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Container, Paketspende oder direkt abgeben? Wie du Kleidung sinnvoll spendest

Altkleider sammlung spenden
Foto: cc0 Public Domain - Unsplash/ Dan Gold, – Pixabay/ Webandi

Kleiderspenden in den Altkleidercontainer geben, dann gelangt sie sicher und gratis an Bedürftige? Ganz so funktioniert das System leider nicht. Utopia verrät, worauf man achten sollte, wenn man Kleidung spendet.

Kleidung zu spenden klingt für viele erst einmal nach einer guten Tat. In dazu nach einer unkomplizierten: Kleidung, die man nicht mehr tragen möchte, einfach in den Container geben – dann kommt sie bei Bedürftigen an. Doch ganz so funktioniert das System nicht. Oft wird Kleidung aus Altkleidercontainern zum Beispiel exportiert und weiterverkauft.

Was passiert mit Kleiderspenden?

In Deutschland besitzt jede:r im Schnitt 95 Kleidungsstücke – das geht aus einer Greenpeace-Studie von 2015 hervor – und kauft sich circa 60 neue pro Jahr. Dafür werden alte Teile aussortiert, und das in großen Mengen. Der Verein FairWertung e.V. schätzt, dass jährlich eine Million Tonnen Altkleider als Kleiderspenden in Altkleidercontainer oder Sammlungen gegeben werden. Das entspricht der Füllmenge von 62.000 LKW.  FairWertung ist ein bundesweiter Dachverband für gemeinnützige Organisationen, die gebrauchte Textilien sammeln.

Altkleider landen in Deutschland meist (zu circa 70 Prozent) in der Altkleidersammlung. Die übrige Kleidung landet entweder im Restmüll oder wird privat weitergegeben. Doch was passiert dann mit der per Altkleidersammlung gespendeten Kleidung? Thomas Ahlmann, Geschäftsführer von FairWertung, erklärt den Prozess wie folgt:

Es kommt zunächst darauf an, in welcher Altkleidersammlung Ware abgegeben wird. Denn Altkleidercontainer ist nicht gleich Altkleidercontainer.

Es gibt zum Beispiel Container von gemeinnützigen Sammlern, in diesen landen circa 250.000 Tonnen Alttextilien im Jahr, also ein Viertel der gesammelten Menge. Zu diesen Sammlern gehören zum Beispiel die Malteser oder das Deutsche Rote Kreuz. Auch Container, die mit dem Siegel von FairWertung ausgezeichnet sind, sammeln für gemeinnützige Zwecke.

„Von der 1 Million Tonnen gesammelter Kleidung brauchen wir weniger als 10 Prozent für gemeinnützige Zwecke hier vor Ort, zum Beispiel für Kleiderkammern oder Sozialkaufhäuser“, erklärt Ahlmann. Die Überschüsse – also der überwiegende Teil der Spenden – werden an gewerbliche Textilsortierbetriebe verkauft, der Erlös kommt bei gemeinnützigen Sammlern sozialen Zwecken zu Gute.

Es gibt auch gewerbliche und kommunale Sammlungen für Textilien. Auch diese Sammler verkaufen die gebrauchte Kleidung weiter, nutzen den Gewinn aber nicht für karitative Zwecke, sondern für das eigene Unternehmen oder den Abfallhaushalt der Gemeinde.

Eine Studie von FairWertung schlüsselt auf, was mit den gesammelten Alttextilien passiert:

Altkleider
Alttextilien werden auf verschiedene Weise wiederverwendet. Die Grafik von FairWertung zeigt auf, wie sich Alttextilien aus Kleidersammlungen zusammensetzen und wie mit ihnen verfahren wird. (Grafik: FairWertung)
  • Bei 81 Prozent handelt es sich um Bekleidung und Haushaltstextilien, 8 Prozent können nicht wiederverwertet werden und werden verbrannt. Schuhe (11 Prozent) werden separat sortiert, gehandelt und vermarktet. Deshalb werden sie in dieser Auswertung extra erfasst.
  • Von den 81 Prozent Textilien sind circa 55 Prozent noch tragbar. 2-3 Prozent davon sind in sehr gutem Zustand und können auf dem Secondhandmarkt in Europa weiterverkauft werden. Der Rest wird auf dem weltweiten Markt für Secondhandkleidung vertrieben. Häufig werden die Textilien dafür vor allem in osteuropäische und afrikanische Länder exportiert.
  • Die übrigen Textilien eignen sich nicht mehr zur Wiederverwendung und werden nach Möglichkeit recycelt: Circa 16 Prozent werden geschreddert und zum Beispiel für Vliesstoffe oder Isolationsmaterial genutzt. 10 Prozent werden als Putzlappen zugeschnitten und wiederverwendet.

