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Kinderfahrrad-Test: Beliebtes Woom-Rad fällt bei Stiftung Warentest durch

Kinderfahrrad-Test: Die Sieger und Verlierer bei Stiftung Warentest
CC0 Public Domain / Pexels - Pavel Danilyuk

Sommer bedeutet für viele Kinder: Ab aufs Rad und ins Schwimmbad oder die Eisdiele. Die Stiftung Warentest hat jetzt Kinderfahrräder dem Praxistest unterzogen. Dabei fiel fast die Hälfte der Fahrräder mit „mangelhaft“ durch, darunter das beliebte Woom-Rad.

Die Stiftung Warentest hat zwölf Kinderfahrräder für Kinder ab sechs oder sieben Jahren getestet. Gleich fünf Radl erhielten ein “mangelhaft”. Unter diesen ist auch das beliebte Woom-Kinderfahrrad, im Dauertest entstanden Risse an der Tretkurbel. Andere Bikes versagten im Brems-Labor. Schadstoffe ließen sich bei fast allen Rädern nachweisen und stecken in Sätteln und Griffen. Dabei geht es auch ohne – wie selbst das günstigste Kinderfahrrad im Test der 20-Zoll-Räder beweist.

Nachhaltigkeit spielt im Kinderfahrrad-Test eine untergeordnete Rolle  

Fahrradfahren ist eine nachhaltige und gesunde Art der Fortbewegung. Das kann wohl niemand bestreiten. Doch wie nachhaltig die Fahrräder selbst sind, lässt sich leider schwer beurteilen und wird bei Kinderfahrrad-Tests nur in puncto Schadstoffe berücksichtigt.

“Made in Germany” hat nur bedingt eine Aussagekraft. Denn auch wenn die Endmontage hierzulande stattfindet, stammen die verschiedenen Einzelteile oft aus den unterschiedlichsten Ländern (Rahmen aus Taiwan, Gangschaltung aus Japan etc.).

Die Produktion von Aluminium und Carbon verbraucht viel Energie und ein Fahrrad besteht aus vielen Komponenten. Am nachhaltigsten ist demnach, ein Fahrrad gebraucht zu kaufen oder ein neues Fahrrad, das lange hält.

Die Haltbarkeit prüfte Stiftung Warentest im Labor, wo Lenker, Tretkurbel und Sattel immer wieder mit einer bestimmten Kraft belastet wurden. Hier versagten von den zwölf Modellen aus dem Kinderfahrrad-Test die Räder von Winora und Woom.

Testsieger der Kinderfahrräder der Stiftung Warentest

Insgesamt konnten drei Kinderfahrräder das Testergebnis “gut” erzielen, diese sind:

Puky Skyride 20-3 Alu Light

Das Kinderfahrrad Puky Skyride hat eine vollständige StVZO-Ausstattung und als eines der wenigen Modelle im Test eine Rücktrittbremse. Dies ist laut der Stiftung Warentest vielen Eltern wichtig, obwohl mittlerweile die zwei Vorderbremsen sogar als etwas sicherer gelten, da sie im Ernstfall schneller gedrückt werden.

Im Test überzeugte der Testsieger Skyride bei allen wichtigen Punkten: Fahrverhalten, Sicherheit, Bremsen, Haltbarkeit und Schadstoffe. Lediglich das Gewicht (11,1 Kilogramm) empfanden die Tester:innen nur als “befriedigend”.

Das Kinderfahrrad Puky Skyride ist Testsieger bei Stiftung Warentest.
Das Kinderfahrrad Puky Skyride ist Testsieger bei Stiftung Warentest. (Foto: Puky)

Die Marke Puky aus Düsseldorf gibt es bereits seit 1949. Eine Besonderheit der Marke ist, dass die Produktion komplett in Deutschland stattfindet. Hierfür beschäftigt Puky auch rund 500 Menschen mit Behinderung. Gegenüber der Deutschen Welle sagte Puky, dass dies “keine wesentliche Kostenersparnis” für das Unternehmen bringe, sondern aus sozialer Verantwortung heraus geschehe. Im Handelsblatt wird dem Unternehmen allerdings durchaus das Kalkül der Kostenersparnis unterstellt: Die Produktion im deutschen Werk sei zu teuer geworden – nach Fernost wolle man nicht auslagern – da seien Werkstätten ohne Mindestlohn eine willkommene Option.

In Deutschland gilt Puky jedoch als Vorzeige-Arbeitgeber für Menschen mit Behinderung. Zum einen, da es eine Infrastruktur gibt, die zum Beispiel berücksichtigt, wenn Menschen nur drei Stunden am Tag arbeiten können. Zum anderen, weil hier nicht nur irgendwelche Seidentücher bemalt werden, sondern echte Topseller produziert werden.

In puncto CO2-Ersparnis wirbt Puky mit seinem Blockheizkraftwerk, wodurch im Jahr über 400 Tonnen Kohlendioxid eingespart werden sollen (im Vergleich zum Strommix in Deutschland).

Preis: 522,99 Euro

Kaufen: z.B. bei Lucky Bike

Decathlon City Bike 20 Zoll D4 Rock

Eine Überraschung im Kinderfahrrad-Test war, dass das günstigste Bike zu den besten gehörte. Das City Bike D4 Rock des französischen Sportartikelherstellers Decathlon ist für Schulkinder im Straßenverkehr konzipiert. Es ist StVZO-konform und mit Ständer, Schutzblechen, Gepäckträger und Kettenschutz versehen. Es gibt eine 6-Gangschaltung von Shimano und zwei V-Bremsen. Schadstoffe fand die Stiftung Warentest weder im Sattel noch in den Griffen und im Punkt “Sicherheit und Haltbarkeit” erhielt es ein “sehr gut”.

