Ein Drittel aller Lebensmittel weltweit wird weggeworfen, schätzt die UN. Immer mehr Initiativen engagieren sich gegen die enorme Lebensmittelverschwendung. So auch das Real Junk Food Project, das aus aussortierten Lebensmitteln Gerichte kocht.
Eine volle Kiste Möhren, mehrere Netze Orangen, je eine Papiertüte mit Weintrauben und Ingwer, Salat und jede Menge Brot – das hat das Berliner Team des Real Junk Food Projects bei einer Abholung von einem Bio-Supermarkt eingesammelt. Statt im Müll landet dieses Essen als fertiges Gericht auf dem Teller.
Real Junk Food Project: gefüllte Mägen, statt Mülleimer
„Feed bellies, not bins“ – Fülle Mägen, keine Mülleimer, ist das Motto von Real Junk Food Project. Die Idee kommt aus Großbritannien: 2013 eröffnete Adam Smith das erste „Pay as you Feel“-Café. Dort gibt es Gerichte aus Lebensmitteln, die für die Tonne bestimmt waren. Gezahlt wird, „wonach dir ist“ – also auf Spendenbasis. Mittlerweile gibt es unzählige solcher Cafés in Großbritannien, Frankreich und Australien.
Im Sommer 2015 startete dann das Real Junk Food Project Berlin. Aus den abgeholten Lebensmitteln kocht das Freiwilligenteam um Gründer Tobias Goecke zweimal die Woche im Projektraum „Baumhaus“ in Berlin-Wedding.
Warum werden die Lebensmittel im Supermarkt überhaupt aussortiert? „Die Konsumenten erwarten täglich eine extreme Frische zum Beispiel beim Brot“, meint Goecke. So würde mehr bestellt als verkauft werden kann.
„Wenn Obst und Gemüse eine kleine braune Stelle haben und nicht mehr so frisch aussehen, können die Märkte es nicht mehr verkaufen und es wird aussortiert.“ Dabei seien Möhren, Tomaten und Salat nur optisch mangelhaft – mit seinen Gerichten will das Real Junk Food Project Berlin zeigen, dass diese Lebensmittel nicht in die Tonne, sondern auf den Teller gehören.
„Unglaublich, wie viel weggeworfen wird“
Aussortierte Lebensmittel einsammeln und sie somit vor dem Müll bewahren – das machen auch andere Initiativen wie die Tafeln oder Foodsharing. Goecke werde immer wieder gefragt, ob nicht eine Konkurrenz zwischen den Projekten bestehe.
„Die Lebensmittelverschwendung ist ein solch massives Problem, da gibt es keine Knappheit. Es wird wirklich so viel weggeworfen, das ist unglaublich“, sagt er. Die Lebensmittel, die sie auf Grund der Menge nicht weiterverarbeiten können, spenden sie an lokale Einrichtungen für Bedürftige.
Supermärkte für abgelaufenes Essen
Sogar einen eigenen Supermarkt kann man mit der Menge der aussortierten Lebensmittel versorgen: Der Gründer des Real Junk Food Projects hat letztes Jahr den ersten Supermarkt für aussortierte Lebensmittel in Großbritannien eröffnet.
In Kopenhagen und Köln kann man ebenfalls in „Müll-Supermärkten“ braune Bananen, angewelkten Salat oder von der Palette gefallenes Obst kaufen. Die Lebensmittel kosten je nach Projekt entweder die Hälfte oder wie in Großbritannien kann man Obst, Gemüse und Brot auf Spendenbasis mitnehmen.
Goecke und sein Team wollen mit ihrer Arbeit Verbraucher sensibilisieren: „Wenn das Mindesthaltsbarkeitsdatum abgelaufen ist, heißt es nicht, dass das Produkt dann automatisch schlecht ist. Es könnte sogar noch nach dem Datum weiterverkauft werden. Wir appellieren an den gesunden Menschenverstand, alle Sinne zu verwenden, um ein Produkt zu prüfen.“
20 Kilo Bio-Blaubeeren für die Tonne
Neben den Buffets bieten das Junk Food Project Berlin auch Workshops an, zu Themen wie „Fermentieren“ und „länger haltbar machen“. Im Sommer wollen sie ihre aus gesammelten Lebensmitteln gekochten Gerichte in einem Foodtruck anbieten. Außerdem will sich die Initiative zunehmend an Kinder, Jugendliche und Kochschulen wenden, „damit das Thema in die nächste Generation getragen wird“.
Was motiviert Goecke und sein Team aus Freiwilligen? „In die Produktion von Lebensmitteln fließt so viel Arbeit, Energie und Ressourcen. Das kann durch das Wegwerfen doch nicht einfach verschwendet werden.“
Vor ein paar Monaten hätten sie 20 Kilo Bio-Blaubeeren aus Chile von einem Supermarkt abgeholt. „Da waren ein paar Beeren etwas matschig, sonst waren die völlig in Ordnung. Die werden über die halbe Welt transportiert, um dann weggeschmissen zu werden.“
Gekocht wird regelmäßig Dienstag (ab 11 Uhr/Essen ab 13.30 Uhr) und Donnerstag (ab 16 Uhr/Essen ab 19.30 Uhr) im Baumhaus (Gerichtstr. 23, 13347 Berlin).
Weiterlesen auf Utopia.de:
- The Good Food: Deutschlands erster „Reste“-Supermarkt
- Wohnen der Zukunft: für 100 Euro im Tiny House
- Barfußsandalen und Barfußschuhe für Frühling und Sommer
War dieser Artikel interessant?