Die Zuckersteuer soll im Kampf gegen Diabetes und Übergewicht helfen. In Deutschland gibt es sie (nocht) nicht. Wir zeigen dir, welche Erfahrungen andere Länder mit einer Zuckersteuer gemacht haben.
Was eine Zuckersteuer bewirken soll
Eine Zuckersteuer ist eine staatliche Abgabe auf Zucker. Solche Steuern, wie beispielsweise auch bei der Tabak- oder Mineralölsteuer bewirken, dass die Preise für diese Waren steigen. Das ist ein beabsichtigter Effekt. Steuern haben eine Signalwirkung auf Verbraucher und können so ihr Kaufverhalten beeinflussen.
Im Falle der Zuckersteuer sind die betroffenen Produkte meist Limonaden oder Brause mit viel Zucker. Diese stehen schon länger wegen ihrem Zuckergehalt in der Kritik. Ökotest stellte fest, dass auch viele Trend-Limonaden nur Zuckerwasser und demnach nicht gesünder als die bekannten Softdrinks großer Marken sind.
Die Wirkung einer Zuckersteuer bei solchen Getränke wäre, dass die ihr Preis ansteigt. Entsprechend günstiger fallen alternative Getränke ohne zusätzlichen Zucker aus. Demnach würden mehr Menschen zu den gesunden Getränken mit weniger Zucker greifen.
Die Zuckersteuer soll das Zuckerproblem lösen
Zucker scheint eine süchtig machende Wirkung zu haben und ohne es zu merken, isst oder trinkst du zu viel davon. Das macht sich mit der Zeit auf der Waage bemerkbar und kann weitere Erkrankungen begünstigen.
Netdoktor erklärt, wieso: Hohe Blutzuckerwerte veranlassen den Körper, die Energiespeicher in den Fettzellen immer weiter zu füllen. Dadurch kommt er nicht dazu, die Energie wieder zu verbrauchen. Das begünstigt die krankhafte Fettleibigkeit (Adipositas). Um Zucker als Energie zu speichern, brauchen die Zellen das körpereigene Hormon Insulin. Problematisch bei hohen Blutzuckerwerten ist, dass sich die Zellen an die hohen Insulindosierung gewöhnen. Sie reagieren mit der Zeit nicht mehr so schnell. Das kann zu gesundheitlichen Problemen führen:
- Diabetes
- Leberschäden
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch verstopfte Arterien
- Zahnschäden
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) sieht in Zuckersteuern ein wirksames Mittel, um weltweit gegen den Vormarsch von krankhaften Übergewicht (Adipositas) und ihren Folgeerkrankungen vorzugehen:
- Sie berichtet, dass sich in dem Zeitraum von 1980 bis 2014 die Anzahl der krankhaft übergewichtigen Erwachsenen verdoppelt hat. Das sind eine halbe Milliarde Erwachsene.
- Diabetes-Erkrankungen nehmen immer mehr zu. 2014 waren 422 Millionen erkrankt, 1980 waren es noch 108 Millionen Menschen.
- Noch alarmierender sehen die Zahlen für Kinder aus: 42 Millionen Kinder unter fünf Jahren waren 2015 schon übergewichtig.
Vor allem die zuckerhaltigen Softdrinks sind maßgeblich an dieser Entwicklung beteiligt. Die WHO empfiehlt daher Regierungen eine Zuckersteuer auf Softdrinks einzuführen. Damit die gewünschte „abschreckende“ Wirkung eintritt, müsste der Preis um zwanzig Prozent steigen. Das soll gezielt auch Kinder und Jugendliche von den zuckrigen Limonaden abhalten.
Zuckersteuer: So sieht es in anderen Ländern aus
Andere Länder haben es schon vorgemacht, womit sich die deutsche Regierung noch schwertut. Eine Dokumentation für den deutschen Bundestag aus dem Jahr 2018 blickte über die Grenzen und zeigt, wie eine Zuckersteuer dort wirkt.
