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Solarpunk: Science-Fiction-Zukunft und utopische Bewegung

Solarpunk
Foto: CC0 / Pixabay / VacacionesPagodasBlog

Solarpunk ist Fiktion, die Hoffnung macht. Trotz Klimakrise muss die Zukunft vielleicht gar nicht so schlecht sein. Welche Zukunft das Genre Solarpunk in verschiedenen Bereichen anstrebt, erfährst du hier.

Solarpunk ist ein Science-Fiction-Genre, das gar nicht so fiktiv sein sollte. Denn es stellt eine Zukunft vor, wie wir sie uns wünschen – eine bessere Welt, jenseits der Katastrophen und Weltuntergangsphantasien, die üblicherweise den Ausgangspunkt von Science-Fiction darstellen.

Die University of Colorado beschreibt Solarpunk eher als eine Bewegung, die eine klimaneutrale Zukunft anstrebt. Dazu erschafft sie beispielsweise mithilfe von Kunst und Literatur eine Utopie – entwirft also Ideen, wie eine nachhaltige Gesellschaft aussehen könnte.

In dieser noch fiktiven Welt haben die Menschen tatsächlich schon das geschafft, was für uns noch das große Ziel bis 2050 ist: Net Zero. Um dies zu erreichen, müsste die Menschheit weitestgehend alle Treibhausgasemissionen auf Null zurückfahren. Das bedeutet, dass fossile Brennstoffe in Zukunft eine untergeordnete Rolle spielen müssten. Nur so lassen sich die klimaschädlichen Treibhausgase wirksam senken. In der Zukunftswelt des Solarpunk sind daher längst Solar- oder Windkraft an die Stelle getreten, die in der realen Welt noch Erdöl oder Gas einnehmen.

Solarpunk: Eine bessere Alternative

Wie sieht die Solarpunk-Welt aus? Stell dir vor, die Menschen leben in Harmonie mit der Natur. Das ist die grundlegende Idee von Solarpunk.

  • Die Städte sind keine Fremdkörper in der Landschaft, sondern verschmelzen mit der Natur ringsherum. Es gibt begrünte Dächer, auf denen Obst und Gemüse wachsen. Die Methoden der Permakultur machen Kunstdünger und synthetische Pestizide überflüssig. Hochhäuser haben begrünte Fassaden und sorgen so für ein angenehmes Stadtklima. Betonwüsten und dicht befahrene Straßen gibt es in dieser alternativen Welt nicht.  
  • Erneuerbare Energiequellen liefern saubere und umweltfreundlichere Energien. Überall versorgen kleine Solaranlagen und Windräder die Menschen mit Strom. So wie die Stadtgärten eine lokale Lebensmittelproduktion ermöglichen, ist auch die Energieversorgung dezentral und gemeinschaftlich organisiert.
  • Die zukunftsweisenden Technologien arbeiten mit der Natur statt gegen sie. Für seine klimaneutrale Welt greift der Solarpunk oft auf altbewährte Techniken zurück, modernisiert sie und schafft so ein futuristisches Design. In dieser gedachten Welt treiben Segel Fahrzeuge an oder Wind- und Wasserräder liefern die benötigte Energie.
  • In der Solarpunk-Welt können alle Menschen gleichermaßen auf technische Errungenschaften zugreifen. Die Technologien sind wie eine Open-Source-Software für alle verfügbar und ermöglichen so Chancengleichheit auf der Welt. Die Technologien und das Wissen darum gehören zum Allgemeingut. Es gibt daher auch nicht so etwas wie Patente, die Einzelne bevorzugen. Das entspräche nicht der Ideologie von Solarpunk. In dieser Welt organisieren sich die Menschen in kleinen Gemeinschaften, die sich weitestgehend selbst versorgen.

    Solarpunk in der Kunst

    Die Künstler:innen entwerfen die Solarpunk-Welt mit fröhlichen Farben. Pflanzen und Blumen sind wichtige Elemente in ihrer Kunst. Die fiktiven Welten kannst du dir in etwa wie das Auenland in „Der Herr der Ringe“ vorstellen, kombiniert mit asiatischen Manga-Zeichnungen und Science-Fiction-Motiven. Die Bewegung bindet reale wissenschaftliche Erkenntnisse in Fiktion und Kunst mit ein. Sie möchte informieren und Hoffnung machen, dass eine bessere Zukunft möglich ist. Vor allem aber möchte Solarpunk dazu motivieren, dass die klimaneutrale Welt bald Wirklichkeit werden kann. 

    Damit grenzt sich die Bewegung grundsätzlich von anderen Science-Fiction-Genres, wie Steam- oder Cyberpunk ab. In diesen rein fiktiven Welten herrschen düsteren Farben vor, die eine Endzeitstimmung heraufbeschwören.

    Solarpunk kannst du in Büchern, Comics, Filmen, dem Solarpunk-Magazin oder in den sozialen Medien wie auf YouTube oder Instagram erleben. 

    Einige Beispiele für Literatur und Film:

    Bücher 

    • Glass and Gardens – Solarpunk Summer”: Eine Sammlung von Kurzgeschichten in englischer Sprache. Erhältlich im Buchhandel oder online, zum Beispiel bei Buch7**. 
    • Nausicaä aus dem Tal der Winde” ist ein Manga-Comic und Animationsfilm, bei dem es um die Prinzessin Nausicaä geht, die mit Rieseninsekten befreundet ist. 