Altkleiderexport: Deutschland ist weltweit die Nummer 2

Laut Statistischem Bundesamt hat Deutschland 2022 462.500 Tonnen Altkleider und andere gebrauchte Textilwaren exportiert. Das entspricht einer Menge von 5,5 Kilogramm pro Kopf. Laut UN Comtrade war Deutschland 2021 weltweit der zweitwichtigste Exporteur gebrauchter Bekleidung und Textilien, nur die USA exportierten noch mehr.

Wichtig: Diese Datenmenge basiert auf Zolldaten und umfasst nicht nur Altkleider von Privatleuten. Auf Nachfrage erklärt das Statistische Bundesamt, dass beispielsweise auch aus dem Import kommende Waren, die weiter exportiert werden, darin erfasst werden können. Auch unverkaufte Textilien aus der Modebranche könnten in die Statistik einfließen.

Export Altkleider deutschland
Die Grafik zeigt, dass Exporte von Altkleidern und gebrauchten Textilien aus Deutschland 2022 zurückgegangen sind. Im Vergleich zu anderen Ländern ist der Wert jedoch hoch. (Grafik: Statistisches Bundesamt, 2023)

Was passiert mit der Kleidung? Sie wird meist nach Polen (16,9 Prozent) und in die Niederlande (15,2 Prozent) exportiert. Auch Belgien (5,9 Prozent), die Vereinigten Arabischen Emirate (5,8 Prozent) und die Türkei (5,3 Prozent) sind wichtige Abnehmer. Importiert werden übrigens deutlich weniger Alttextilien, 2022 waren es nur 63.000 Tonnen.

Kleiderspenden: Wieso werden sie von gemeinnützigen Organisationen verkauft?

Wie kann es sein, dass gemeinnützige Hilfsorganisationen wie das Deutsche Rote Kreuz (DRK) den Verkauf und Export der gespendeten Kleider zulassen? Zum Beispiel, weil die Hosen und Pullover nicht nur transportiert, sondern auch sortiert werden müssen – und das kostet die Organisationen Geld. Diese Kosten können durch den Weiterverkauf gedeckt werden. Nur rund zehn Prozent der Kleiderspenden an das DRK landen in den über 800 Kleiderkammern, die die Organisation in Deutschland betreibt. Dort wird die Kleidung kostenlos oder gegen eine kleine Schutzgebühr an Bedürftige ausgegeben.

Einen guten Zweck haben die Spenden trotzdem: Durch den Verkauf der übrigen Kleidung generiert das DRK Mittel für soziale Projekte. Damit kommen sie indirekt doch Bedürftigen zugute.

Der Dachverband FairWertung listet um die 150 gemeinnützige Organisationen als Mitglieder auf, die ihre Arbeit teilweise durch Kleidersammlungen finanzieren – darunter zum Beispiel Oxfam, regionale Ableger der Caritas, Heilsarmee, AWO sowie viele lokale Hilfswerke.

Kleidung spenden via Altkleidercontainer: Gut für die Umwelt, schlecht für Afrika?

Wenn man Kleidung per Kleidercontainer spendet, werden unbrauchbare Teile vorzugsweise recycelt. Das schont Ressourcen. Denn ein recycelter Pullover ist immer noch besser als einer, der im Müll landet und verbrannt werden muss.

Doch welchen Effekt der Teil der Kleiderspenden hat, der nach Afrika, Asien und Südamerika verkauft wird, ist zumindest umstritten.

Die Organisation FairWertung betont, dass Secondhand-Kleidung für viele Menschen in afrikanischen Ländern eine Möglichkeit darstellt, „gute Kleidung zu einem bezahlbaren Preis zu bekommen“. Insbesondere Frauen und Jugendliche würden vom Handel mit gebrauchter Kleidung leben.

