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Vacation Shaming? Das sind Anzeichen davon

vacation shaming
Foto: CC0 / Pixabay / Engin_Akyurt

Vacation Shaming bedeutet, dass du abwertende Kommentare zur Urlaubsplanung an deinem Arbeitsplatz bekommst. Worum es dabei geht und wie du damit umgehst, erfährst du hier.

Nach anstrengenden Wochen im Beruf hättest du dir einen Urlaub mehr als verdient. Trotzdem hält dich etwas davon ab, ein paar Tage Auszeit zu nehmen – beziehungsweise dein Arbeitsumfeld beeinflusst dich durch das sogenannte „Vacation Shaming“: Dabei setzen Kolleg:innen und Vorgesetzte Gruppenzwang und Schuld ein, wenn ein:e Angestellte:r in den Urlaub gehen möchte. 

Ursachen für Vacation Shaming

In vielen Unternehmen und Branchen gilt Überarbeitung nach wie vor als Statussymbol. Sich in einem solchen Arbeitsumfeld eine längere Auszeit zu nehmen, wird oft mit Argwohn oder Missgunst beäugt, wenn nicht sogar versucht zu verhindern – mit Erfolg, wie einige Umfragen unter Angestellten zeigen.

Laut einer vom Versicherungsdienstleister Allianz Global Assistance durchgeführten Umfrage nehmen berufstätige Amerikaner:innen im Durchschnitt weniger als die Hälfte (41 Prozent) der ihnen zustehenden Urlaubstage. Zwei von zehn Amerikaner:innen nehmen gar keinen Urlaub. Auch im Veröffentlichungsjahr der Umfrage (2019) gaben nur 42 Prozent an, einen Sommerurlaub zu planen.

Insbesondere Millennials versäumen ihren Urlaub. Bereits wenn sie nur ihre Vorgesetzten nach Urlaub fragen, empfinden 59 Prozent der befragten Millennials Nervosität, Schuldgefühle oder Scham. 33 Prozent von ihnen gaben an, dass diese Schuldgefühle sie tatsächlich vom Urlaub abhalten würden. 

Vacation Shaming tritt aufgrund einer Kombination von Faktoren auf:

  1. Unternehmen mit einer Hustle Culture sehen Urlaub als Zeichen für geringes Engagement an.
  2. Die Angst vor negativen Auswirkungen auf die eigene Karriere (zum Beispiel bei Beförderungen übergangen zu werden) führt dazu, dass Mitarbeiter:innen zögern, ihren Urlaub zu nehmen.
  3. Die Abhängigkeit von bestimmten Mitarbeiter:innen in Projekten kann Urlaubsanträge als Belastung für das Team erscheinen lassen.

Anzeichen von Vacation Shaming

Vacation Shaming zeigt sich zum Beispiel, indem Überstunden verherrlicht werden.
Vacation Shaming zeigt sich zum Beispiel, indem Überstunden verherrlicht werden.
(Foto: CC0 / Pixabay / kirill_makes_pics)

Vacation Shaming kann sich vielfältig äußern, sowohl direkt als auch indirekt, vor, während oder nach dem Urlaub und es kann von Kolleg:innen wie auch von Vorgesetzten ausgehen. Hier sind einige typische Anzeichen, die darauf hindeuten könnten, dass Vacation Shaming in deinem Arbeitsumfeld stattfindet:

  • Abwertende Kommentare, wenn jemand Urlaub plant oder bereits im Urlaub ist. Solche Kommentare zielen darauf ab, die Bedeutung von Auszeiten und Ruhepausen herunterzuspielen oder den:die Mitarbeiter:in als „faul“ darzustellen.
  • Schlechte Reaktion auf Urlaubsanfragen, die zum Beispiel andeuten, dass die Abwesenheit der Person unerwünscht ist oder dass sie eine Belastung für das Team darstellt.
  • Vermitteln von Schuldgefühlen, um den:die Mitarbeiter:in dazu zu drängen, den Urlaub zu verschieben oder abzubrechen. Die betroffene Person bekommt eventuell ein schlechtes Gewissen oder erhält das Gefühl, dass sie ihre Arbeit im Stich lässt.
  • Unterbrechungen während des Urlaubs: Vacation Shaming kann auch auftreten, wenn Mitarbeiter:innen bereits im Urlaub sind. Dann kontaktieren Kolleg:innen oder Vorgesetzte sie trotzdem ständig, um sie zur Arbeit zu drängen oder sich nach dem Stand ihrer Projekte zu erkunden.
  • Arbeitnehmer:innen könnten sich ausgeschlossen oder isoliert fühlen, wenn sie im Urlaub sind, da ihnen der Eindruck vermittelt wird, dass sie etwas auf der Arbeit verpassen oder kein („gutes“) Teammitglied mehr sind. 
  • Risiko für die Karriere: Manchmal könnten Angestellte den Druck spüren, dass es schlecht für ihre Karriere oder Position im Unternehmen ist, wenn sie ihren vollen Urlaub in Anspruch nehmen. 
  • Dieser Druck hängt stark mit der Verherrlichung von Überstunden oder dem Verzicht auf Urlaub zusammen: Wenn Mitarbeiter:innen, die ihre Urlaubstage nicht nutzen, positiv hervorgehoben oder sogar belohnt werden, kann dies eine negative Einstellung gegenüber einer längeren Auszeit verstärken.

