Jeden Tag die gleiche Frage: Was legt und schmiert man sich als Vegetarier eigentlich aufs Brot? Die Veggie-Theken bieten immer öfter Wurst-Ersatzprodukte an. Doch nicht jede Veggie-Wurst ist gleich.
Die Zahl der Umsteiger wächst: Nicht nur verzeichnete die Wurstindustrie stagnierende, teils auch rückläufige Absatzzahlen in den letzten Jahren. Es stieg auch die Zahl der Menschen, die sich – aus unterschiedlichsten Gründen – vegetarischen oder veganen Ernährungsweisen annähern.
„Veggie ausprobieren“ ist gut und niemand sollte sich da von Dogmatikern drängen lassen. Und so finden Veggie-Interessierte heute auch ein wachsendes Sortiment von Wurst, die keine ist, aber so aussieht, als wäre sie welche. (Übrigens: Wenn Sie das fragwürdig finden, dann diskutieren Sie doch jetzt mit: Vegane Wurst: Muss das sein?)
Wir haben uns daher die Frage gestellt: Gibt es eigentlich verschiedene Veggie-Wurst-Typen – und wie sähen die wohl aus?
Die Nostalgiker: „Es soll aussehen und schmecken wie Wurst“
Die Nostalgiker wollen täuschend echtes Wurstimitat, zum Beispiel, weil sie Gewohnheitstiere sind und es ihnen einfach so schmeckt. Wie die Industrie das dann hinkriegt, ist ihnen eher egal. Für die Nostalgiker gibt es Wurstersatz zum Beispiel mit Ei drin.
Pro:
Schon mit dieser Art von Wurstersatzprodukt isst man fleischloser. Die meisten Produkte mit Ei sind zudem kaum von normaler Wurst zu unterscheiden. Das macht den Umstieg leicht.
Contra:
Wer die besonders Ei-haltigen Produkte gleich pfundweise verschlingt, lebt auch nicht gesünder (oder veganer) als mit Fleisch-Wurst, etwa wegen des Cholesterins. Nicht immer kommen die Zutaten aus Bio-Produktion. Also lieber prüfen: Garantiert der Hersteller Eier aus Bio-Haltung. Oder schweigt er?
Beispiel:
„Rügenwalder Mühle vegetarischer Schinken Spicker“, ca. 1,30/80g. Dieser vegetarische „Mortadella“ kommt ohne Einlage, mit Schnittlauch oder mit Paprika und ahmt übliche Thekenwurst-Sorten nach. Geschmack: Fast nicht von Wurst zu unterscheiden. Gut: Sie macht den Umstieg leicht und wird vom Vegetarierbund Deutschland unterstützt. Schlecht: Der Anteil von Ei liegt teils bei um die 70 Prozent. Rügenwalder bekennt, dass die Eier nur aus Freilandhaltung kommen. Für manchen Geschmack sind zu viele Zusatzstoffe enthalten. Ein Bio-Siegel fehlt.
Fazit: So richtig empfehlen würden wir das nicht (siehe auch: Rügenwalder vegetarisch). Doch für hartnäckige „Das kann nicht schmecken“-Veggie-Skeptiker ist es vielleicht ein Angebot, das den Umstieg erleichtert.
Die Pragmatiker: „Tierisches Eiweiß nur in Maßen“
Die Pragmatiker wollen vegetarische Wurst, aber es ist ihnen nicht egal, wie die zustande kommt. Sie darf tierisches Eiweiß enthalten, aber bitte nur in Maßen. Die Produkte, die diesen Wunsch bedienen, kombinieren häufig Fette wie Rapsöl mit verschiedenen rein pflanzlichen Eiweißsorten (etwa aus Weizen) und enthalten nur Anteile von Hühner- und Milcheiweiß.
Pro:
Noch ziemlich wurstähnlich. Der Mix aus verschiedenen pflanzlichen Eiweißen (neben Weizen oft aus Erbsen, Soja, Reis) stellt eine (gesundheitlich) sinnvolle Ernährung sicher. Die Verfügbarkeit ist hoch, man findet sie inzwischen in Bio-Märkten, Reformhäusern, teils schon in Supermärkten.