Doch obwohl Altkleider aus dem Westen viele Abnehmer:innen finden, können sie auch Probleme verursachen. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) berichtet davon, dass das Angebot die Nachfrage bei Weitem übersteigt, zum Beispiel auf dem größten Secondhand-Markt Ghanas. 40 Prozent aller ankommenden Altkleider seien außerdem zu alt oder zu schäbig, um wiederverwertet zu werden, argumentiert ein lokaler Aktivist gegenüber der Nachrichtenagentur. Diese Kleidungsstücke landen auf riesigen Müllhalden, besetzen dort also Platz und belasten die Umwelt.

FairWertung hat die ökologischen Auswirkungen des globalen Secondhand-Handels in Ghana in einer Studie untersucht. „Mit dem Export verlagert sich […] der Ort, an dem das Ende der Nutzungsdauer erreicht wird, ins jeweilige Importland“, heißt es darin. In Ghana werden die Kleidungsstücke in der Regel deponiert, können aber auch an Stränden oder Fließgewässern landen oder unter freiem Himmel verbrannt werden. Dies stellt eine Belastung der Umwelt dar und kann die Bevölkerung gesundheitlich schädigen. Laut Studie werden jedoch nicht zu viele Secondhand-Textilien importiert: In Europa konsumieren wir jährlich drei mal so viel Mode. Auch sollen die importierten Textilien deutlich weniger Abfall enthalten als die von dem Aktivisten genannten 40 Prozent.

Das ostafrikanische Land Ruanda hat schon vor Jahren ein Importverbot auf Secondhand-Ware verhängt. Es gibt außerdem die Befürchtung, dass die billige Secondhand-Kleidung Hauptursache des Niedergangs der lokalen Textilindustrie in afrikanischen Ländern war. Thomas Ahlmann erklärt, diese These sei inzwischen widerlegt. Er nennt verschiedene Standortnachteile wie fehlendes Kapital, veraltete Produktionsstätten oder schlechte Infrastruktur und wirtschaftspolitische Entwicklungen wie die Streichung von Subventionen als Ursache. Diese hätten sich auf den Wettbewerb mit einheimischen Produzenten ausgewirkt.

Die Frage, wie nützlich oder schädlich der Import von gespendeten Altkleidern für afrikanische Länder ist, lässt sich nicht eindeutig beantworten – das Thema ist extrem komplex. Klar ist aber: Der Markt für Alttextilien wird derzeit überschwemmt. Und das liegt daran, wie Menschen in Industriestaaten mit Kleidung umgehen.

Statt spenden: Was du mit gebrauchter Kleidung tun kannst

Gebrauchte Kleidung sinnvoll spenden: Optionen und Tipps für Kleiderspenden
Gebrauchte Kleidung zu spenden ist nur eine Option von vielen – und nicht immer die beste. (Foto: CC0 Public Domain - Unsplash/ Nick de Partee)

Thomas Ahlmann findet die Kritik am globalen Handel schwierig. Das wahre Problem sieht er im Überkonsum des globalen Nordens – und darin, dass die Menschheit keine ökologisch sinnvolle Lösung habe, wie man mit Textilien am Ende der Nutzungsdauer umgeht. In Deutschland wird Kleidung downgecycelt oder verbrannt, in anderen Ländern landet sie auf Deponien. Sie besteht überwiegend aus Polyester, ist also nicht biologisch abbaubar. Auch natürliche Fasern sind oft mit Kunststoffen vermischt und lassen sich deshalb nicht recyceln.

Was also können Verbraucher:innen tun?

Zum einen sollten wir uns bewusst sein: Kleidung zu spenden, mag ein guter Vorsatz sein. Doch wohltätige Organisationen wie das Deutsche Rote Kreuz geben an, eher zu viele als zu wenige Kleiderspenden zu erhalten.

  • Geht ein Kleidungsstück doch einmal kaputt, kann man es reparieren – und das Teil durch Visible Mending sogar noch verschönern.
  • Auch Kleidertauschparties können ein guter Anlass sein, die eigene Garderobe aufzustocken und dabei eigene Kleidung an andere weiterzugeben.

Kleidung richtig spenden

Wer Kleidung dennoch spenden will, hat verschiedene Optionen.

  • Zum einen kann man Kleidung in Altkleidercontainer geben – möglichst in solche von gemeinnützigen Organisationen. Der Inhalt wird zwar wahrscheinlich ebenfalls weiterverkauft, aber der Erlös wird reinvestiert, um die Arbeit der gemeinnützigen Organisation zu unterstützen. Auf Umwegen kommt die Spende also doch Bedürftigen zu Gute. Woran erkennt man solche Container? Sie sind zum Beispiel mit dem Zeichen von FairWertung gekennzeichnet und werden auf der Webseite des Vereins aufgeführt. (Hier geht es zur Standortsuche.)
  • Alternativ kann man auch Kleidung direkt bei karitativen Einrichtungen abgeben. Dabei wichtig: Vor einer Sachspende solltest du immer nachfragen, ob diese gerade auch benötigt wird.

