Ein Glas Orangensaft zum Frühstück – für viele von uns völlig selbstverständlich. Doch eine neue Studie deckt nun massive Probleme in der Orangensaft-Produktion auf: Umwelt und Arbeiter leiden unter giftigen Pestiziden, Ausbeutung ist an der Tagesordnung.
Die Studie „Ausgepresst“ der Nichtregierungsorganisationen Christliche Initiative Romero (CIR) und Global 2000 untersuchte die gesamte Orangensaft-Lieferkette von brasilianischen Plantagen bis zum Supermarktregal. Denn: Brasilien dominiert den weltweiten Markt für Orangensaft aus Konzentrat. Und Deutschland ist größter Abnehmer für Orangensaft aus Brasilien. Das Fazit der Untersuchung ist vernichtend: verheerende Umweltauswirkungen und gravierende Menschenrechtsverstöße sind alltäglich.
Konzerne drücken die Preise
Laut Studie verkaufen nur drei Unternehmen rund die Hälfte des weltweit produzierten Orangensaftkonzentrats: Citrosuco, Cutrale und Luis Dreyfus Commodities. Durch diese enorme Marktmacht sind sie in der Lage, niedrige Preise durchzusetzen. Den Produzenten bleibt oft nichts anderes übrig, als ihre Ware billig an sie zu verkaufen – und den Preisdruck an die Arbeiter weiterzugeben, die dann von ihrer Arbeit kaum leben können.
Pestizide vergiften Umwelt und Arbeiter
„Die von wenigen internationalen Konzernen dominierte brasilianische Landwirtschaft ist extrem Pestizid-intensiv. In der Orangenproduktion werden dabei die größten Mengen Pestizide pro Hektar verbraucht“, sagt Martin Wildenberg, Umweltexperte der österreichischen Umweltschutzorganisation Global 2000. Die eingesetzten Pestizidmengen – Brasilien ist laut Studie Weltmeister im Pestizidverbrauch – schädigen zum einen die Natur: Ihr Gift belastet Böden und Gewässer und gefährdet das Leben von Bienen und anderen Tieren. Zum anderen sind sie hochgefährlich für die Gesundheit der Arbeiter. In der Studie heißt es:
„Pestizide werden häufig versprüht, während Arbeitende in den Feldern ernten. Dies führt zu allergischen Reaktionen und anderen Gesundheitsproblemen. Ein Training im Umgang mit toxischen Substanzen findet meist nicht statt, ebenso wenig wie eine Schulung in Gesundheitsfragen und Fragen der Arbeitssicherheit. […] Schutzkleidung ist entweder nicht vorhanden oder den Arbeiten unangemessen.“
Moderne Sklavenarbeit
„Für knapp 10 Euro Tageslohn müssen die ArbeiterInnen ungefähr 1,5 Tonnen Orangen täglich ernten. Der Sonne sind sie ungeschützt ausgesetzt, wenn sie die wackligen Holzleitern mit bis zu 30 kg schweren Säcken hoch und runter steigen“, fasst Sandra Dusch Silva von der Christlichen Initiative Romero die Recherche-Ergebnisse zu den Arbeitsbedingungen in Brasilien zusammen. Die Plantagenarbeiterinnen und -arbeiter würden „zu Bedingungen beschäftigt, die sich nur noch als moderne Sklavenarbeit bezeichnen lassen.“
Es sind in erster Linie Saisonarbeiter, die ohne jegliche Rechtssicherheit und mit schlechter Bezahlung die anstrengende Orangenernte verrichten. Ohne angemessene Ausrüstung und Sicherheitsmaßnahmen holen sie die reifen Früchte von den Bäumen; die Arbeitszeiten sind oft extrem lang. Für Unterkunft und Verpflegung auf den Plantagen müssen sie zudem meist hohe Abzüge von ihrem Lohn hinnehmen. Laut Studie sind Diskriminierung und „eine dezidierte Antigewerkschaftshaltung“ der Plantagenbesitzer Alltag.
Was können wir tun?
Wenn Sie Orangensaft kaufen, kaufen Sie Produkte mit Fairtrade und/oder Biosiegel. Fairtrade garantiert den Arbeitern bessere Arbeitsbedingungen, mehr Rechte und höhere Einkommen und verbietet bestimmte Pestizide. Im Bio-Anbau dürfen keine künstlichen Pestizide eingesetzt werden.
Die Initiative Make Fruit Fair setzt sich für den fairen Handel mit tropischen Früchten ein. Eine Petition an die EU-Kommissarin für den Binnenmarkt, Elżbieta Bieńkowska, fordert strengere Regeln für Handel mit tropischen Früchten in Europa, um faire Bedingungen für die Produzenten sicherzustellen.
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