Vibrionen sind in Nord- und Ostsee, aber auch in Binnengewässern zu finden. Die Bakterien lösen akute Infektionen aus. Der Klimawandel begünstigt ihre Vermehrung.
Vibrionen sind Bakterien. Grob einteilen lassen sie sich in Nicht-Cholera-Vibrionen und in Vibrionen, die eine Infektion mit Cholera auslösen können. Da es letztere in Deutschland nicht gibt, gehen wir hier auf diese Art des Bakteriums nicht weiter ein.
Nicht-Cholera-Vibrionen gibt es auch in deutschen Badegewässern, vor allem in der Ostsee. Sie lösen Magen-Darm-, Wund- oder Ohrinfektionen aus.
Unter welchen Bedingungen kommen Vibrionen vor?
Die Bakterien kommen, wie das Robert Koch Institut (RKI) beschreibt, in Süß- und Salzwasser vor. Optimale Bedingungen herrschen in der Ostsee: Bei einem Salzgehalt zwischen 0,5 und 2,5 Prozent und über 20° C Wassertemperatur fühlen sich Vibrionen wohl. Daher sind besonders flache oder küstennahe Stellen anfällig für Vibrionen. Dort erwärmt sich das Wasser schneller als an tieferen Stellen.
Orte, an denen Süßwasser ins Meer strömt, enthalten die Bakterien ebenfalls mit höherer Wahrscheinlichkeit, denn dort ist der Salzgehalt im Wasser geringer.
Sollte die Gefahr für Vibrionen im Wasser an der Ostseeküste in Mecklenburg-Vorpommern erhöht sein, spricht das Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGUS) offizielle Badewarnungen aus. Auch die offizielle Badewasserkarte der MV-Landesregierung kann dir Aufschluss über die Situation geben.
Was kann passieren, wenn ich mit Vibrionen in Kontakt komme?
Besonders anfällig für eine Infektion mit Vibrionen sind offene oder noch nicht verheilte Wunden. Kommen sie in Kontakt mit Badewasser, in dem Vibrionen sind, können sie sich infizieren. Dann kommt es zu einem Schmerz, der für die Art der Wunde unverhältnismäßig stark erscheint. Außerdem können Fieber, Bauchschmerzen oder Schüttelfrost auftreten.
Aber „Es gibt keinen Grund zur Panik“, sagt Matthias Gründling, Intensivmediziner und Leiter des Sepsisdialog an der Universitätsmedizin Greifswald. „Prinzipiell ist es total ungefährlich. Die Wahrscheinlichkeit, dass man sich damit infiziert, ist sehr gering.“
Laut Robert Koch-Institut (RKI) wurden zwischen 2002 und 2019 jährlich null bis 20 Fälle von Infektionen an deutschen Küsten bekannt. Diese seien vorrangig in wärmeren Sommern aufgetreten. Die betroffenen Patient:innen waren demnach fast ausnahmslos älter und hatten Vorerkrankungen.
Da die ersten Symptome relativ kurz nach der Infektion auftreten – in der Regel dauert das zwischen vier Stunden und vier Tagen – können Patient:innen oft noch am Ort, an dem sie sich infiziert haben, behandelt werden. Das ist besonders für Urlauber:innen günstig, die nicht in der Nähe eines für Vibrionen anfälligen Gewässers wohnen. Zu Hause fällt der Verdacht oft gar nicht erst auf eine Vibrionen-Infektion.
Kann ich eine Vibrionen-Infektion vermeiden?
„Beim Baden kann man sich nicht schützen“, sagt Gründling. Er rät daher: „Wenn ich eine offene Wunde habe und die Wassertemperatur liegt bei über 20 Grad, dann empfiehlt es sich tatsächlich nicht, damit baden zu gehen.“ Denn ab dieser Wassertemperatur und bei mäßigem Salzgehalt vermehren sich die Bakterien mit dem medizinischen Namen Vibrio vulnificus stärker.
Wie kann man Wundinfektionen behandeln?
Wird eine Wundinfektion durch Vibrionen diagnostiziert oder vermutet, heißt es: schnell handeln. Wird sie bald genug erkannt, kann die Infektion mit Antibiotikum behandelt werden. Ohne rechtzeitige Behandlung kann die Infektion sich weiter ausbreiten. Ein schwerer, unbehandelter Verlauf einer Wundinfektion durch Vibrionen kann zu Blutvergiftungen, Amputationen oder gar einem Mehrfachorganversagen mit Todesfolge führen.
