Vitamin-Gummibärchen liegen im Trend: Sie sollen Kindern und Erwachsenen wichtige Nährstoffe liefern und dabei gut schmecken. Billig sind die speziellen Fruchtgummis allerdings nicht. Rechtfertigt ihre Wirkung die hohen Preise?
An Vitamin-Gummibärchen gibt es mittlerweile ein breites Angebot: Je nach Produkt richten sie sich an Kinder oder Erwachsene, sollen Nährstoffmängel beheben können und Knochen, Muskeln oder das Immunsystem stärken. Sie enthalten zum Beispiel Vitamin A, Vitamin B6, Vitamin C oder Vitamin D. Beauty-Influencer:innen preisen die Vitamingummis auch gern als Wundermittel für gesunde Haut, Haare oder Nägel an; darüber berichtet beispielsweise der WDR in seinem Format „Servicezeit“.
Die meisten Vitamin-Gummibärchen sind allerdings vergleichsweise hochpreisig: Dass eine 150-Gramm-Packung zwischen 20 und 30 Euro kostet, ist keine Seltenheit. Da stellt sich Verbraucher:innen schnell die Frage, ob solche Preise gerechtfertigt sind – und wie gesund die Produkte tatsächlich sind.
Vitamin-Gummibärchen: Das sagen Ernährungsexpert:innen
Wissenschaftliche Studien zur Wirkung von Vitamin-Gummibärchen gibt es bisher kaum. Viele Ernährungsexpert:innen und Verbraucherschützer:innen betrachten sie aus verschiedenen Gründen aber als ein eher fragwürdiges Produkt.
Angela Clausen von der Verbraucherzentrale NRW beispielsweise ist den Vitamingummis gegenüber skeptisch eingestellt. Ihrer Meinung nach verschwimmen dadurch, dass sie als Süßigkeiten präsentiert werden, die Grenzen zwischen Nahrungsergänzung und Genuss: Nahrungsergänzungsmittel würden auf diese Weise normalisiert, sagt Clausen in der Sendung „Servicezeit“.
Warum das problematisch sein kann, zeigt ein Blick auf die Dosierung der Inhaltsstoffe. Viele Vitamin-Gummibärchen, so der WDR, sind überdosiert. Deutlich wird das etwa am Beispiel von Vitamin D: Die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGfE) empfohlene Tagesdosis für gesunde Erwachsene beträgt 20 Mikrogramm. Bereits ein Vitamin-D-Bärchen der Marke „Bears with Benefits“ übersteigt diesen Wert merklich. Das kann gefährlich werden, denn zu viel im Körper gespeichertes Vitamin D belastet laut Clausen unter anderem Leber und Nieren. Auch das RKI warnt vor einer „schleichenden“ Überdosierung mit dem Vitamin, die zu ernsthaften gesundheitlichen Konsequenzen führen kann.
Eine derart schleichender Prozess wird durch den Genusscharakter der Vitamin-Gummibärchen begünstigt: Der süße Geschmack verleitet insbesondere Kinder leicht dazu, mehr als die empfohlene Menge zu essen, was auch die Verbraucherzentrale Sachsen kritisiert. Mehr noch als bei Erwachsenen sollte bei ihnen darauf geachtet werden, dass sie die tägliche Maximaldosis an Vitaminen und anderen Nährstoffen nicht überschreiten. Sinnvolle Empfehlungen gibt etwa das Institut für Risikobewertung.
Ist der Preis von Vitamin-Gummibärchen gerechtfertigt?
Nicht in allen Fällen ist eine Überdosis Vitamine allerdings gefährlich: Überschüssiges Vitamin C scheidet der Körper zum Beispiel einfach ungenutzt wieder aus. Wer seinen täglichen Vitamin-C-Bedarf bereits über eine ausgewogene Ernährung deckt und trotzdem noch Vitamin-C-Gummibärchen zu sich nimmt, produziert also gegebenenfalls nur „sehr teuren Urin“, so das Fazit von Angela Clausen. Die hohen Preise hält sie für nicht gerechtfertigt, die Rohstoffe seien sehr viel günstiger als das Endprodukt. Höhere Kosten verursacht vermutlich eher das aufwendige Marketing für die Produkte.
Und nicht zuletzt enthalten Vitamin-Gummibärchen neben den bedenklich hoch dosierten Ergänzungsstoffen oft auch noch viel Zucker: Bis zu 50 Gramm können in 100 Gramm Vitamingummis stecken. Die Produkte werden aber trotzdem als gesunde Vitaminspender vermarktet. Das bezeichnet die Verbraucherzentrale Sachsen vor allem bei Vitamin-Gummibärchen für Kinder als „ärgerlich“: Kinder würden so verinnerlichen, dass man seinen Vitaminbedarf statt mit Obst, Gemüse und einer ausgewogenen Ernährungsweise auch einfach mit einem schnellen Griff zu Süßigkeiten decken könne.
Fazit: Ergänzungsmittel sind keine Süßigkeiten
Trotz der Probleme, die mit Nahrungsergänzungsmitteln einhergehen, können sie in vielen Fällen durchaus hilfreich und sinnvoll sein. Menschen, die sich vegan ernähren, müssen beispielsweise auf eine ausreichende Versorgung mit Vitamin B12 achten, die sie durch eine rein pflanzliche Ernährung nicht abdecken können.
Auch Vitamin-Gummibärchen können unter den richtigen Umständen einen positiven Effekt haben: Eine Studie der Universität Hohenheim zeigte 2004 etwa, dass Patient:innen mit Mukoviszidose ihren Vitaminmangel durch spezielle Präparate in Form von Gummibärchen besser decken konnten als durch herkömmliche Nahrungsergänzungsmittel. Ihr Körper konnte die Vitamine aus den Gummibärchen effizienter aufnehmen. Allerdings handelte es sich dabei nicht um handelsübliche Vitamin-Gummibärchen, sondern um speziell von einer Ernährungswissenschaftlerin im Rahmen der Studie entwickelte Produkte.
Für gesunde Erwachsene und Kinder ist dagegen eine ausgewogene Ernährung die natürlichste Methode, ihren täglichen Vitaminbedarf abzudecken. Egal, ob in Form von Gummibärchen oder Tabletten: Nahrungsergänzungsmittel sollten nur bei tatsächlichem Mangel eine Option darstellen. Gesunde Süßigkeiten kannst du außerdem selber machen.
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