebungen: Servant Leadership kann in autoritären Organisationen oder in Kulturen, die auf strikter Hierarchie basieren, auf Widerstand stoßen. Die Umstellung auf einen dienenden Führungsstil erfordert ein Umdenken und eine Anpassung der vorhandenen Strukturen.
  3. Ausnutzbarkeit: Es besteht das Risiko, dass der gute Wille einer Führungskraft von Mitarbeiter:innen ausgenutzt wird. Es ist wichtig, klare Grenzen zu setzen und sicherzustellen, dass die Mitarbeiter:innen auch Verantwortung übernehmen.

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