Contra:
Dieser vegetarische Wurstersatz hat häufig einen höheren Fettanteil, etwa Rapsöl, Sonnenblumenöl, auch das umstrittene Palmfett. Nicht immer sind diese Produkte Bio (wichtig also, darauf zu achten!), auch ist der hohe Weizenanteil für einige Allergiker ein Problem.
Beispiel:
„Heirler ‚wie‘“, ca. 2,89/100g. Diese Wurstersatzreihe macht den Verbraucherwunsch zum Namen. Die Produkte heißen „wie Salami“ oder „wie Bierschinken“ und sehen auch aus „wie“ Wurst. Geschmack: „wie Mortadella“ und „wie Lyoner mit Gemüse“ kommen relativ nah an die Originale heran, „wie Salami“ hingegen überzeugt nicht. Gut: Die Heirler-„wie“-Produkte haben alle das Bio-Siegel. Relativ kurze Haltbarkeit wecken Vertrauen darin, dass es sich noch um echte Nahrung handelt, obwohl sie stark verarbeitet ist. Schlecht: Nicht wirklich schlecht, aber für manche ungeeignet sind potentiellen Allergene wie Weizen oder Sellerie, die man in den meisten Arten von Wurstersatz findet.
Fazit: Die überwiegend pflanzlichen Zutaten machen diese Produkte eigentlich ganz empfehlenswert. Sie sind ziemlich wurstähnlich und machen daher auch langjährigen Wurstliebhabern den Umstieg leicht. Vegan sind sie aber nicht. Wichtig: Allergiker sollten die Zusatzstoffe checken, potentielle Allergene sind darin hervorgehoben.
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Die Allergiker: „Veggie-Wurst bitte ohne Weizen und Gluten!“
Die Allergiker würden gerne möglichst tierfrei und doch eiweißreich essen, doch das in vielen vegetarischen Produkten enthaltene Weizeneiweiß und/oder -stärke ist für sie ein Problem. Für sie gibt es Produkte ohne Weizen.
Pro:
Geeignete Produkte erkennt man am Hinweis „glutenfrei“, man findet sie teils auch in Supermärkten. Meist werden auch hier diverse pflanzliche Eiweiße vermengt, nur eben kein Weizeneiweiß. Bei einigen „Würstchen“ findet man zum Beispiel Hanfeiweiß.
Contra:
So richtig nach Wurst schmeckt das selten, das ist aber auch Geschmackssache. Viele dieser Wurstersatzprodukte enthalten viel Fett. Zum tierischen Hühnerweiß kommt hier oft noch Milcheiweiß. Auf Bio muss man selbst achten.
Beispiel:
„Aldi Süd vegetarisch lecker“, ca. 1,40 Euro/100g. Diesen Wurstersatz gibt es zum Beispiel als „Veggie Aufschnitt Klassik“ (erinnert an Lyoner/Mortadella) oder „Veggie Aufschnitt Paprika“ (ähnlich Paprikalyoner). Das richtet sich jetzt mnicht ausdrücklich an Allergiker, aber es ist eben glutenfrei. Geschmack: In Ordnung, aber nicht besonders wurstähnlich. Eher leicht übersalzen und pur auch ein wenig gummiartig. Geht schon. Gut: Das Produkt ist vergleichsweise preiswert. Es bietet auch Discounter-Kunden einen vegetarischen Wurstersatz, noch dazu glutenfrei. Schlecht: Die Liste der Zutaten ist schon ziemlich lang, es handelt sich um ein sehr stark verarbeitetes Nahrungsmittel. Es verwendet Palmfett. Ein Bio-Siegel fehlt.
Fazit: Passabler und preiswerter Wurstersatz, der Umsteigern hilft, weniger Fleisch zu essen. Vorsicht allerdings vor zu viel Fett, das wohl vorrangig den Geschmack verstärken soll.
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Die Ethiker: „Wurst ja, aber absolut tierfrei muss sie sein!“
Die Ethiker wollen einfach gar nichts vom Tier in der Wurst haben, peng aus. Hier kommt Wurstersatz in Frage, in dem Sojabohnen oder Weizen indirekt – als Tofu oder Seitan – verarbeitet wurde.