Schwere Verläufe sind allerdings sehr selten. Besonders bei jungen und gesunden Erwachsenen verlaufen die Infektionen meist leicht. Anfälliger sind ältere und/oder immungeschwächte Menschen oder Personen mit Vorerkrankungen wie Krebs oder Diabetes.
Kann ich mich auch durch Lebensmittel mit Vibrionen infizieren?
Es gibt noch eine andere Möglichkeit, sich mit Vibrionen zu infizieren: Isst du rohen Fisch oder Meeresfrüchte aus erregerhaltigem Wasser, kann es zu Magen-Darm-Entzündungen kommen. In Deutschland ist das aber eher selten und kommt in der Regel nur in Zusammenhang mit importiertem Fisch vor.
Bei Kindern werden außerdem Ohrinfektionen diagnostiziert, die sie sich beim Baden in vibrionenhaltigem Gewässer zuziehen.
Wo kommen Vibrionen in Deutschland vor?
In Deutschland gibt es nur wenige Fälle, die in Zusammenhang mit Vibrionen stehen: Selbst in wärmeren Sommern wurden laut dem RKI zwischen 2002 und 2019 nicht mehr als 20 Fälle bekannt. Allerdings geht das RKI davon aus, dass es mehr Infektionen gab, die entweder nicht gemeldet oder gar nicht erst diagnostiziert wurden.
Seit 2020 gibt es eine Meldepflicht bei einer Infektion mit Vibrionen. So können Gesundheitsämter vermehrtes Auftreten der Bakterien feststellen und Risikogruppen bei Bedarf informieren. Einen Test, um herauszufinden, ob Vibrionen im Badewasser enthalten sind, gibt es nicht. Allerdings ist ihr Vorkommen unwahrscheinlich, wenn der Salzgehalt des Wassers unter 0,5 bzw. über 2,5 Prozent liegt oder das Wasser kälter als 20° C ist.
Auf der Website des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten gibt es eine interaktive Karte, auf der du sehen kannst, wann und wo in Europa schon Vibrionen-Infektionen vorgekommen sind. An den gekennzeichneten Badestellen solltest du, besonders mit offenen Wunden, lieber vorsichtig sein.
Was kann ich tun, wenn ich eine Infektion mit Vibrionen vermute?
Vermutest du eine Infektion mit Vibrionen, sprich möglichst bald mit medizinischem Personal darüber und lasse dir, falls nötig, ein Antibiotikum verschreiben. So vermeidest du, dass sich die Wunde weiter entzündet und einen chirurgischen Eingriff notwendig macht.
Welche Auswirkungen hat der Klimawandel auf Vibrionen?
Dass Vibrionen in Gewässern vorkommen, ist an sich nicht ungewöhnlich: Sie leben dort, genauso wie andere Lebewesen auch. Allerdings rechnet das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) mit einer weltweiten Zunahme an Vibrionen. Grund dafür: Der Klimawandel. Die Meere erwärmen sich und dadurch vermehren sich die Bakterien.
Weiter fürchtet das BfR eine Zunahme an Magen-Darm-Infektionen durch Vibrionen. Durch den internationalen Handel mit Fisch könnten weltweit mehr Menschen mit importiertem Fisch und anderen Meerestieren in Kontakt kommen, die aus vibrionenhaltigem Gewässer kommen. Achte deshalb darauf, regionale Bioprodukte zu kaufen, wenn du Fisch essen möchtest. Den strengsten Anforderungen unterliegen die Produkte von Naturland und Fisch aus Aquakulturen von Bioland.
Der WWF-Fischratgeber hilft dir, den Überblick zu behalten.
Professor Markus Meier, der führende Experte für Klima und Klimawandel in der Ostseeregion, erläutert den Temperaturanstieg der Meere so: „Die Randmeere erwärmen sich viel rascher als die tiefen Ozeane. Unter ihnen ist die Ostsee einer der Spitzenreiter: Kein anderes Randmeer weltweit, für das es Beobachtungsdaten gibt, hat sich in den letzten Dekaden so schnell erwärmt. Bis zum Jahr 2100 wird eine Erwärmung des Ostsee-Oberflächenwassers von ein bis drei Grad Celsius erwartet.“
Eine Auswertung von Dr. Cyril Dutheil beim Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) aus dem Jahr 2022 hat im Oberflächenwasser der Ostsee sogar einen Temperaturanstieg von 1,6 Grad Celsius über die vergangenen drei Jahrzehnte festgestellt. Die Grafik visualisiert den gemessenen Temperaturanstieg (SST = Sea Surface Temperature).
Mit Material der dpa
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