In der Diskussion um die Mobilitätswende sind Elektroautos das große Thema. Das Wasserstoffauto wird dabei oft übersehen.
Das Wasserstoffauto hätte das Potential, zum neuen Zugpferd der deutschen Autoindustrie zu werden. Ist die Zeit vielleicht schon reif für den Wasserstoffantrieb? Und was bietet das Brennstoffzellenauto, was Stromer und Verbrenner nicht können?
Vorteile von Wasserstoffautos
Auf den ersten Blick scheint das Wasserstoff- bzw. Brennstoffzellenauto verlockend: Angetrieben mit erneuerbaren Energien, erzeugt das Wasserstoffauto keine lokalen Emissionen, also weder Luftschadstoffe noch CO2. Auch die indirekten Emissionen, die bei der Erzeugung und beim Transport des Wasserstoffs anfallen, sind gering.
Wasserstoffautos zählen damit zu den sogenannten „Zero Emission Vehicles“ (ZEV) und stehen für eine Zukunft, in der keine Abgase mehr die Luft verpesten. Außerdem fahren sie nahezu geräuschlos.
Weitere Vorteile von Wasserstoffautos, vor allem im Vergleich zum batteriebetriebenen E-Auto: Der Treibstoff lässt sich innerhalb weniger Minuten nachtanken, und das Fahrzeug kann größere Strecken zurücklegen, ohne zwischendurch „nachladen“ zu müssen.
Bei Elektroautos dagegen hatte wohl auch die geringe Reichweite in der Vergangenheit viele Fahrer vom Kauf abgehalten. Inzwischen können neuere E-Autos aber auch 500 km und mehr zurücklegen. Wasserstoffautos hatten dieses Problem hingegen nie.
Wasserstoffautos kaufen: Welche gibt es?
Dafür sind Wasserstoffautos gar nicht so einfach zu bekommen. Aktuell gibt es nur zwei reine Wasserstoff-Modelle auf dem deutschen Markt, die als Neuwagen angeboten werden: Der Toyota Mirai mit einer Reichweite von 500 km (seit 2014) und der Hyundai Nexo mit 756 km (seit 2018). Daneben existieren noch Hybrid-Fahrzeuge, die Kombinationen aus Wasserstoff- und Verbrennungsmotor unter der Haube haben.
Und damit fangen auch schon die Nachteile von Wasserstoffautos an: Der Markt ist sehr klein. So wurden laut Kraftfahrt-Bundesamt seit 2015 nur knapp 400 Kraftfahrzeuge mit den Antriebsarten „Wasserstoff“ und „Brennstoffzelle mit Primärenergie Wasserstoff“ neu zugelassen. Bei 47 Mio. Autos in Deutschland kommt damit ein Wasserstoffauto auf 12.000 andere Pkw.
Ein Grund dafür ist der hohe Anschaffungspreis:
- Der Toyota Mirai kostet beispielsweise 78.600 Euro brutto.
- Der Hyundai Nexo dagegen ist „schon“ für 69.000 Euro zu haben.
Für Privatpersonen sind beides meist utopische Summen, die vom Kauf abhalten.
Brennstoffzellenautos: weitere Nachteile
„Ich sehe das Wasserstoffauto auf absehbare Zeit nicht als Alternative für die Massenproduktion, allenfalls als Ergänzung zum Batterie-Auto“, sagt Florian Hacker, stellvertretender Bereichsleiter beim Öko-Institut im Bereich Ressourcen und Mobilität. Er arbeitet zum Forschungsschwerpunkt Nachhaltige Mobilität und meint: „Es wird auch darauf ankommen, ob der Besitz-Pkw weiterhin im Zentrum unseres Mobilitätsverhaltens steht, oder ob wir in Zukunft flexiblere und intelligentere Einsatzmöglichkeiten von – dann elektrischen – Fahrzeugen finden werden.“
Seiner Meinung nach spricht auch der Mangel an Wasserstofftankstellen gegen das Brennstoffzellenauto. Eine Übersicht bietet beispielsweise h2.live – nur 74 Wasserstofftankstellen sind bislang verzeichnet. Bis Ende 2019 sollen zwar 100 öffentliche Stationen für Brennstoffzellen-Pkws zur Verfügung stehen, doch eine flächendeckende Versorgung wäre auch damit nicht gewährleistet. Dazu müsste es mindestens doppelt so viele Stationen geben. Hier haben E-Autos die Nase vorn.
Für Rechenfreunde kommt hinzu: Der Gesamtwirkungsgrad, also die Energieeffizienz von Brennstoffzellenautos, ist geringer, zumindest dann, wenn man von Erneuerbaren Energien ausgeht. Ein E-Auto kann (erneuerbaren) Strom relativ effektiv in Fahrleistung umwandeln. Beim Wasserstoffauto hingegen wird der Strom zunächst benötigt, um mittels Elektrolyse (aus Wasser und aktuell noch Erdgas) den nötigen Treibstoff zu gewinnen, damit das Auto überhaupt fahren kann.
Eine Studie von Agora Verkehrswende und Agora Energiewende aus dem Jahr 2018 kam unter diesen Gesichtspunkten zu dem Ergebnis, dass der Wirkungsgrad (die Relation zwischen Energie-Input und Leistungs-Output) bei Wasserstoffautos nur 26 Prozent beträgt, beim batteriebetriebenen Elektroauto hingegen 69 Prozent.
Wasserstoffantrieb: So funktioniert ein Wasserstoffmotor
Brennstoffzellenfahrzeuge haben mit E-Autos gemein, dass sie mit einem Elektromotor ausgestattet sind. Doch statt von einer Batterie wird das Wasserstoffauto von einer Brennstoffzelle angetrieben; an Bord ist lediglich eine kleine Extra-Batterie, um Lastspitzen abzufangen. Innerhalb der Brennstoffzelle entsteht Strom durch eine chemische Reaktion zwischen Wasserstoff und Sauerstoff. Das hat den Vorteil, dass der Strom direkt an den Motor weitergeleitet wird. „Beim Brennstoffzellenauto umgeht man das Speichern von Strom in der Batterie“, so Hacker.
Im Inneren des Fahrzeugs wird auch, anders als bei konventionellen Pkw, nichts verbrannt. So treten keine schädlichen Emissionen aus, sondern nur Wasserdampf.
Lediglich der teure Herstellungsprozess, durch den Wasserstoff erst gewonnen werden muss, bereitet der Autoindustrie noch Kopfzerbrechen. Ein Grund, warum Experten noch verhalten sind, wenn es um das Brennstoffzellenauto als Lösung der Verkehrswende geht.
Forscher versuchen zwar bereits, die Herstellung des Treibstoffs mit neuen Verfahren zu vereinfachen, es bleibt aber abzuwarten, ob sich das Wasserstoffauto – womöglich durch eine Kombination aus Batterie- und Brennstoffmodulen – vom teuren Nischenprodukt zum skalierbaren Massenprodukt wandelt. Dann gäbe es nicht nur mehr Tankstellen und Modelle. Auch die Preise würden fallen.
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