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Umstrittenes Geo Engineering: Wie sich das Klima manipulieren lässt

Was ist Geo-Engineering?
Foto: Unsplash // Jonathan Borba / NASA / Red Zeppelin

Der Klimawandel schreitet voran. Maßnahmen, wie die menschengemachte Erderwärmung aufzuhalten ist, werden heftig diskutiert. Vor allem das sogenannte Geo Engineering, mit dem sich das Klima gezielt verändern lässt. Was ist Stand der Forschung und um welche Methoden geht es?

Die Frage, wie dem Klimawandel begegnet werden muss, wird in der Öffentlichkeit, der Politik, der Wirtschaft und in der Wissenschaft kontrovers diskutiert. Immer wieder taucht dabei der Begriff Geo Engineering auf. Was aber ist Geo Engineering, welche Technologien gibt es, und warum wird dieses Eingreifen ins Klima kritisiert? Ein ausführlicher Überblick.

In gesellschaftlichen Debatten stand bislang die Strategie der Mitigation im Vordergrund: Das ist der Versuch, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren und so die Ursache der menschengemachten Erderwärmung zu beseitigen. Während Mitigation schon Teil globaler politischer Klimaschutzbestrebungen ist – wie etwa das Pariser Klimaabkommen von 2015 – hält sich die Forschung im Bereich Adaption, also der Anpassung an die Folgen des Klimawandels, sowie im Bereich des sogenannten Geo Engineerings bis heute in Grenzen. Und das, obwohl Geo Engineering – also das bewusste Eingreifen in das Klimasystem mit großtechnischen Maßnahmen – eine wichtige Rolle im Klimaschutz spielen kann. In der Wissenschaft ist auch von Climate Engineering die Rede.

Ein Grund für die Zurückhaltung ist die Uneinigkeit darüber, welche Risiken Geo Engineering-Maßnahmen für Natur und Umwelt haben. Denn: Das Klimasystem ist zu komplex, um die Folgen vollständig abschätzen zu können.

Was ist Geo Engineering?

Unter Climate- bzw. Geo Engineering versteht man allgemein den bewussten Eingriff in das Klima sowie geochemische oder biochemische Prozesse der Erde. Das Ziel ist es, so die Erderwärmung abzuschwächen oder zu kompensieren.

Die Begriffe Geo Engineering und Climate Engineering werden oft synonym verwendet, allerdings bedeutet Climate Engineering, dass in erster Linie das Klima Gegenstand der Einwirkungen ist. Und nicht etwa die Umwelt – wie es zum Beispiel bei der Modifikation von Küsten oder dem Umleiten von Gewässern der Fall ist.

Der Teilbegriff Engineering soll dabei nicht „die ingenieurstechnische Kontrolle des Klimas suggerieren“, wie das Kiel Earth Institute in einer Sondierungsstudie schreibt. Stattdessen meint Engineering, dass gezielt technische Maßnahmen ergriffen werden, um das Klima direkt zu beeinflussen. Dadurch, so die Idee, sollen die Auswirkungen menschlichen Handelns, welches dem Klima schadet, reduziert werden.

Bis zum Kohleausstieg 2038 verbraucht Deutschland fast die Hälfte des deutschen CO2-Restbudgets.
Geo Engineering setzt dann an, wenn Treibhausgase bereits freigesetzt wurden. (Foto: CCO Public Domain / Pixabay - Denny Franzkowiak)

Mit seinen Methoden setzt Geo Engineering dann an, wenn fossile Brennstoffe bereits genutzt und Treibhausgasemissionen bereits freigesetzt wurden. Dadurch grenzt es sich vom Konzept der Mitigation ab. Dieses sieht vor, klimaschädliche Emissionen gar nicht erst entstehen zu lassen – in der Praxis ist das oft nur schwer möglich, weshalb es darum geht, Treibhausgase zu reduzieren.

Eine weitere Strategie stellt die Adaption dar, von der sich Geo Engineering abgrenzt. Sie beschreibt die Anpassung an die Folgen der Klimaerwärmung – etwa indem hitzeresistente Getreidesorten entwickelt werden. Geo Engineering wird deshalb als Strategie verstanden, die zum Einsatz kommen soll, bevor sich die Menschen grundlegend an die Auswirkungen des Klimawandels anpassen müssen.

Welche Geo-Engineering-Maßnahmen gibt es?