So kannst du selbst mit Vacation Shaming umgehen

Plane deinen Urlaub gut im Voraus, dann gibt es weniger Angriffsfläche für Vacation Shaming.
Plane deinen Urlaub gut im Voraus, dann gibt es weniger Angriffsfläche für Vacation Shaming.
(Foto: CC0 / Pixabay / marijana1)

Arbeitest du selbst in einem Umfeld, das auf längere Auszeiten mit Vacation Shaming reagiert, hast du ebenso Möglichkeiten, damit umzugehen:

  • Plane deinen Urlaub möglichst weit im Voraus und stimme dich mit Kolleg:innen bei den Urlaubszeiten ab, damit keine personalen Engpässe entstehen. Mehr dazu erfährst du hier: Urlaubsplanung: 5 wichtige Regeln für Arbeitnehmer:innen.
  • Suche dir eine:n Kolleg:in, die als deine Vertretung fungieren kann. Die Person sollte mit deinen Themen vertraut sein und dadurch ohne große Komplikationen übernehmen können. Umgekehrt bist du für diese Person ebenso die Vertretung.
  • Wenn du Urlaub mit Weitsicht eingereicht hast, kannst du wichtige Projekte und Aufgaben so planen, dass keine zentralen Deadlines kurz vor oder während deines Urlaubs anstehen.
  • Plane deine Abwesenheit, indem du eine Abwesenheitsnotiz einrichtest, für deine Kolleg:innen wichtige Dokumente zur Verfügung stellst, Kund:innen und andere relevante Personen informierst und Übergabepläne schreibst. 

Mit diesen Maßnahmen kannst du zeigen, dass du deine Arbeit im Griff hast und auch an die Auswirkungen deiner Abwesenheit auf deine Kolleg:innen denkst. Dann haben diese auch keinen Grund für Skepsis und Argwohn, wenn du deinen Urlaub einreichst. Doch mache dir auch bewusst: Letztlich liegt es in der Verantwortung deines Unternehmens, eine Unternehmenskultur zu schaffen, in der Urlaub nicht verpönt ist.

Das müssen Unternehmen beachten und beitragen

Mit Vacation Shaming sagt ein Arbeitsumfeld, dass der einzige Weg zum Erfolg darin besteht, ständig zu arbeiten und sich deshalb nie freizunehmen. Wer sich an dieses Dogma hält und das Gefühl, ständig für die Arbeit verfügbar sein zu müssen, verinnerlicht hat, erlebt mitunter fatale Konsequenzen. Folgen können zum Beispiel Burn-out-Symptome oder ein Burn-on sein. Urlaub ist wichtig, denn die Erholung wirkt sich positiv auf Körper und Psyche aus.

Was also kannst du gegen Vacation Shaming am Arbeitsplatz tun? Die meiste Verantwortung für eine gesunde Work-Vacation-Balance liegt natürlich beim Unternehmen. Es sollte zum Beispiel

  • eine offene Kommunikation fördern und die Mitarbeiter:innen ermutigen, ihre Urlaubspläne mitzuteilen, ohne sich schuldig zu fühlen,
  • Führungskräfte unterweisen, als gutes Beispiel voranzugehen und eigenen Urlaub zu nehmen,
  • Vertretungsregelungen einführen, damit sich Mitarbeitende keine Gedanken über die in ihrer Abwesenheit zu erfüllenden Aufgaben machen müssen, 
  • zum Thema Entspannung sensibilisieren, zum Beispiel mithilfe von Schulungen für das Management und die Angestellten, um das Bewusstsein für die Bedeutung von Urlaub und Work-Life-Balance zu schärfen und
  • über einen Urlaubsbonus nachdenken, bei dem sie Mitarbeiter:innen Anreize oder Belohnungen bieten, welche tatsächlich ihren gesamten Urlaub nutzen.

Unternehmen sollten außerdem eine positive Arbeitskultur fördern, die Überstunden nicht verherrlicht, sondern die Wertschätzung für ihre Mitarbeitende auf andere Weise ausdrückt. 

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