Die Sharing Economy boomt bereits seit Jahren. Elektronische Plattformen ermöglichen nicht nur eine dramatische Vergrößerung der Anzahl von Marktteilnehmern, sondern bringen ebenso eine Vielzahl neuer Geschäftsmodelle hervor. Doch welchen Beitrag kann die Sharing Economy zum nachhaltigen Wirtschaften leisten?
Das Projekt PeerSharing hat in einem dreijährigen Forschungsprozess empirisch fundierte Antworten auf diese Fragen gesucht. Im Einzelnen untersuchte das Projekt die Umweltwirkungen des Teilens von Privat zu Privat (Peer-to-Peer-Sharing) sowie die Frage, warum Menschen diese Angebote (noch nicht) in Anspruch nehmen. Ferner wurden nachhaltige Entwicklungsperspektiven für die Geschäftsmodelle des Peer-to-Peer-Sharing erarbeitet. Mit den vier kooperierenden Online-Plattformen Wimdu, Kleiderkreisel, drivy und flinc wurden Geschäftsmodellanalysen, Nutzerbefragungen, ökobilanzielle Betrachtungen und Potenzialabschätzungen durchgeführt.
Wie die im Rahmen des Projekts im Jahre 2016 durchgeführte bundesweite Repräsentativbefragung zeigt, ist zwar nur jeder Zehnte in Deutschland mit Peer-to-Peer-Sharing vertraut, aber fast jeder Dritte kann sich vorstellen, Dinge übers Internet mit anderen zu teilen. Je nach Bereich fallen die Potenziale unterschiedlich aus: So praktizieren bisher nur zwei Prozent der Bevölkerung über Internetplattformen vermitteltes privates Autoteilen und rund zehn Prozent können sich das zukünftig vorstellen. Beim Apartment-Sharing liegen diese Werte bei sechs beziehungsweise 15 Prozent und beim Kleider-Sharing bei 20 beziehungsweise 26 Prozent. Zielgruppen des Peer-to-Peer-Sharing sind vor allem junge Menschen bis etwa Mitte dreißig mit einem höheren Bildungsabschluss.
Ist Peer-to-Peer-Sharing nachhaltig?
Ist es denn aus Umweltsicht überhaupt sinnvoll, dass sich die digitale Kultur des Teilens weiter verbreitet? Die im Projekt erstellte Ökobilanz belegt, dass Peer-to-Peer-Sharing zwar generell einen positiven Umwelteffekt haben kann, dieser allerdings gering ist. Die Umweltpotenziale werden beispielsweise dann nicht ausgeschöpft, wenn Sharing den Konsum insgesamt erhöht oder ihn hin zu nachteiligem Konsum wie etwa Flugreisen verschiebt. Sharing-Angebote müssen also auf einen „substitutiven“ Konsumstil ausgerichtet werden – etwa indem durch Second-Hand Plattformen insgesamt weniger Kleidung neu gekauft wird, durch Plattformen für privates Autoteilen eigene Autos abgeschafft oder weniger neue angeschafft werden. Erst dann kann Peer-to-Peer-Sharing einen spürbaren Beitrag zum nachhaltigen Konsum leisten.
Die Zukunft des Teilens
Das im Projekt entwickelte „Trendszenario“ macht deutlich, dass das Peer-to-Peer-Sharing kein vorübergehendes Phänomen ist. Der Markt entwickelt sich weiterhin äußerst dynamisch, aber auch sehr unterschiedlich in den verschiedenen Konsumfeldern. Die Herausforderung bei der Verbreitung liegt darin, den Prozess des Übergangs aus der Nische in den gesellschaftlichen Mainstream so zu gestalten, dass die ökologischen Entlastungs- und Ressourceneffizienzpotenziale, die in der intensiveren Produktnutzung liegen, möglichst umfassend genutzt werden können, ohne dass dies zulasten anderer Gemeinwohlinteressen erfolgt.
Darauf fokussiert das „Transformationsszenario“: Neben der nachhaltigen Gestaltung der Geschäftsmodelle der digitalen Plattformen und der Schaffung geeigneter politischer und rechtlicher Rahmenbedingungen kommt es darauf an, das kommerzielle Peer-to-Peer-Sharing in einen nachhaltigen Konsum einzubetten – erst dann können relevante Nachhaltigkeitspotenziale erschlossen werden.
Teilen für das Gemeinwohl gestalten
Doch wie kann die notwendige Transformation gestaltet werden? Hier kommen verschiedene Formen von Regulierung ins Spiel: Die sogenannte Selbstregulierung baut auf das Eigeninteresse der Plattformen, marktschädigendes Verhalten zu unterbinden – etwa indem eine Plattform für privates Autoteilen seinen Nutzern einen eigenen Versicherungsschutz anbietet. Selbstregulierung hat den Nachteil, dass unerwünschte Nebenwirkungen nicht immer berücksichtigt werden.
Hier können ordnungsrechtliche Maßnahmen ansetzen, wie etwa ein Verbot gastgewerblicher Kurzzeitvermietungen von kompletten Wohnungen. Hierauf hebt beispielsweise das Berliner Zweckentfremdungsgesetz ab, dessen Ziel es ist, Wohnraum in attraktiven Stadtlagen verfügbar und bezahlbar zu halten. Ordnungsrechtliche Maßnahmen können jedoch unternehmerische Freiheiten einschränken und damit Innovationen verhindern.
Ein Kompromiss aus beiden Regulierungsformen ist die sogenannte Ko-Regulierung, bei der der Staat einen Rahmen setzt und die Plattformen die geeigneten Instrumente gestalten. So könnten Plattformen für Apartment-Sharing dazu angehalten werden, dass Vermieter die in der Gegend jeweils gültige Belegungssteuer abführen. Ein Plattformbetreiber hat dies beispielsweise so geregelt, dass im Namen der Vermieter durch die Plattform Kommunalsteuern bei den Mietern erhoben und an die zuständigen Behörden weitergeleitet werden.
Fazit: Das anhaltende Wachstum der Sharing Economy ist Chance und Risiko zugleich. Die digitale Kultur des Teilens leistet nicht per se einen Beitrag zu einer nachhaltigen Entwicklung. Aber sie bietet ein beträchtliches Potenzial. Durch aktive Marktentwicklung und kluge Ausgestaltung der Rahmenbedingungen kann dieses Potenzial auch gehoben werden.
Weiterlesen auf Utopia.de:
- Alles zur Sharing Economy auf Utopia.de
- Die wichtigsten Tauschbörsen im Internet
- Kleiderspende: wo es auch wirklich ankommt
War dieser Artikel interessant?