    Filme

    • Wall-E”: Der populäre Animationsfilm von Pixar Studios. Die beiden Roboter Wall-E und EVE bringen eine kleine Pflanze zurück auf die zerstörte Erde. 
    • Black Panther” basiert auf dem gleichnamigen Marvel-Comic. Der afrikanische Stamm der Wakanda steht im Mittelpunkt der Geschichte, bei der es um Superkräfte und Intrigen geht. Die fiktive Welt ist von Solarpunk inspiriert und zeigt die Stadt Wakanda, die zu gleichen Teilen aus High-Tech Elementen und afrikanischer Lehmbauweise zusammengesetzt ist.

    Solarpunk in der realen Welt

    Elemente aus dem Solarpunk existieren schon in der heutigen Welt. Beispiele findest du unter anderem in der Architektur und der Mode.

    Architektur: Singapur zeigt beispielsweise, wie Pflanzen das Klima und die Wasserversorgung in städtischen Gebieten verbessern können. In dem Stadtstaat entstanden dahingehend schon einige Projekte. Die Supertree Groves (siehe den Instagram-Post unten), die Cloud Fountain oder der Jewel Changi Airport orientieren sich beispielsweise an der Solarpunk-Philosophie. In den Gebäuden verschwimmen die Grenzen zwischen Gärten und Innenräumen.

    Die Supertrees geben ein Beispiel für die vom Solarpunk inspirierte nachhaltige Architektur. Es sind bis zu 50 Meter hohe künstliche Bäume, die eigentlich als riesige Belüftungsschächte für die darunter liegenden Gewächshäuser funktionieren. Gleichzeitig dienen sie als vertikale Gärten, die Regenwasser sammeln. Die eingebauten Solarmodule sorgen für Strom. Bauten wie diese trugen mit dazu bei, dass Singapur heute schon zu einer der grünsten Städte weltweit zählt – trotz seiner tropischen Lage mit feuchtheißem Klima und der dicht besiedelten Metropole.

    Mode: Solarpunk verbindet folkloristische Ornamente mit teilweise futuristischem Design. Dazu verwenden die Designer:innen hauptsächlich natürliche Materialien.

    Warum es auch politisch ist

    Solarpunk ist gleichzeitig ein Genre in Kunst, Film und Literatur sowie ein Entwurf für eine nachhaltige Gesellschaft. Die Kunstform hat ihre ideologischen Wurzeln in alternativen Wirtschaftsmodellen:

    • Gemeinwohlökonomie – Auch hier stehen Werte wie Solidarität und das Wohl der Gemeinschaft über dem Profit von Einzelnen.
    • Degrowth – Die Solarpunk-Idee von einer Gesellschaft abseits von Konsum und Wirtschaftswachstum ist durchaus von der Degrowth-Bewegung inspiriert. Diese Wirtschaftstheorie sieht einen Zusammenhang zwischen dem unnatürlich starken Temperaturanstieg der Erdoberfläche und dem Beginn der Industriealisierung zum Anfang des 18. Jahrhunderts, bei der zuerst Kohle und dann Erdöl und Gas das wirtschaftliche Wachstum ermöglichten. Das Wachstum sollte den Weg aus der Armut weisen. Bis heute ist ein Wirtschaftswachstum gemessen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) die universelle Messgröße für den Wohlstand eines Staates. Die Degrowth-Theorie dagegen argumentiert, dass eine zufriedene Gesellschaft auch in einem schrumpfenden Wirtschaftsumfeld möglich ist. Dadurch ließen sich die klimaneutrale Welt und der Erhalt der Rohstoffe verwirklichen.

    Damit erhält Solarpunk auch eine politische Dimension. So ist aus Sicht des Vice-Magazins Solarpunk gleichbedeutend mit dem Ende des Kapitalismus. Denn Solarpunk stellt sich eine radikal andere Gesellschafts- und Wirtschaftsstruktur vor. Das Wohlergehen der Menschen und der Umwelt steht über individuellen Bedürfnissen und Profiten: Eben eine Gesellschaft, in der Konsum und ungleich verteilter Wohlstand keinen Platz haben. Stattdessen säen und ernten die Menschen selbst ihr Gemüse und leben ein einfaches Leben.

    Trotz realer politischer Ansätze stehen bei Solarpunk die Kunst und die Fiktion im Vordergrund. Das Vice-Magazin erklärt, dass Aktivisten:innen die Kunstform bewusst nutzen, um damit viele Menschen zu erreichen. Ein Beispiel ist das YouTube-Video der Aktivistin Alexandria Ocasio-Cortez, in dem sie sich selbst eine Nachricht aus der Zukunft schickt. Darin erklärt sie, wie sich eine gerechtere und umweltbewusste Welt von unserer heutigen unterscheiden müsste.

    Die Anfänge von Solarpunk

    Die Bewegung Solarpunk ist noch relativ neu. Laut der BBC machte der Begriff im Jahr 2008 erstmals die Runde. Vor allem im englischsprachigen Raum, aber auch in Asien und Südamerika findet die Bewegung zunehmend Anhänger:innen. 

    Das Audible-Magazin liefert mehr Informationen über die Entstehung. Der Begriff tauchte erstmalig in einem Beitrag auf dem Blog „Republic of the Bees” auf. In dem Artikel „Von Steampunk zu Solarpunk” geht es um Frachtschiffe, die nicht von rauchenden Schornsteinen, sondern riesigen Drachensegel angetrieben werden. Der Artikel beschreibt keine Fiktion, es gibt diese Schiffe wirklich. Das deutsche Frachtschiff Beluga Skysail zum Beispiel nutzt den Wind als Antrieb, so wie früher Segelschiffe.

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