Für den Schweizer Politiker Ivo Kuster war es selbstverständlich: Er hat seiner Mieterin die Miete erlassen, so lange sie ihr Kosmetikstudio wegen des Coronavirus nicht öffnen kann. Das Netz feiert ihn dafür.
In der Schweiz mussten zum Anfang der Woche viele Geschäfte schließen, um der Ausbreitung des Coronavirus vorzubeugen. Das ist für die Inhaber*innen ein Problem: Sie machen keine Einnahmen, müssen aber weiter Miete zahlen.
„Nach all den Jahren des Nehmens, wär jetzt Geben angesagt“
Zumindest bei dem zweiten Problem konnte der Schweizer Lokalpolitiker Ivo Kuster seiner Mieterin unter die Arme greifen: Für das Kosmetikstudio, das er in der Gemeinde Eschenbach bei St. Gallen vermietet, verlangt er erst einmal keine Mieteinnahmen mehr – zumindest „ bis [die Mieterin] die Arbeit in ihrem Kosmetikstudio wieder aufnehmen darf.“ Das gab er in einem Facebook-Post bekannt. Das Geschäft muss gemäß dem Epidemiegesetz der Schweiz voraussichtlich bis zum 19. April geschlossen bleiben.
In dem Text ermahnte das Mitglied der Sozialdemokratischen Partei der Schweiz (SP) Immobilientreibende: „Ihr habt in den letzten Jahren euren A**** vergoldet und die grünen Wiesen (Ernährungsflächen) zugebaut. Nach all den Jahren des Nehmens, wär jetzt Geben angesagt! Ihr könntet, wenn ihr wollt. Es sei denn, eure Gier ist unersättlich!“
Mieterlass wegen Corona: Das Netz feiert Kuster für seinen Entschluss
Kusters Post erschien am 17. März und wurde seitdem (Stand: 20. März) über 61.500 mal geliked und mehr als 12.700 mal kommentiert. Die Kommentierenden lobten sein Engagement als „toll und vorbildlich“. Eine Userin schrieb: „Dem Beispiel sollten viele folgen.“ Eine andere wies auf die Vorteile für Vermieter*innen hin: „Lieber 2-3 Monate weniger oder nichts kassieren, als den Mieter nach der Krise dauerhaft verlieren und einen Leerstand von viel längerer Dauer riskieren.“
Doch nicht alle Kommentare sind positiv: „Ok, dann sage ich der Bank, dass ich diesen Monat keine Tilgung leisten werde, weil mein Mieter nicht arbeitet“, kommentierte ein anderer User. „Das werden die bestimmt verstehen!“
Auch der Schweizer Hauseigentümerverband (HEV) weist darauf hin, dass Vermieter weiterhin Zinsen auf Hypotheken, sowie Kosten für Heizung, Wasser und Strom zahlen müssen. Der Verband ruft deshalb dazu auf, „individuelle Lösungen mit Augenmaß“ zu finden, wenn jemand die Miete krisenbedingt nicht mehr zahlen kann.
Kuster hat auf seiner eigenen Website inzwischen eine Formular-Vorlage für Mietpreisreduktion des Mieterinnen- und Mieterverbandes des Ostschweiz verlinkt. Er fordert die User auf, dieses runterzuladen „ – aber nur jene, die es nötig haben“.
Coronavirus in der Schweiz: Solidarität ist jetzt wichtig
In der Schweiz schränkt das Coronavirus das öffentliche Leben ein – genau wie in Deutschland. Schulen, Non-Food-Läden, Bars, Unterhaltungs- und Freizeitbetriebe müssen gemäß Epidemiengesetz über einen Monat lang geschlossen bleiben, so der SRF. Für viele Selbstständige und Unternehmen ist das eine große Herausforderung: Sie können mehrere Wochen lang keine Einnahmen machen und erzielen große Verluste.
Die rechtliche Lage in Bezug auf die Miete ist unklar – so eine Situation hat es noch nie gegeben. Für viele Menschen sind Akte der Solidarität wie der von Kuster deshalb entscheidend. Natürlich ist es nicht jedem möglich, auf Mieteinnahmen verzichten – doch wer einem Betroffenen in der Krise nach Möglichkeit entgegenkommt, der rettet im Zweifel eine Existenz.
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