Die Maßnahmen des Geo Engineerings lassen sich grob in zwei Kategorien unterteilen: In jene, die dazu angewandt werden, um die Kohlenstoffdioxid (CO2)-Konzentration in der Atmosphäre, die für den klimaschädlichen Treibhauseffekt mitverantwortlich ist, zu senken (Kategorie 1). Und in jene, die die Strahlungsbilanz der Erde direkt beeinflussen (Kategorie 2).

1. „Carbon Dioxide Removal“: Die DAC-, CCS- und BE-CCS-Technologien

Maßnahmen der ersten Kategorie werden als „Carbon Dioxide Removal“ (CDR) Technologien bezeichnet. Wie der Name schon sagt, zielen sie darauf ab, dem atmosphärischen Kohlenstoffkreislauf CO2 zu entziehen und dieses dauerhaft zu speichern. Allerdings bleibt hiervon im Vergleich zur Strategie der Mitigation die Menge der durch Menschen erzeugten Treibhausgase unberührt. Der Entzug von CO2 kann marin als auch terrestrisch erfolgen.

Zu marinen CDR-Methoden zählen mitunter die Ozeandüngung und -kalkung. Dabei wird die Funktion der Meere als wichtige CO2-Senke genutzt und verstärkt. Terrestrische CDR-Methoden umfassen zum einen die direkte Filterung von CO2 aus der Umgebungsluft. Dieses Verfahren nennt sich Direct Air Capture“ (DAC).

Eine weitere Maßnahme ist die Abscheidung und Speicherung von CO2 aus Rauchgas, bevor es in die Atmosphäre gelangen kann. Hier spricht man von „Carbon Capture and Storage“ (CCS). Da das Geo Engineering erst nach der Freisetzung klimaschädlicher Emissionen ansetzt, handelt es sich bei der CCS-Technologie strenggenommen nicht um Geo Engineering.

Auch die CO2-Filterung bzw. Kohlenstoff-Bindung durch Biomasse ist eine CDR-Methode. Hierzu werden Pflanzen gezielt angebaut, die das Treibhausgas aus der Luft ziehen. Werden jene Pflanzen in Biogasanlagen verheizt, kann das dabei freigesetzte CO2 ebenfalls unterirdisch – mittels CCS – gespeichert werden. Daher heißt dieses Verfahren „Bio-Energy with Carbon Capture and Storage“, kurz BE-CCS.

2. „Solar Radiation Management“-Technologien

Maßnahmen der zweiten Kategorie sind als „Solar Radiation Management“ (SRM)-Technologien bekannt. Sie sollen – vereinfacht gesagt – die Sonneneinstrahlung auf die Erde verringern und so die Atmosphäre in Bodennähe abkühlen. SRM vermindert jedoch nicht die erhöhte Treibhausgaskonzentration, die dafür verantwortlich ist, dass die durch die Sonne erzeugte Wärmestrahlung der Erde zurück in Richtung Erdoberfläche reflektiert wird. Denn: Die Gase wirken wie das Glasdach eines Treibhauses, wodurch sich die Erde bzw. das Klima erwärmt.

Ein Teil der SRM-Methoden zielt darauf ab, den reflektierten Anteil der Sonnenstrahlung – die Albedo – zu verändern: Steigt die Albedo, sinken die Temperatur und die Wärmestrahlung der Erde. Zu diesen Methoden gehören Änderungen der Oberflächenalbedo wie beispielsweise das Weißen von Dächern, der Anbau reflektiverer Feldfrüchte sowie das Aufstellen von Wüstenreflektoren.

Andere Methoden sollen dafür sorgen, dass im Voraus weniger Sonneneinstrahlung auf die Erde trifft. Das kann sowohl durch die Ausbringung von sulfat- oder metallhaltigen Aerosolen in der Stratosphäre beeinflusst werden; als auch durch Spiegel-Installationen im Weltall.

Wie komplex der Prozess des Strahlungshaushalts tatsächlich ist, legt unter anderem das Umweltbundesamt (UBA) in seinem Bericht zu Geo Engineering ausführlich dar.

Worin besteht die Kritik am Geo Engineering?

Grundsätzliche Kritik besteht darin, dass jeder Eingriff in das Klimasystem unvorhergesehene Folgen nach sich ziehen könnte. Inwiefern Kettenreaktionen dabei ausgelöst werden, ist unklar. Auch, ob dadurch Klimakonflikte, wie es sie bereits im Globalen Süden gibt, verstärkt werden.