(Foto: Decathlon)

Lediglich das hohe Gewicht von 13,3 Kilogramm macht es für zarte Kinder etwas schwer, das Rad zu heben und anzufahren. Sobald es einmal fährt, hat es aber ein gutes Fahrverhalten. Die Schulkinder, die die Stiftung Warentest als Praxis-Tester:innen engagierte, kamen damit gut zurecht.

Trotz der günstigen Preise achtet Decathlon auf Nachhaltigkeit und verfolgt in vielen Bereichen wie faire Produktion, erneuerbare Energien, verminderter CO2-Ausstoß und Recycling ehrgeizige Ziele. Bis 2026 etwa sollen 100 Prozent der Decathlon-Produkte nach Ecodesign-Kriterien produziert werden und das Prinzip der Kreislaufwirtschaft erfüllen.

Preis: 269,99 Euro

Kaufen: bei Decathlon

Cube Kid 200 Street

Das Kid 200 Street von Cube im Test ist von 2018 und leider nicht mehr als Neuware im Handel. Für 2022 hat Cube das Acid 200 herausgebracht, das die kindgerechte Version eines Mountainbikes für Erwachsene ist. Es hat vorne zwei V-Bremsen und sieben Gänge und eignet sich demnach besonders für sportliche Kids.

Das Unternehmen Cube hat seinen Sitz im oberpfälzischen Waldershof, wo es mit rund 1.000 Mitarbeiter:innen zu den größten Arbeitgebern der Region gehört. Rund 50 Prozent des Energieverbrauchs werden durch die eigene Photovoltaik-Anlage abgedeckt. Zudem versucht Cube bei Verpackungen Plastik zu vermeiden und verwendet FSC-zertifizierten Karton.

Die Produktion der Cube-Fahrräder findet wie bei den ebenfalls getesteten Fahrradmarken Pegasus, Bulls und Woom in Kambodscha statt. Die dortigen Fabriken sind laut eines Presseberichts über die Zweirad-Einkaufs-Genossenschaft ZEG (Marken Pegasus und Bulls) hochmodern, TÜV-zertifiziert und entsprechen deutschen Qualitätsanforderungen.

2019 berichtete die Zeit allerdings über die schlechten Arbeitsbedingungen in den Fabriken, wobei Fahrräder von Cube explizit erwähnt wurden. Den Arbeiter:innen würden sämtliche Rechte wie bezahlte Urlaubstage verweigert, obwohl sie ihnen zustehen und die Produktion würde unter nicht-einzuhaltendem Zeitdruck ablaufen.

Preis: 555,99 Euro (Neues Modell Cube Acid 200 2023)

Kaufen: bei Lucky Bike

Die Testverlierer im Kinderfahrrad-Test

Woom 4

Das sehr angesagte Kinderfahrrad Woom 4 (479 Euro) ist das Schlusslicht im Kinderfahrrad-Test und erntete ein “mangelhaft”. Der Grund ist die mangelnde Haltbarkeit. Zusätzlich wurden Schadstoffe im Sattel entdeckt. Die Weichmacher DPHP sind zwar nicht verboten, doch rät das Bundesamt für Risikobewertung dazu, bei Kinderprodukten darauf zu verzichten, weshalb die Tester:innen hierfür ein “ausreichend” vergaben.

Schade, denn Woom 4 ist das einzige Kinderfahrrad aus dem Test, das von den Kindern als “sehr gut” eingestuft wird. Dies liegt unter anderen am extrem leichten Gewicht von nur acht Kilogramm. Auch das Fahrverhalten ist “gut”.

Woom produziert wie Cube in Kambodscha. Das Unternehmen reagierte in einem ausführlichen Interview auf die oben genannte Reportage der Zeit und zog offenbar Konsequenzen: Auf der Webseite von Woom heißt es, dass die gesamte Produktion nach Europa verlegt werden soll.

Weitere Testverlierer:

  • Winora Dash 20: Hier riss im Dauertest die Sattelklemme, weshalb es in puncto Haltbarkeit und Sicherheit versagte. Auch den Bremstest konnte das Fahrrad nicht bestehen. Schadstoffe wurden nicht gefunden. (Preis: 430 Euro)
  • S’cool Xxlite: “mangelhaft” wegen schlechter Bremsleistung, obwohl es laut Hersteller bis 80 Kilogramm belastbar ist; Schadstoffe im Sattel. (Preis: 460 Euro)
  • Raymon Tworay 2,5 Street: Fiel ebenfalls durch den Bremstest bei 60 Kilogramm Gewicht (Kind + Schulranzen und Gepäck) und hat Schadstoffe im Sattel. (Preis: 530 Euro)
  • Bulls Tokee Street 6: Patzte im Bremstest. Im Sattel wurden hohe Mengen des Phthalat-Weichmachers DPHP nachgewiesen. (Preis: 450 Euro)

Kinderfahrrad-Test: Teure Kinderfahrräder sind günstiger als sie scheinen

Ist es denn bei Kinderfahrrädern überhaupt sinnvoll, einen teuren Neukauf zu tätigen? Laut der Stiftung Warentest rechnet sich ein Kaufpreis von 500 Euro, da man das Rad gut gebraucht verkaufen oder an Geschwister weitergeben kann. Das heißt: Wenn du ein 500-Euro-Rad nach zwei Jahren für 250 Euro verkaufen kannst, hast du eigentlich nur 250 Euro bezahlt. Das Gleiche gilt, wenn du den Preis auf zwei Kinder umrechnest. Dafür hatte dein Kind dann ein besseres und nachhaltigeres Rad, als wenn du es für 199 Euro im Supermarkt kaufst.

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