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Du benutzt eine Zyklus-App? Dann weiß Facebook jetzt, wann du deine Tage hast

Zyklus-Apps geben Daten an Facebook weiter
Foto: CC0 Public Domain / Pixabay – StockSnap

Um ihren Menstruationszyklus besser zu verstehen, nutzen viele Frauen inzwischen Zyklus-Apps auf ihrem Smartphone. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese Apps sensible Gesundheitsdaten abfragen – nicht aber, dass einige dieser Daten offenbar bei Facebook landen. Ein Kommentar.

Wie regelmäßig oder stark deine Periode ist, wie dein Zyklus deine Stimmung beeinflusst, wann dein Eisprung stattfindet oder wann und wie oft du Sex hast – das sind alles Daten, die du in Zyklus-Apps sammeln kannst um so deinen Menstruationszyklus besser zu verstehen und vorherzusagen. Etwa, weil du planst, schwanger zu werden oder genau das  verhindern willst („Natürliche Familienplanung“). Das sind aber auch alles Daten, die einige beliebte Zyklus-Apps weitergeben – ausgerechnet an Facebook. Das hat eine detaillierte Untersuchung der britischen Organisation „Privacy International“ im September herausgefunden.

„Privacy International“ setzt sich für den Schutz der (digitalen) Privatsphäre vor Überwachung durch Industrie und Staaten ein. Die Organisation analysiert regelmäßig, wie Websites und Apps mit persönlichen Daten umgehen. Um herauszufinden, wie privat die privaten Infos, die Nutzerinnen in Zyklus-Apps eingeben, wirklich sind, untersuchte Privacy International eine Reihe beliebter Apps.

Wertvolle Gesundheitsdaten

An einigen der untersuchten Apps war demnach wenig auszusetzen, insbesondere zwei jedoch fielen negativ auf: Die Apps „Maya“ von Plackal Tech und „MIA“ von Mobapp Development teilten zum Zeitpunkt der Untersuchung schockierend viele und sensible Daten mittels einer Entwicklersoftware mit Facebook.

Einige weitere Apps informierten Facebook, wenn Nutzerinnen die App öffnen. Alleine aus dieser Info kann Facebook bereits eine Menge herauslesen: Du bist höchstwahrscheinliche eine Frau, höchstwahrscheinlich im gebärfähigen Alter, hast möglicherweise gerade deine Periode, vielleicht einen Kinderwunsch oder aber den Wunsch, eine Schwangerschaft zu verhindern. Nun ist Facebook ja nicht einfach nur ein soziales Netzwerk, sondern vor allem ein Unternehmen, das viel Geld mit personalisierter Werbung verdient. Und dafür sind solche Gesundheitsdaten der User sehr, sehr wertvoll.

Smartphone 5G Strahlung
Die Daten, die wir in Apps preisgeben, sind für Facebook & Co. sehr wertvoll. (Foto: CC0 Public Domain / Pixabay - Pexels)

Zwei Apps, die Privacy International untersuchte, gehen noch weiter: „Maya“ und „MIA“ teilten Daten bereits, bevor die User überhaupt die Möglichkeit hatten, der Privacy Policy zuzustimmen. „Maya“, eine App mit über 5 Millionen Downloads im Google Play Store, leitete unter anderem auch in die App eingegebene Gesundheitssymptome (etwa PMS), Stimmungen, Verhütungsmethoden, Zeitpunkte von Sex (und sogar ob man dabei verhütet) sowie eigene Notizen weiter. Einige Daten wurden zudem nicht nur mit Facebook, sondern auch mit einem „Mobile Marketing“ Unternehmen namens CleverTap geteilt.

„MIA“ teilte sensible Userdaten neben Facebook ebenfalls mit einem weiteren Analytics-Unternehmen. Die App fragte unter anderem zu Beginn ab, ob die Nutzerin versucht schwanger zu werden – und teilte diese für die Werbeplattformen interessante Information mit Facebook. Auch, wann die letzte Periode anfing, die Perioden- und Zyklusdauer, den Geburtstag der Userin, ihre aktuelle Zyklusphase, welche weiterführenden Infos sie abrief und unter Umständen auch eingegebene Daten über das Sexleben, Alkohol- oder Nikotinkonsum und sogar den Namen des Verhütungmittels wurden Facebook mitgeteilt.

Maya nahm Privacy International zufolge nach der Untersuchung einige Änderungen vor und bot ein Update für die App an, verwendet jedoch immer noch eine Schnittstelle, durch die bestimmte Daten mit Facebook geteilt werden. MIA wollte keine Antwort veröffentlichen.

Warum Gesundheits-Apps keine so gute Idee sind

Die Untersuchung von Privacy International zeigt quasi exemplarisch: Ob man Health-Apps verwenden will, sollte man sich richtig gut überlegen. Und zwar egal, ob das Apps zum Tracking des weiblichen Zyklus, von Fitness, Ernährung, Gewicht, psychischer Gesundheit oder Schlaf sind. So praktisch und hilfreiche diese Apps im Alltag sein mögen: Insbesondere, wenn sie kostenfrei sind, sammeln sie immer mehr oder weniger sensible Daten. Was mit diesen Daten passiert, wie sie genutzt werden und wer noch Zugriff darauf hat, ist oft kaum zu durchschauen.

Natürlich kann heutzutage niemand mehr verhindern, dass irgendwelche Konzerne irgendwelche Daten über die eigenen Verhaltensmuster sammeln. Das ist aber kein Grund, nun völlig fahrlässig mit persönlichen Daten umzugehen. Insbesondere Gesundheitsdaten sind extrem privat, sensibel und schützenswert.

Wärmflasche Menstruationsbeschwerden
Wollen wir wirklich, dass Facebook & Co. wissen, wann wir unsere Periode oder unseren Eisprung haben? (Foto: © michaelheim / stock.adobe.com)

Glauben wir denn wirklich, dass es eine gute Idee ist, solche sensible Daten in die Hand von gewinnorientierten Konzernen zu legen? Und die Kontrolle über diese Daten damit aus unserer Hand zu geben? Denn genau das tun wir, wenn wir Apps unsere Gesundheit tracken lassen. Wollen wir, dass uns Frauen schon während wir noch planen schwanger zu werden, nahegelegt wird, welche Windeln oder welches Milchpulver wir kaufen sollen (denn das ist natürlich das Ziel der personalisierten Werbung)? Und mal weiter gedacht: Wollen wir eine Zukunft, in der womöglich Versicherungen oder Arbeitgeber Zugriff auf Gesundheitsdaten haben und Menschen aufgrund ihrer gesundheitlichen Verfassung bevorzugen oder benachteiligen können?

Natürlich liegt die Entscheidung, ob du deine Daten für mehr Bequemlichkeit im Alltag eintauschen möchtest, einzig und allein bei dir. Und wenn du trotz allem unbedingt eine Zyklus- oder sonstige Health-App nutzen möchtest: Go for it. Wenn nicht und du deinen Menstruationszyklus besser verstehen oder deine fruchtbare Tage berechnen möchtest, lauten unsere Empfehlungen: Erstens, beobachte deinen Körper, achte darauf, was du selbst wahrnimmst und lerne dich so besser kennen und zweitens, so altmodisch es auch klingt, notier dir deine Beobachtungen irgendwo offline.

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