„Gerade die Länder des globalen Südens stehen vor enormen Herausforderungen. Diese könnten sich leicht an den Strohhalm einer schnellen Abkühlung klammern und die ungleichen Folgen für einzelne Länder könnten zu ganz neuen Regionen-Konflikten führen“, zitiert der MDR Dana Ruddigkeit vom UBA.

Das UBA schrieb bereits 2011 in einer umfassenden Einschätzung: „Angesichts der Tragweite von Geo Engineering-Maßnahmen und den großen Unsicherheiten bei der Abschätzung von Folgen im komplexen Erdsystem rät das UBA aus Vorsorgegründen zu größter Zurückhaltung und bis zu einer deutlichen Verbesserung des Wissens um die Interdependenzen zwischen Geoprozessen zu einem Moratorium für den Einsatz solcher Maßnahmen.“

Insbesondere die CCS-Technik, für dich sich im Dezember 2022 der amtierende Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aussprach, ist umstritten. Vor gut zehn Jahren versuchte die damalige schwarz-gelbe Koalition die Speicherung in Deutschland möglich zu machen.

Die SRM-Methode, bei der reflektierende Substanzen in der Stratosphäre verteilt werden, wird heftig kritisiert.
Die SRM-Methode, bei der reflektierende Substanzen in der Stratosphäre verteilt werden, wird heftig kritisiert. (Foto: Unsplash / Matteo Fusco )

Gegen das CCS-Konzept stemmten sich jedoch einige Bürgerinitiativen. Ihre Befürchtung: Dass in hoher Konzentration giftige Gase an die Erdoberfläche gelangen. Allerdings lassen bestimmte Gesteinskonstellationen eine tiefliegende Speicherung zu.  

Geht es nach Habeck, soll die Technik nur für Grundstoffindustrien wie Stahl, Chemie oder Zement zum Einsatz kommen. Das derzeitige Bundeskabinett hält die CCS-Technik für notwendig, um vollständige Treibhausgas-Neutralität bis 2045 zu erreichen.

Das solare Geo Engineering wird ebenfalls diskutiert. Zur möglichen SRM-Methode, bei der reflektierende Substanzen in der Stratosphäre verteilt werden, sagt Ulrike Niemeier vom Max-Planck-Institut in Hamburg dem MDR: „Negative Auswirkungen sind, dass wir den durchschnittlichen Niederschlag auf der Erde verringern. Es würde bedeuten, dass wir keinen wirklich tiefblauen Himmel mehr haben, sondern er würde immer leicht milchig aussehen, was sicher auch psychische Auswirkungen haben könnte.“

Aus diesen Gründen rät auch der Weltklimarat der Vereinten Nationen davon ab, solares Geo Engineering anzuwenden.

Werden Geo-Engineering-Methoden schon umgesetzt?

Gleichzeitig können die genannten Geo-Engineering-Maßnahmen eine Rolle dabei spielen, die globale Mitteltemperatur unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Zeitraum zu halten. Schließlich ist ein derartiger Temperaturanstieg, so der Tenor von Klimaforschenden, mit gravierenden Schäden verbunden. Aktuell besteht das 1,5-Grad-Ziel, auf das sich fast alle Staaten auf der UN-Klimakonferenz 2015 in Paris geeinigt haben.

Allerdings wurde weltweit bislang – so zumindest öffentlich bekannt – noch keine der Maßnahmen außerhalb von Testzwecken ergriffen. Auch hat in den vergangenen Jahren kein Staat eine klare Geo-Engineering-Strategie formuliert. Dennoch forschen Wissenschaftler:innen schon länger an der Umsetzbarkeit.

Einige CDR-Technologien werden bereits kleinflächig erprobt, wie etwa BE-CCS. US-Wissenschafter:innen planen zudem Feldforschungsversuche zu SRM-Maßnahmen. Die Niederlande und Norwegen zeigen sich bislang an der CCS-Technologie interessiert. Hier besteht die Idee, ehemalige Erdgaslagerstätten für die unterirdische CO2-Einspeicherung zu nutzen.

Ob sich politische Entscheidungsträger:innen für Geo Engineering als adäquates Mittel gegen den Klimawandel aussprechen, hängt neben der Abschätzung möglicher Gefahren auch vom rechtlichen Rahmen ab. Ihn gilt es für den Einsatz und die Kontrolle von Geo Engineering abzustecken.

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