Unsere Haushaltsgeräte werden immer sparsamer; erkennen können wir das zum Beispiel am Energieeffizienz-Label. Oder ist das nur ein Märchen der Hersteller?
Vergangene Woche hat das Europäische Parlament eine überarbeitete Energiekennzeichnungsverordnung auf den Weg gebracht. Sie soll eigentlich die Rolle des Verbrauchers stärken: Anhand des Energielabels soll der Konsument erkennen können, welche Haushaltsgeräte besonders energiesparend sind und welche verschwenderisch mit Energie umgehen.
Eine verlässliche Angabe der Energieeffizienzklasse könnte helfen, nachhaltige Kaufentscheidungen zu treffen. Doch nun hat eine Gruppe von Verbraucherschützern und NGOs über 18 Monate hinweg die Teststandards untersucht, mit denen typische Haushaltsgeräte betrachtet werden.
Das Ergebnis: Dem Energielabel können wir nicht vertrauen.
Stromverbrauch bei Haushaltsgeräten: wenn Etiketten schwindeln
Dabei geht es allerdings weniger darum, dass die Hersteller schummeln (was allerdings ebenfalls vorkommen mag). Stattdessen prüfen die betagten und weltfremden Normen der Tester bei Geschirrspülern, Kühlschränken und Fernsehgeräten gerne mal an der Realität vorbei.
Konkret nennen die Forscher des European Environmental Bureau (EBB) vier Problembereiche:
- Unrealistisch: Es gibt bei Haushaltsgeräten offenbar deutliche Unterschiede zwischen dem Energieverbrauch in Testszenarien und dem Energieverbrauch in praxisnahen Alltags-Situationen.
- Veraltet: Die Prüfnormen hinken der technologischen Entwicklung hinterher und liefern Herstellern nicht genug Anreize, im Bereich der Energieeffizienz innovativer und nachhaltiger zu arbeiten.
- Manipulierbar: Unklar und vage definierte sowie teils unterschiedlich auslegbare Kriterien verhindern die eindeutige Reproduzierbarkeit von Tests und untergraben dadurch die Prüfstandards und ihren Sinn.
- Verwirrend: Vage, verwirrende bis völlig fehlende Verbraucherinformationen erschweren dem Konsumenten sinnvolle Kaufentscheidungen. So bieten moderne Geräte komplexe Betriebsmodi mit unterschiedlichem Stromverbrauch, was dem Konsumenten meist verschwiegen wird.
Hilft wirklich: Strom sparen – 15 Tipps
Entsprechend lautet der Titel der Studie „Closing the reality gap“ (PDF-Download hier) – denn die Forscher rufen dazu auf, die Lücke zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim EU-Energiesparlabel zu schließen. Verfasser der Studie sind die Organisationen CLASP, ECOS, EEB und Topten.eu.
Utopia meint: Es sind nicht unbedingt Hersteller, die beim Stromverbrauch schummeln – das EU-Energielabel selbst ist es, was nicht besonders vertrauenswürdig ist. Das ist nicht neu, ebenso wenig wie die Kritik an den Energieeffizienzlabels, ihren veralteten Kriterien (Fernseher werden meist „heller“ betrieben als im Energieeffizienztest), ihre verwirrenden Bezeichnungen (A++ kann in einigen Kategorien der beste Wert sein, in anderen nur der zweitbeste) oder ihre verwirrende Relativität (große A++-Fernseher können mehr Strom verbrauchen als kleine C-Klasse-Fernseher). Die Studie liefert indes Ratschläge, was Standardisierungsbehörden und Stakeholder besser machen können. Und zwar bald.
Allerdings wird man den Verdacht nicht los, dass diese EU-Kriterien gar nicht streng sein wollen. Und das erinnert doch sehr stark an den VW-Abgasskandal, in dem Autos erkennen können, wenn sie sich in einer Testumgebung befinden – und sich dann sparsamer verhalten als im Alltag, wo sie uns mehr vergiften, als sie müssten.
Die EU schießt sich hier gleich zweifach selbst in den Fuß: Angestachelt von bestimmten Interessengruppen empören die Bürger sich erstens gerne über die „Regelungswut“ der EU. Doch Regelungen würde man vielleicht noch akzeptieren oder auch medial vermitteln können, wenn sie zweitens wenigstens zu sinnvollen Veränderungen führen würden, etwa die von der EU angestrebte Reduktion der CO2-Emissionen.
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