Pro:
Absolut tierfrei, damit sowohl ethisch als auch nachhaltig vorbildlich. Damit automatisch auch eifrei und laktosefrei. Meist ist hier auch weniger Öl und Fett verarbeitet, das mag aber bei einzelnen Produkten anders sein.
Contra:
Bei Weizeneiweiß (Seitan) gibt es Probleme für Gluten-Allergiker. Bei Produkten mit Soja (oder indirekt Tofu, Tempeh) tauchen immer wieder mal Bedenken wegen der nicht immer nachhaltigen Soja-Produktion sowie enthaltener hormonähnlicher Stoffe auf. Von letzterem sollte man sich nicht kirre machen lassen: Nichts spricht gegen maßvollen Konsum im Rahmen einer ansonsten sinnvollen, vielfältigen Ernährung.
Beispiel 1:
„Wheaty Veganslices“, ca. 2,40 Euro/100g. Diesen Wurstersatz gibt es in Vegan-Shops, in Reformhäusern und Bioläden in Geschmacksrichtungen wie Paprika-Lyoner, Salami, Chorizo. Geschmack: Erinnert kaum noch an Wurst, wirkt gelegentlich überwürzt. Gut: Das Produkt ist vegan, die Zahl der Inhaltsstoffe noch vertretbar. Als Öl wird Sonnenblumenöl verwendet. Der Fettanteil ist etwas niedriger als bei den Produkten oben. Schlecht: Nach Wurst schmeckt das kaum noch, es wirkt überwürzt und der Seitan ist deutlich herauszuschmecken.
Beispiel 2:
„Aldi Süd vegetarisch lecker Bio Veggie Aufschnitt“, ca. 1,85/140g: Bei Aldi Süd fanden wir an der Veggie-Theke ein veganes Produkt, das allerdings nicht als solches gekennzeichnet war. Es basiert auf Tofu und Weizeneiweiß. Geschmack: Erinnert kaum an Wurst. Gut: Der Aufschnitt ist vegan und trägt das Bio-Siegel. Schlecht: Schon die oben genannte abgepackte Veggie-Wurst fiel durch unangenehm viel Plastikverpackung auf, doch hier wurden dann zwei mal 70 Gramm Wurstimitat getrennt in Plastik eingeschweißt und in einen Karton gesteckt – Unsinn.
Fazit: Ethisch und nachhaltig ist das im Prinzip empfehlenswert, geschmacklich spaltete es die utopia.de-Redaktion: Einige mochten das am liebsten, andere gar nicht. Am besten individuell ausprobieren.
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Die Radikalen: „Nö. Es soll gar nicht wie Wurst aussehen“
Den Radikalen ist die Wurst wurst, sie streichen sich auf was Gelbes oder Grünes aufs Brot. Lesen Sie dazu auch unseren Debatten-Beitrag Vegane Wurst: Muss das sein?, in dem wir die Frage diskutieren, ob vegetarische oder vegane Wurst eigentlich wie Wurst aussehen muss. Wem die Optik des Brotbelags egal ist, weil letzlich ja der Geschmack zählt, für den haben wir auch noch drei Anregungen:
- Veggie-Schmalz: Gibt es von verschiedenen Anbietern im Glas, ist meist rein pflanzlich und ein extrem leckerer und auch für Umsteiger geeigneter Brotaufstrich mit Äpfeln und Zwiebeln. Bio-Beispiel: Freiburger Schmalz-Töpfle, ca. 2,70 Euro/150g.
- Lupinen-Aufstrich: Lupinen sind Eiweißgeber auf Bohnenbasis, bringen aber nach derzeitigem Wissensstand nicht die möglichen Umwelt-Probleme von Soja und Weizen mit sich. Beispiel: „Alberts Lustreich“ mit Lupinen aus heimischem Anbau, ca. 3,60 Euro/170g.
- Hummus: Wird aus Kichererbsen und Öl gemacht und ist ein Brotaufstrich, der lecker ist, satt macht und schon immer vegetarisch war. Beispiel: bio-verde Hummus-Tahini, Bio, ca. 2,40 Euro.
Und natürlich gibt es Tausende anderer leckerer Brotaufstriche, die vegetarisch oder vegan sind. Was legt oder streicht ihr euch aufs Brot?
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