Vereinigtes Königreich:
Im April 2018 führte das Vereinigte Königreich eine Steuer auf zuckerhaltige Getränke ein. Die Steuer steigt stufenweise je nach Zuckergehalt im Getränk. Ausnahmen gibt es für Fruchtsäfte und Milchgetränke sowie für kleine regionale Hersteller. Die Steuergelder nutzen Schulen, um unter anderem den Schulsport zu fördern. Die Steuer kündigte die britische Regierung schon zwei Jahre vorher an. Durch die Vorwarnung sollten die Produzenten von Erfrischungsgetränken Zeit erhalten, ihre Rezepturen zu überarbeiten und so Steuern zu sparen. Einige Marken reagierten entsprechend. Globale Unternehmen wie Coca Cola, Pepsi oder Red Bull dagegen änderten nichts.
Mexiko:
Die dortige Zuckersteuer gibt es seit 2014 gilt für alle zuckerhaltigen Getränke. Schon im Folgejahr war die beabsichtigte Steuerung auf ungesüßte Getränke sichtbar. Die Einkäufe für die zuckrigen Getränke sanken um 9,7 Prozent, dagegen stiegen die für Getränke ohne Zuckersteuer um 2,1 Prozent. Die Erfahrungen in Mexiko zeigen, dass eine Zuckersteuer schnell den gewünschten Erfolg bringen kann.
Norwegen:
Das Land hat länger Erfahrung mit einer Steuer für gesüßte Getränke. Sie gilt sowohl für Zucker als auch für künstliche Süßstoffe. 2018 erhöhte die Regierung die Steuer drastisch, nämlich bis zu 83 Prozent. Als Folge sanken die Absatzzahlen von Getränkeherstellern weiter.
Frankreich:
Seit 2012 gibt es eine sogenannte Sodasteuer. Darunter fallen Getränke, denen Zucker oder künstliche Süßungsmittel zugesetzt sind. Die Rezepturen wurden aber kaum angepasst, sondern stattdessen erhöhten sich die Preise der Getränke. Daher soll die Steuer so angepasst werden, dass ihre Höhe je nach Zuckergehalt variiert.
USA:
In den USA haben einige Städte eine Zuckersteuer eingeführt. Vorreiter war die kalifornische Universitätsstadt Berkeley. Sie besteuert seit 2014 zuckerhaltige Getränke. Forscher stellten Änderungen bei den Einkäufen fest, so stieg beispielsweise der Konsum von Trinkwasser. Sie führen ihre Beobachtungen auf die Zuckersteuer zurück.
Zuckersteuer in Deutschland: Die Diskussion geht weiter
Bislang sieht die Bundesregierung keine Notwendigkeit, eine Zuckersteuer einzuführen. Statt dessen setzt sie darauf, dass Hersteller freiwillig den Zuckergehalt senken.
Das Ernährungsministerium berichtet von der Reduktionsstrategie. Unternehmen haben zugestimmt, den Zuckergehalt in Getränken um fünfzehn Prozent zu senken. Für Kindertees soll es jedoch ein Verbot von zusätzlichen Süssungsmitteln geben.
In einem Interview mit der Apotheken-Umschau erklärt Gesundheitsminister Jens Spahn, dass aus seiner Sicht eine Zuckersteuer Menschen nicht zu einem gesünderen Lebensstil führt.
Für die Haltung der Regierung hat die Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund Susanne Johna wenig Verständnis. Laut Ärzteblatt forderte sie von der Bundesregierung endlich eine wirksame Strategie gegen den extremen Zuckerkonsum. Aus ihrer Sicht sollte die Preise für zuckerhaltige Getränke deutlich ansteigen. Als untere Grenze nennt sie fünf Gramm Zucker pro hundert Milliliter.
Auch die Ärztezeitung nimmt eine kritische Haltung zu der Stellung der Regierung ein. Sie zitieren mehrere Experten:
- Ein Vertreter des Krankenkassenverbandes AOK verweist darauf, dass höhere Preise sehr wohl einen Einfluss darauf haben, welches Produkt der Kunde kauft.
- Die Verbraucherexpertin der FDP erinnert daran, dass die Tabaksteuer allein, nur wenige dazu bewegt hat mit Rauchen aufzuhören. Erst abschreckende Bilder auf den Packungen und ein Rauchverbot hätten Erfolg gebracht.
Weiterlesen auf Utopia.de:
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