Kleiderspenden sammeln zum Beispiel die Kleiderkammern – unter anderem vom Deutschen Roten Kreuz, der Caritas oder von lokalen Einrichtungen wie der Berliner Kältehilfe. Hier wird Kleidung an Sozialhilfe-Empfänger:innen, Obdachlose, Geflüchtete und andere Bedürftige weitergegeben. Die Seite wohindamit.org zeigt deutschlandweit viele Kleiderkammern auf einer Karte.

Auch andere soziale Einrichtungen benötigen regelmäßig Kleiderspenden, um Bedürftigen in akuten Notsituationen mit warmer Kleidung und Schuhen zu helfen. Frag dazu bei der Stadtverwaltung oder anderen Einrichtungen nach, zum Beispiel bei der zuständigen Arbeiterwohlfahrt (AWO), bei Kirchenverbänden, Bahnhofsmissionen oder Notunterkünften in deinem Viertel oder deiner Umgebung.

Besonders leicht funktioniert die kostenlose Paketspende bei der deutschen Kleiderstiftung.

Auch Sozialkaufhäuser und Oxfam-Läden sind eine gute Anlaufstelle für Kleiderspenden.

Dabei gilt es zu beachten: Auch wenn man die Kleidung direkt bei der karitativen Einrichtung abgibt, können die Spenden trotzdem an gewerbliche Verwertungsunternehmen weiterverkauft werden – Spendenüberschüsse sind wie gesagt keine Seltenheit.

Und kaputte Kleidung?

Altkleidersammlungen erfassen auch kaputte Kleidung, die zum Beispiel zu Putzlappen oder Dämmmaterial verarbeitet wird. Heißt das, kaputte Kleidung kann man immer getrost ebenfalls spenden? Ganz so leicht ist es nicht. Laut Thomas Ahlmann von FairWertung kann es ökologisch sinnvoller sein, völlig zerschlissene, verdreckte und kaputte Kleidung und/oder löchrige Schuhe direkt über die Hausmülltonne zu entsorgen. Diese würden in einem Sortierbetrieb als Müll entsorgt und der Verbrennung zugeführt werden. „Durch die Entsorgung in der Hausmülltonne werden somit unnötige Wege zwischen der Sammlung und dem Sortierwerk eingespart“, erklärt der Experte.

Kleidung per Kleidercontainer spenden: Vorsicht vor Betrüger:innen

Leider bedeutet selbst ein Aufkleber mit rotem Kreuz oder ein Schriftzug wie „Helfen Sie, damit wir helfen“ auf einem Kleidercontainer nicht immer, dass wirklich ein karitativer Verband dahintersteht. Die Verbraucherzentrale und der Verein FairWertung warnen vor Betrug mit Altkleidern. Unseriöse Firmen stellen Container auf oder sammeln auf andere Weise Textilien, zum Beispiel über Haustürsammlungen. Dabei erwecken sie den Anschein von wohltätiger Arbeit – bereichern sich aber nur selbst, indem sie Secondhand-Kleidung weiterverkaufen. Den Verbraucherschützer:innen zufolge arbeiten solche Anbieter oft unter falschem Namen oder verschweigen diesen und die Adresse: „In vielen Fällen können sie auch keine überzeugende Auskunft zum Verbleib der Kleidung und zur Verwendung der Gewinne geben“.

Die Verbraucherzentrale rät dazu, nur Altkleidersammler zu unterstützen, die das Siegel des Dachverband FairWertung oder das BVSE Qualitätssiegel Textilsammlung tragen.

Bei all den Problemen auf der Welt kann man schnell den Überblick verlieren. Wir möchten deshalb in dieser Woche einen besonderen Fokus auf das Thema Mode legen. Anlass ist der 10. Jahrestag des Einsturzes der Textilfabrik Rana Plaza. Wir stellen die Frage: Was hat sich seitdem in Sachen Arbeitssicherheit, Fairness und Nachhaltigkeit getan? Was muss noch passieren? Und was kann jede:r Einzelne von uns tun? Alle Artikel aus der Themenwoche findest du hier.

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