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Social Freezing: Vorteile und Risiken der kontroversen Praxis

social freezing
Foto: CC0 / Pixabay / Marjonhorn

Social Freezing soll Menschen dabei helfen, ohne biologischen Druck die Kinderplanung nach hinten verschieben zu können. Hier erfährst du mehr zu den wissenschaftlichen Hintergründen sowie den Vor- und Nachteilen der Praxis.

Social Freezing, auch als Eizellvitrifikation bekannt, ist ein Prozess, bei dem die Eierstöcke einer gebärfähigen Person stimuliert werden, um eine größere Anzahl von Eiern zu produzieren. Diese werden dann entnommen und kryokonserviert, das heißt eingefroren. Die eingefrorenen Eizellen lassen sich später wieder auftauen und bei Bedarf zur Befruchtung verwenden, um eine Schwangerschaft herbeizuführen. Social Freezing kann Menschen mit Uterus die Möglichkeit geben, ihre Fruchtbarkeit zu bewahren, wenn sie später im Leben Kinder haben möchten.

In Deutschland ist Social Freezing erlaubt. Es gibt also keine rechtlichen Hindernisse, die der Praxis im Weg stehen würden. Trotzdem wird daran auch Kritik geübt. 

Social Freezing: Mehr Gleichberechtigung?

Um mehrere Eizellen heranreifen lassen zu können, müssen sich gebärfähige Personen beim Social Freezing einer Hormonbehandlung unterziehen. Dadurch sollen idealerweise etwa 30 Eizellen heranreifen. Diese werden aus der Vagina entnommen und dann schockgefroren. Die Technik soll für gebärfähige Personen vor allem zwei zentrale Vorteile mit sich bringen:

  • Entlastung für Krebskranke: Laut dem Deutschlandfunk kann Social Freezing vor allem für Krebspatient:innen eine große Erleichterung sein. Denn insbesondere die Chemotherapie könne die Fruchtbarkeit von Betroffenen stark senken oder sogar gänzlich zu Unfruchtbarkeit führen. In solchen Fällen könnten gebärfähige Personen vor Behandlungsbeginn ihre Eizellen einfrieren lassen. Haben sie die Erkrankung überstanden, könnten sie so auch danach noch Kinder bekommen. Dies gelte auch für andere Erkrankungen, wie zum Beispiel rheumatologische Krankheiten.
  • Mehr Autonomie und Selbstbestimmung: Laut einem fachwissenschaftlichen Artikel aus dem Jahr 2021 könnte Social Freezing einen Teil zur Gleichstellung der Geschlechter beitragen. So müssen gebärfähige Personen ihr Leben bei Kinderwunsch nicht länger nach der „biologischen Uhr“ ausrichten, sondern haben auch im späteren Verlauf des Lebens noch die Möglichkeit, Kinder zu bekommen. Sie sind dann in ihrer Lebensplanung freier und können sich beispielsweise erst einmal länger ihrer Selbstverwirklung, Karriereplanung oder anderen Lebenszielen widmen.

Social Freezing: Risiken und Nachteile

Es gibt keine Garantie dafür, dass Social Freezing tatsächlich zu einer erfolgreichen Schwangerschaft führt.
Es gibt keine Garantie dafür, dass Social Freezing tatsächlich zu einer erfolgreichen Schwangerschaft führt.
(Foto: CC0 / Pixabay / JuliaFiedler)

Social Freezing bietet Menschen in der Kinder- und Lebensplanung auf den ersten Blick viele neue Freiheiten. Doch die Technologie ist umstritten und weist einige Risiken und Nachteile auf:

  • Keine Garantie: Laut kanadischen Wissenschaftler:innen ist Social Freezing keine Garantie für eine erfolgreiche Schwangerschaft oder eine Lebendgeburt. Je älter die entprechende Person, umso geringer ist dabei die Wahrscheinlichkeit, bei Social Freezing schwanger zu werden. So liegt sie für gebärfähige Menschen im Alter von 34 Jahren bei 90 Prozent, für 42jährige jedoch nur noch bei 37 Prozent. Laut ScienceDaily sind die Wahrscheinlichkeiten deutlich geringer: Sie würden für Personen unter 35 Jahren etwa 40 Prozent und für Menschen über 40 Jahre nur 15 Prozent betragen.
  • Nebenwirkungen der Hormontherapie: Die hormonelle Stimulation, die für das Heranreifen der Eizellen notwendig ist, kann teilweise schwere Nebenwirkungen mit sich bringen, wie die kanadischen Forschenden berichten. Dazu gehören unter anderem Müdigkeit und Erschöpfung, Schmerzen im Unterleib, Verwirrtheit und Reizbarkeit und Brustschmerzen. Im schlimmsten Fall kann es zum sogenannten ovariellen Überstimulationssyndrom kommen, das sich unter anderem in Erbrechen, Blutgerinnseln und Dehydration äußert und sogar lebensbedrohlich werden kann.
  • Kosten: Social Freezing ist ein teurer Prozess. Laut dem Deutschlandfunk lagen die Kosten für die Entnahme und das Einfrieren der Eizellen im Jahr 2019 bei etwa 4.000 Euro. Krankenkassen übernehmen jedoch mittlerweile für krebskranke Patient:innen Teile dieser Kosten. Gesunde Personen müssen die Beträge selbst zahlen. Damit könnten sich soziale Ungleichheiten verfestigen. Schließlich bleiben die Vorteile der Technologie, wie etwa mehr Autonomie und Selbstbestimmung, nur der oberen gesellschaftlichen Schicht vorbehalten, die sich die Praxis leisten kann.
  • Ethische Fragen: Social Freezing ist auch aus ethischer Sicht kontrovers. So gibt es Befürchtungen, dass die Technologie immer mehr kommerzialisiert wird und die freie Verschiebung der Kinderplanung zur Marketingstrategie wird, die den Umsatz einzelner Konzerne steigern soll, so ein fachwissenschaftlicher Artikel aus dem Jahr 2021. Zudem könne die Technologie Personen darin bestärken, Kinder erst später im Leben zu bekommen. Doch auch bei Social Freezing sinkt die Wahrscheinlichkeit einer Schwangerschaft mit dem Alter. Dabei dürfe zudem nicht vergessen werden, dass eine späte Schwangerschaft für Elternteil und Kind höhere gesundheitliche Risiken mit sich bringt.

Ob Social Freezing im Einzelfall sinnvoll ist oder nicht, muss immer individuell entschieden werden. Lasse dich dafür zunächst im Vorfeld umfassend beraten und wäge auf Basis dieses Wissens alle Vor- und Nachteile ab.

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